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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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leichter zu rudern sein würde. Helgi prüfte die Verarbeitung der Planken. Sie waren mit Wergund Pech abgedichtet sowie mit Eisennägeln am Kiel und dem Steven befestigt worden. Im Rumpf hatte Radegast zwei Ruderbänke und die Kielschwelle für den Mast angebracht. Ruder und der Mast lagen im Boot bereit, ebenso ein zusammengerolltes Segel.
    Helgi hätte ihn umarmen können, diesen slawischen Bootsbauer. Der Kahn schien geradezu auf den ersten Wassergang zu warten. Einzig die hölzernen Zwingen, mit denen an einigen Stellen die Verplankung zusammengehalten wurde, und die Stangen, die die Steven stützten, mussten noch entfernt werden.
    Doch wie sollten sie das Boot vom Haus zum Wasser bringen?
    Helgi überlegte angestrengt. Er konnte sich nicht vorstellen, dass ein so umsichtiger Handwerker wie Radegast diese wichtige Sache vergessen haben sollte.
    Er begann, die Wände des Anbaus abzutasten. Dabei stieß er mit dem Fuß gegen einen Holzstapel. Es waren Rundhölzer, von denen einige geräuschvoll über den Boden kullerten.
    «Stimmt etwas nicht?», rief Ansgar aus der Werkstatt.
    Da entdeckte Helgi, dass die hintere Wand weder mit Stützpfeilern versehen war, noch waren die Bretter im Boden verankert, sondern lediglich durch Zapfen an den Seitenwänden befestigt. Helgi befühlte die Halterungen. Kein Zweifel – mit einem kräftigen Stoß würde man die Wand herausbrechen können.
    Zufrieden kehrte er in die Werkstatt zurück, um den anderen von seiner Entdeckung zu berichten. «Wahrscheinlich wollte Radegast vermeiden, dass jemand von diesem Boot erfährt», schloss er.
    «Vor Vyšemer hat er es wohl kaum geheim halten können»,warf Ansgar ein, «wenn die beiden tatsächlich die letzten Bewohner waren.»
    «Dann vielleicht vor den Soldaten und den Huren.»
    Ansgar nickte nachdenklich. «Ich frage mich, warum uns Vyšemer hierhergeschickt hat. Er muss doch gewusst haben, dass es hier kein Werkzeug gibt. Ob er wollte, dass wir das Boot entdecken?»
    «Vielleicht hat er uns in eine Falle gelockt», sagte Helgi nachdenklich.
    Obwohl es äußerst gefährlich war, sich noch länger in der Stadt aufzuhalten, blieb ihnen keine andere Möglichkeit, als auf die Nacht zu warten. Wenn sie das Schiff im Hellen zu Wasser bringen würden, würden sie sofort die Aufmerksamkeit der Slawen und Seeräuber auf sich ziehen.
    Nachdem sie die Luke wieder mit Brettern zugestellt hatten, schauten sie sich draußen nach einem sicheren Ort um, an dem sie auf die Dunkelheit warten konnten. Sie entschieden sich für eine Ruine ganz in der Nähe. Deren Dach war zwar eingefallen, aber die Wände würden ihnen Sichtschutz bieten.
    Es war früher Nachmittag. Sie würden also noch Zeit haben, um sich auszuruhen. Vor allem Helgi musste schlafen, da er nachher seine ganze Kraft benötigen würde, um das Boot ins Wasser zu schieben.
    Teška übernahm die erste Wache.
     
    Geräusche weckten ihn. Stimmen.
    Helgi öffnete die Augen. Teška schlief an seiner Seite. Er blinzelte in den Himmel. Das dunkle Blau, das die Geisterstadt überspannte, zeigte an, dass der Tag an der Schwelle zur Nacht stand.
    Dann hörte er wieder die Stimmen, nicht weit entfernt.
    Wo war Ansgar? Der Munki hatte die zweite Wache übernehmen sollen. Als Helgi ihn entdeckte, stieß er einen Fluch aus. Ansgar war neben dem Eingang eingeschlafen.
    Die Stimmen wurden lauter.
    Helgi griff nach seinem Schwert, schlich zum Eingang und spähte hinaus.
    Im Zwielicht waren fünf Männer zu erkennen, die vor Radegasts Haus standen. Es waren die vier Slawen, und der fünfte Mann war der einfüßige Vyšemer.
    Der Bastard hat uns verraten, dachte Helgi grimmig.
    Vyšemer redete auf die Männer ein, die die Umgebung mit Fackeln ausleuchteten. Immer wieder deutete der Alte auf Radegasts Haus, bis einer der Soldaten vortrat und die Tür mit einem Ruck aufriss. Sofort stürmten die Männer hinein.
    Sie glauben, dass wir uns in dem Haus aufhalten, dachte Helgi.
    Kurz darauf kamen die Slawen wieder ins Freie. Einer packte Vyšemer am Bart und zog so kräftig daran, dass der Alte einen Schrei ausstieß.
    Als Ansgar durch die Geräusche geweckt wurde, beugte sich Helgi über ihn und legte mahnend einen Finger an die Lippen. Ansgar nickte schlaftrunken.
    «Weck Teška. Beeil dich!», flüsterte Helgi.
    Unterdessen zwangen die Slawen Vyšemer mit Schlägen in die Knie. Der Alte winselte und bettelte um sein Leben, bis sich die wütenden Männer endlich in Richtung des Hafens zurückzogen und den am

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