Das Buch der Sünden
haben unser Boot entdeckt.»
Es waren Slawen, vier kräftige Kerle, offensichtlichSoldaten, die mit Lanzen, Kurzschwertern und Schilden bewaffnet waren.
Helgi stöhnte. Ihr Boot war verloren.
Im Schutz von Radegasts Haus konnten sie beobachten, wie einer der Soldaten in den Fischerkahn kletterte und die Kiste mit den Angelgeräten entdeckte. Die drei anderen Männer beglückwünschten ihn zu seinem Fund und verteilten die Geräte untereinander, während sie zum Ufer zurückkehrten, wo sie bereits von den beiden Frauen erwartet wurden.
Helgi unterdrückte einen Fluch. Was sollten sie machen, wenn die Huren den Soldaten von ihnen erzählten? Vyšemer würde wohl ebenfalls nicht zögern, den Männern den Weg zu Radegasts Hütte zu weisen.
Sie hatten keine Zeit zu verlieren.
«Wir müssen die Werkzeuge holen und irgendwie versuchen, unser Boot zurückzubekommen», sagte Helgi.
«Sie haben Lanzen und du nur ein Schwert», entgegnete Teška.
Helgi sah ein, dass sie recht hatte. «Dann warten wir eben, bis es Nacht wird, und schleichen uns im Schutz der Dunkelheit zum Hafen.»
Das war ein dürftiger Plan, zumal Helgi dann mit seinen wunden Händen zunächst wieder rudern musste, bis sie das Boot später reparieren konnten. Aber etwas Besseres fiel Helgi auf die Schnelle nicht ein.
«Helgi, Teška – schaut doch nur!», rief Ansgar.
Ein Langschiff näherte sich der Hafeneinfahrt. Es hatte ein schwarzes Segel, und der Vordersteven war mit einem Drachenkopf geschmückt.
Die Víkingr!
Die slawischen Soldaten schienen das Schiff erwartet zu haben. Umgehend ließen sie die Huren stehen und marschierten zum Kopf der Landebrücke zurück, wo sie beim Festmachen halfen. Als die Seeräuber von Bord gingen, begrüßten sie die Slawen wie alte Freunde. Doch alle Gespräche verstummten, als mit einem Mal ein geheimnisvoller Mann auf dem Schiff erschien.
Offensichtlich handelte es sich um den Anführer der Seeräuber. Er trug einen dunklen Umhang, und sein Gesicht war hinter einer Wolfsmaske verdeckt. Mit festem Schritt ging der Wolfsmann über die Landebrücke von Bord.
Teška stieß einen erstickten Schrei aus.
«Hast du den Mann schon mal gesehen?», fragte Helgi verwundert.
Aber Teška antwortete nicht, sondern starrte entsetzt zu der maskierten Gestalt hinüber.
Nachdem die Seeräuber und die Slawen in der Stadt verschwunden waren, betraten Helgi und die anderen Radegasts Haus. Tageslicht flutete durch den zerbrochenen Laden eines Fensters. Ihre Schuhe hinterließen Abdrücke in der Staubschicht auf dem Boden.
Die Werkzeuge waren nirgendwo zu entdecken. Keine Hämmer, Messer, Stechbeitel oder andere Dinge, die ein Schiffsbauer benötigte. Das Haus war bis auf den letzten Nagel geplündert worden.
«Vyšemer hat uns reingelegt», sagte Helgi und trat wütend gegen einen Schemel, der gegen einen Haufen Gerümpel flog, sodass Bretter, Balken und Bündel mit verrottetem Schilfgras umfielen.
«Lasst uns von hier verschwinden», sagte Ansgar. «Wirkönnten uns auf dem Landweg durchschlagen. Bestimmt nimmt uns jemand auf seinem Ochsenkarren mit. Mit Gottes Hilfe …»
Er verstummte, als Teška die anderen zu sich rief. Sie hatte eine Tür entdeckt, die kaum größer als eine Luke und hinter den losen Brettern in die Wand eingelassen war.
Helgi legte die Tür frei und forderte die anderen auf, auf ihn zu warten, falls die Soldaten kommen sollten. Er musste sich klein machen, um durch die Luke zu passen. Dahinter war es vollkommen finster. Vorsichtig krabbelte Helgi auf allen vieren in die Dunkelheit, als unter seinen Händen etwas knackte, das sich anfühlte wie Holzspäne. Als er sich weiterbewegen wollte, stieß er mit dem Kopf gegen etwas Hartes.
Er richtete sich auf und befühlte den Gegenstand, und je weiter seine Hände daran entlangglitten, desto schneller schlug sein Herz.
Das konnte doch nicht wahr sein!
«Ich brauche Licht», rief er den anderen durch die Luke zu. «Ich glaube, hier steht ein … ein Boot.»
Sofort öffnete Teška in der Werkstatt die Fenster und die Eingangstür auf der dem Hafen abgewandten Seite, damit die Seeräuber nichts davon mitbekamen, um so viel Tageslicht wie möglich in das Haus zu lassen. Im Anbau dahinter konnte Helgi nun schemenhaft die Umrisse eines Bootes erkennen.
Radegast schien ein Meister seines Fachs gewesen zu sein. Der Bootskörper maß in der Länge etwa zwanzig Fuß, also etwas weniger als Björns Fischerkahn. Das bedeutete, dass Radegasts Boot
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