Das Buch der Schatten: Roman (German Edition)
näherte sich dem Baumstumpf. Mit beiden Händen stützte er sich darauf ab. „Das war nicht Pater Richmon“, flüsterte er. „Das war ER. Verdammt noch mal, ER war es, nicht der Pater. ER!“ Schweiß perlte auf Ellinoys Stirn. Angst, bloße Angst, die das Licht seiner Augen brach. „Richmon ist tot“, kam es kaum hörbar über seine Lippen. „Dieses Geschöpf, es hat ihn umgebracht. Ich spüre es. Wenn wir nicht das tun, was er will, bringt er uns ebenfalls um.“ Mit verzerrtem Gesichtsausdruck musterte er seine Freunde. Dumpkin blickte stumm auf den Boden. Nervös scharrte er mit dem Fuß auf der Erde. Dumpkin erkannte, daß er alle gegen sich hatte. Ein weiterer Versuch, sie umzustimmen, wäre zwecklos. Nach einigen Minuten schaute er wieder auf.
„Pater Richmon ist nicht tot“, sagte er. „Ebenso Sallivan. – Aber wenn ihr es unbedingt wollt, so tut es. Gebt es ihm. Noch nie habe ich ein Versprechen gebrochen. Und wir haben es versprochen.“
Ein allgemeines Aufatmen ging durch die Runde. Ellinoys Gesichtsmuskeln entspannten sich wieder. Mit dem Rücken stemmte er sich gegen den Baumstumpf. Nur schwer ließ er sich auf die Seite bewegen. Langsam kam das Erdloch unter dem Stammende hervor. Dumpkin kniete sich auf den Boden. Er wollte das Buch aus dem Versteck nehmen. Erschrocken fuhr Dumpkin zurück.
„Es ist weg“, entfuhr es ihm. „Das Buch, es ist weg!“
Ellinoy kniete sich ebenfalls auf die Erde. Vergeblich durchsuchte er die Vertiefung.
„Mein Gott“, entsetzt blickte er auf seinen Freund. Dumpkin starrte fassungslos erst auf Champy, dann auf Showy. Plötzlich schlug er mit der Faust auf den Boden.
„Rotschopf!“ zischte er wütend. „Das war dieser gottverdammte Rotschopf. Bestimmt war er uns gefolgt, dieser Drecksack dieser elendige!“ Abrupt stand er auf. Ellinoy zog sich nur mühsam an dem Baumstumpf empor.
„Wir hätten ihn gleich erledigen sollen“, giftete Dumpkin weiter. Champy legte Dumpkin seine Hand auf die Schulter. „Wir holen es uns wieder“, raunte er ihm zu. Dumpkin blickte ihm direkt in die Augen. „Das wird er uns büßen!“
„Heute abend“, stammelte Ellinoy. „Wir brauchen es heute abend. Er will es, verdammt noch mal, er will es!“
Showys Blick haftete auf Ellinoy. Ungläubig bewegte er seinen Kopf hin und her. Tränen standen in seinen Augen. „Ich will nicht sterben“, kam es schluchzend aus ihm hervor. „Ich will nicht, ich will nicht.“ Taumelnd bewegte er sich auf Ellinoy zu. „Was machen wir jetzt?“ fragte er ihn leise. „Glaubst du wirklich, daß es nicht Richmon gewesen ist?“
Ellinoy sah Showy nur an. Er wollte ihm etwas darauf erwidern, als auf einmal entferntes Glockengeläut an ihre Ohren drang. Verwundert horchten sie auf. Wild läuteten die Glocken, als wollten sie gegen irgend etwas Alarm schlagen. Ratlos blickten sie sich einander an.
„Hallo Jungs“, vernahmen sie plötzlich eine flüsternde Stimme. Gleichzeitig raschelte es im Gezweig. Betroffen blickten sie sich danach um. Augenblicklich verlagerte sich das Rascheln in die entgegengesetzte Richtung.
„Hallo Jungs“, wiederholte das Flüstern. Wieder drehten sie sich danach um, wieder wanderte das Rascheln, diesmal auf die linke Seite.
„Wer ist da?“ rief Champy mit zitternder Stimme. Das Rascheln wurde lauter. Eiskalt lief es ihnen über den Rücken. Auf einmal begann sich das Geräusch zu bewegen. Es schien um ihren Schlupfwinkel herumzulaufen. Von Sekunde zu Sekunde schneller werdend. Das Glockenläuten war längst nicht mehr zu hören. Minute um Minute verstrich. Verkrampft drückte Showy sich die Ohren zu. Ellinoy regte sich nicht von der Stelle. Starr richteten sich seine Blicke auf den Eingang. Jeden Moment rechnete er damit, daß es vor ihnen stehen würde. Plötzlich, von einer Sekunde auf die andere verstummte es. Unheimliche Stille herrschte statt dessen in ihrem Lager. Zwischenzeitlich war auch das Glockenläuten verklungen. Keiner von ihnen getraute sich zu bewegen, geschweige denn, irgend etwas zu sagen. Showy preßte sich immer noch die Ohren zu. Er war nahe daran, das Bewußtsein zu verlieren.
Geraume Zeit verging. Dumpkin war es, der die Stille unterbrach.
„Bloß weg hier!“ zischte er. Es kostete ihm große Überwindungskraft, sich von der Stelle zu rühren. Wider Erwarten geschah jedoch nichts. Vorsichtig begann sich nun auch Ellinoy zu rühren.
„Hauen wir ab!“ flüsterte nun auch er. „Verschwinden wir, bevor es
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