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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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hast?»
    «Ich kann nur sagen, dass ich es gefunden habe.»
    Bei Gott, war der Kerl stur!
    «Dann erzähl mir wenigstens, wofür du das Eisen benötigst.»
    Helgi kratzte sich am Kinn, dann an der Nase. Schließlich begann er zu erzählen.
    Odo hörte aufmerksam zu, als der junge Mann vom Auftragdes Jarls berichtete, den sein Vater gewonnen hatte. Nach dem Tod des Schmieds sollte es nun einen neuen Wettbewerb geben. Aber ausgerechnet der Mörder des Vaters, ein gewisser Gizur, hätte die besten Aussichten, den Auftrag zu gewinnen.
    «Warum sollte dieser Gizur deinen Vater ermordet haben?», warf Odo ein.
    «Er hat ihn gehasst, weil er niemals ein so guter Schmied war wie mein Vater. Gizur gönnte es Einar nicht. Der Kryppa gönnt niemandem etwas.»
    Odo wurde hellhörig. «Erzähl mir mehr von diesem Gizur. Wer weiß – vielleicht gebe ich dir dann das Eisen.»
    Helgi zögerte. Aber warum sollte er dem Priester nicht von den Schandtaten des Kryppa berichten? Er musste Gizur für das, was er ihnen angetan hatte, nicht auch noch in Schutz nehmen. Mit seinen Worten zeichnete Helgi das Bild eines verkommenen, rachsüchtigen Mannes, der seine eigene Frau allmählich vergiftete. Das hatte Rúna ihm erzählt.
    «Ich selbst habe Herkia gesehen», sagte Helgi. «Sie besteht nur noch aus Haut und Knochen. Dabei war sie vor kurzer Zeit noch eine schöne Frau.»
    «Wie sieht denn dieser Gizur aus? Ist er ein schöner Mann?»
    Helgi lachte bitter. «Er ist hässlich. Das widerlichste Wesen, das es gibt. Er ist ein Kryppa, ein Buckliger.»
    «Und seine Frau, Herkia, war sie glücklich, bevor er anfing, sie zu vergiften?»
    «Glücklich? Ich glaube schon.»
    Odo nickte vielsagend. «Weil Menschen sich unglücklich fühlen, können sie den Anblick desjenigen nicht ertragen, von dem sie glauben, er sei glücklich.»
    «Hm?»
    Odo winkte ab. «Nicht so wichtig. Diese Weisheit stammt nicht von mir. Würdest du sagen, Gizur missgönnt anderen Menschen ihr Glück, weil er   …» Odo suchte nach dem entsprechenden dänischen Wort.
    «
Ofundsjúkr

    «Ja, neidisch. Würdest du sagen, Gizur ist neidisch?»
    «O ja!»
    Odo unterdrückte ein triumphierendes Lachen. Der junge Mann hatte sich in der Tat eine Belohnung verdient. Er forderte ihn auf, ihm zu folgen, und führte ihn zu dem Schuppen, in dem die Handwerker ihre Werkzeuge und Baumaterialien lagerten. Er zählte ein Dutzend Eisenbarren ab und verstaute sie in einem Hanfsack.
    Als Helgi danach greifen wollte, sagte Odo: «Eines möchte ich zuvor noch von dir wissen. Ich habe gehört, dass heute Nacht ein Däne im Hafen Schiffbrüchige vor dem Ertrinken gerettet haben soll. Bist du das gewesen?»
    Helgi lief rot an. Er befürchtete, dass der Alte inzwischen dem Priester von dem Vorfall in der Hütte erzählt haben könnte. «Ich wollte nur helfen», sagte er entschuldigend.
    Odo machte schmale Augen. «Unter den Schiffbrüchigen müsste sich auch ein alter Mann befunden haben. Kannst du mir sagen, wo er ist?»
    Helgi verneinte vehement, und das war nicht einmal gelogen.
    «Dieses Kruzifix», sagte Odo und hielt es hoch, «gehörte doch aber dem alten Mann, oder?»
    Helgi wusste weder ein noch aus. Ein Dutzend Barren! Das war mehr als genug, um damit eine Schwertklinge zu schmieden. Doch der Munki glaubte offensichtlich, dasser den Alten bestohlen hatte. Und es stimmte ja auch, dass Helgi in dem Moment, bevor der Ast gebrochen war, kurz darüber nachgedacht hatte, dem Munki das Kreuz zu entwenden. Aber er hatte es nicht getan. Er hatte das Kreuz genommen, weil die Hütte verlassen war, als er wieder zu Bewusstsein kam. Der Munki war verschwunden und hatte das Kreuz zurückgelassen. Hätte Helgi es nicht genommen, hätte es ein anderer getan.
    Sein Blut geriet in Wallung. Er spannte seine Muskeln an. Er musste das Eisen haben! Wenn es sein musste, mit Gewalt.
    Odo erkannte Helgis Absicht und sagte rasch: «Du sollst die Barren haben. Aber dafür behalte ich das Kruzifix.»
    Helgi nickte heftig und nahm den Sack entgegen. Endlich!
    Nachdem beide einen langen Blick gewechselt hatten, folgte er dem Priester an die frische Luft. Als sie zur Kirche kamen, hatten die Handwerker inzwischen ihre Arbeit wieder aufgenommen. Vorarbeiter Ulf teilte die Männer ein und gab Anweisungen.
    Odo wollte Helgi gerade verabschieden, als mit einem Mal der Boden unter ihren Füßen erbebte.

43.
    Auf dem Weg näherte sich eine Staubwolke.
    Pferdehufe donnerten auf den Boden wie prasselnder Hagel. Eine

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