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Das Buch der Schatten 2

Das Buch der Schatten 2

Titel: Das Buch der Schatten 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiernan Cate
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Freunde.
    »Aber wir können nicht anders, wir haben Angst«, sagte mein Vater. »Ich habe eine ganze Stadt gesehen, die ausgelöscht wurde. Ich habe von der abgebrannten Scheune gelesen und in Irland mit den alten Männern geredet. Wenn Hexerei so etwas mit sich bringt, wollen wir nicht, dass du irgendetwas damit zu tun hast.«
    Schweigend saßen wir ein paar Minuten da, während ich versuchte, das Gehörte zu verdauen. Ich war überwältigt von Gefühlen, doch mein Zorn hatte sich größtenteils gelegt.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen soll.« Ich atmete tief durch. »Ich bin froh, dass ihr es mir erzählt habt. Vielleicht hätte ich es, als ich jünger war, auch nicht verstanden. Aber ich finde immer noch, ihr hättet mir früher sagen sollen, dass ich adoptiert bin. Ich hätte es wissen müssen.«
    Meine Eltern nickten und meine Mutter seufzte schwer.
    »Aber ich habe das starke Gefühl, dass Wicca nichts mit dieser … Katastrophe in Irland zu tun hat. Es ist nur … ein seltsamer Zufall. Ich meine, Wicca ist ein Teil von mir. Und ich weiß, dass ich eine Hexe bin.
Aber das, was wir tun, kann unmöglich etwas von dem heraufbeschwören, was ihr mir erzählt habt.«
    Meine Mutter sah mich an, als wollte sie mich noch etwas fragen, die Antworten aber eigentlich nicht hören. Sie schwieg.
    »Wie kommt es, dass ihr dann doch noch Mary K. bekommen habt?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht«, sagte Mom leise. »Es ist einfach passiert. Und nach Mary K. bin ich nie wieder schwanger geworden. Gott wollte, dass ich zwei Töchter habe, und ihr beide habt unermessliche Freude in unser Leben gebracht. Ihr liebe euch beide so sehr, dass ich den Gedanken nicht ertrage, du könntest in Gefahr sein. Deswegen möchte ich, dass du die Finger von der Hexerei läst. Ich flehe dich an, dich davon fernzuhalten.«
    Sie fing an zu weinen und da fing ich natürlich auch an zu weinen. Es war einfach zu viel.
    »Aber das kann ich nicht!«, jammerte ich und schnäuzte mich. »Es ist ein Teil von mir. Es ist natürlich. Es ist, als hätte man braune Haare oder große Füße. Es ist … in mir.«
    »Du hast keine großen Füße«, beschwerte sich mein Vater.
    Ich konnte nicht anders, ich musste trotz der Tränen lachen.
    »Ich weiß, dass ihr mich liebt und das Beste für mich wollt«, sagte ich und wischte mir die Augen. »Und ich
liebe euch und will euch nicht verletzen oder enttäuschen. Aber es ist, als würdet ihr mich bitten, nicht mehr Morgan zu sein.« Ich blickte auf.
    »Wir wollen, dass du sicher bist!«, sagte meine Mutter und sah mir fest in die Augen. »Wir wollen, dass du glücklich bist.«
    »Ich bin glücklich«, sagte ich. »Und versuche immer, gut auf mich aufzupassen.«
    Die Musik, die über den Flur hereindrang, ging aus, und wir hörten, wie Mary K. das Badezimmer betrat, das ihr und mein Zimmer miteinander verband. Das Wasser lief, und wir hörten, wie sie sich die Zähne putzte. Dann ging die Tür wieder zu und alles war still.
    Ich sah meine Eltern an. »Danke, dass ihr es mir erzählt habt«, sagte ich. »Ich weiß, dass es schwer war, aber ich bin froh, dass ihr es getan habt. Ich musste es wissen. Und ich denke darüber nach, was ihr gesagt habt. Versprochen.«
    Mom seufzte und sie und mein Vater sahen einander an. Sie standen auf und wir umarmten uns – zum ersten Mal seit einer Woche.
    »Wir lieben dich«, sagte Mom in mein Haar.
    »Ich liebe euch auch«, sagte ich.

16
FEINDINNEN
    15. Dezember 1982
    Wir bereiten uns zum ersten Mal im Leben darauf vor, Weihnachten zu feiern. Wir besuchen die katholische Kirche in der Stadt. Die Leute sind sehr nett. Es ist witzig, dieses ganze Weihnachtszeug - es ist unserem Jul so ähnlich. Der Christblock, die Farben Rot und Grün, die Mistelzweige. Diese Dinge haben immer zu meinem Leben dazugehört. Es kommt mir seltsam vor, praktizierende Katholikin zu sein und nicht mehr das, was wir einst waren.
    Diese Stadt ist hübsch und viel grüner als New York City. Hier kann ich die Natur sehen und den Regen riechen. Es ist kein Haufen hässlicher grauer Kisten, zwischen denen unglückliche Menschen herumlaufen.
    Immer wieder erwische ich mich dabei, dass ich für dies oder jenes einen kleinen magischen Spruch sagen möchte - um die Nacktschnecken aus dem Garten zu vertreiben, für mehr Sonne, damit mein Brot aufgeht. Aber ich tue es nicht. Mein ganzes Leben ist schwarzweiß und so muss es jetzt sein. Keine magischen Sprüche, keine Magie, keine Rituale, keine Reime. Nicht hier. Nie

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