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Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Das Buch der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aaron E Lony
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vorspielten. Aber es war nicht das erste Mal, daß dieses seltsame Spiel mit ihm gespielt wurde. Ständig wurde er dabei an diese Zeit zurückerinnert. Eine Zeit, die er am liebsten aus seinem Gedächtnis verbannen wollte. Ihn schauderte jedesmal, wenn er an sein Internatleben erinnert wurde. Als wäre es erst vor wenigen Wochen gewesen, seit er das Internat das letzte Mal gesehen hatte. Nacheinander sah er sie vor sich, seine damaligen Freunde.
    Eduard Lony, dem sie den Namen Ellinoy gegeben hatten. Jean Hensen, bei ihm überkam Cloud ein leichtes Lächeln. Showy nannten sie ihn. Das Essen war ihm immer das Wichtigste gewesen. Und Arth Champ, der Chinese. Sie nannten ihn Champy. Der Name paßte auch richtig zu ihm. Ihn selbst nannten sie damals Dumpkin. Gemeinsam hatten sie sich die Unzertrennbaren genannt. Die Unzertrennbaren , bis auf Champy hatte sich ihre Bezeichnung auch bewahrheitet. Anfangs hatten sie sich regelmäßig getroffen. So, wie sie es sich gegenseitig versprochen hatten. Sogar zum Gesetz hatten sie es sich gemacht. Mit den Jahren jedoch verschwanden die grausamen Erinnerungen. Und ihre Treffen wurden weniger und weniger. Doch den Kontakt zueinander hatten sie nie verloren. Bis auf Champy. Von ihm hatten sie eines Tages nichts mehr gehört. Keiner von ihnen.
    Nur noch selten dachte Cloud an diese Zeit zurück. So lange, bis es wiederkam – dieses Gesicht. Dieses schreckliche Gesicht, in das er, kurz bevor sein Vater ihn abholte, noch geblickt hatte. Die Worte, die es damals zu ihm gesprochen hatte, waren wie in sein Gehirn eingemeißelt. – Nun gehörst du mir, Cloud Wallis. Das Buch, mein Freund. Vergiß nicht dein Versprechen, vergiß es nicht.
    Dieses verdammte Buch, mit ihm hatte alles angefangen. Nichts mehr hatte er seitdem davon gehört. Auch nicht von Rouven Blandow, der mit diesem Buch spurlos verschwunden war. Aber seine Rede, die er auf Tonband gesprochen hatte, an diese konnte er sich noch genauestens erinnern. Seltsam. Warum eigentlich?
    „Daddy?“ riß Larsen ihn aus seinen Gedanken. „Ich hab solchen Hunger, Daddy.“
    Cloud schüttelte kurz seinen Kopf. Als wollte er sich die Erinnerungen einfach abschütteln.
    „Hunger“, wiederholte er leise. „Mir knurrt auch schon der Magen.“ Er stupste Larsen mit dem Finger leicht auf die Nasenspitze, worauf der Kleine herzhaft auflachte. Gleichzeitig stiegen sie aus dem Bett, wobei Larsen es sich nicht nehmen ließ, noch einmal auf die Matratze zu hüpfen und quer darüber zu springen. Mit offenen Armen fing Cloud seinen Sohn auf, als dieser einfach auf ihn zusprang. Fest drückte er ihn an sich. Larsen war ihm schon von Anfang an ans Herz gewachsen. Eine Zeit ohne ihn konnte er sich nicht mehr vorstellen, auch wenn er mehrmals im Jahr geschäftlich im Ausland zu tun hatte. Und das meistens für längere Zeit.
    „Bleibst du nun für immer bei uns, Daddy?“ fragte Larsen auf einmal. Mit seinen großen runden Augen starrte er seinen Vater an. Cloud zwinkerte ihm zu.
    „Weißt du, mein Junge“, erwiderte er langsam. „Wenn ich ab und zu nicht bei euch bin, dann denke ich immer an euch. Verstehst du? Mit meinen Gedanken bin ich immer bei dir und bei deiner Mama.“
    „Aber ich seh dich nie“, entgegnete Larsen ein wenig traurig. „Du sollst doch da sein, nicht deine Gedanken, Daddy. Du bist doch unser Daddy.“
    Cloud atmete tief durch. „Ich hab einen Bärenhunger“, versuchte er abzulenken. Schwungvoll hob er ihn über sich empor. „Du nicht auch?“ Larsen lachte ihn an. Seine Augen strahlten, so sehr freute er sich über seinen Vater. Das Ablenkungsmanöver schien zu funktionieren. Larsen strampelte wild vor Freude mit den Beinen hin und her.
    Es war gerade zehn Uhr, als sie sich am Frühstückstisch in der geräumigen Eßküche gegenübersaßen. Diese befand sich direkt neben dem Wohnzimmer und bot ebenfalls Blick auf die hintere Grundstücksfläche. Cloud setzte sich so, daß er direkt zum Küchenfenster hinausblicken konnte.
    „Kommt Mama heute wieder?“ fragte Larsen, nachdem er sein erstes Brot gegessen hatte.
    „Freust du dich auf dein Schwesterlein?“ stellte Cloud ihm eine Gegenfrage.
    Larsen nickte mehrmals mit dem Kopf. „Ich paß schon auf sie auf“, erwiderte er. „Gehen wir Mama holen?“
    Cloud wollte etwas darauf erwidern. Das Klappern des Briefkastendeckels hielt ihn davon ab. Augenblicklich stand er auf. Larsen blickte ihm so lange hinterher, bis sein Vater mit mehreren Briefen und der Tageszeitung in

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