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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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über die Köpfe geschüttet?», fragte Helgi verwundert. «Wir sollten die Kerle nicht noch mehr reizen.»
    «Wenn ich schon sterben soll, will ich vorher wenigstens noch meinen Spaß haben.»
    Ansgar, der Dameks letzte Worte gehört hatte, richtete sich mit einem Ruck auf. «Du glaubst, dass Tetĕslav uns töten wird?»
    «Natürlich. Er schlägt uns die Köpfe ab, oder er wirft uns seinen schwarzen Bestien zum Fraß vor. Ich persönlich ziehe da das Beil vor, wenn ihr mich fragt.»
    Während Helgi und Ansgar sich sprachlos ansahen, stellte Damek den Eimer zurück und machte sich daran, das Frühstück vorzubereiten. Es gab geräucherte Heringe. Als Damek ihm einen Fisch reichte, lehnte Helgi dankend ab.
    «Der Mensch muss essen», sagte Damek und schob sich den Fisch in den Mund. Kauend sagte er: «Erst wenn du es schaffst, sieben Heringe zu essen, giltst du etwas auf Rujana.» Nachdem er den Fisch runtergeschluckt hatte, stieß er ein hohles Lachen aus und griff sogleich zum nächsten Hering.
    Ansgar fehlte wie Helgi der Appetit. «O Herr, eile mir zu helfen. Ehre sei dem Vater», murmelte er, während er lustlos an einem Räucherhering nagte. «Mord und Totschlag regieren das Götzenland. Aber auch hier wird man sich nicht den Worten des Herrn entziehen können.»
    Damek verzog das Gesicht. «Du redest wie der Mönch, der sich vor ein paar Jahren nach Rujana verirrt hat.»
    Der Fisch entglitt Ansgars Hand. «Ein Mönch? Auf dieser Insel?»
    «Er hieß Herimann. Niemand wusste, wo er herkam. Eines Tages war er einfach da. König Ratibor wollte ihn nicht auf seiner Königsburg Charenza haben. Stattdessen schickte er ihn nach Ralsvik, wo er unserem WojwodenRanislav mit seinem Gerede in den Ohren lag. Der Herrgott hier, der Herrgott da. Böse, böse Götzen   …»
    «O Gott! Herimann!» Ansgar war sichtlich aufgeregt. «Er stammt aus Corvey, so wie ich. Wir haben zusammen die Klosterschule besucht. Der Papst hat Herimann auf Mission zu den Sclavi geschickt. Doch wir haben niemals wieder etwas von unserem Bruder gehört. Ist er noch hier?»
    Damek pulte sich eine Gräte aus den Zähnen. «Ich glaube nicht. Ranislav hat ihm erlaubt, in Ralsvik ein Christenhaus zu errichten. Eine   …
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… wie heißt das bei euch?»
    «Kirkja», antwortete Helgi.
    «Kirche», ergänzte Ansgar.
    «Ja. Herimann hat also ein Kreuz aufgestellt und die Kirkja einem Knaben geweiht, den er Veit nannte. Doch als alles fertig war, verschwand der Mönch plötzlich. Es gab damals nicht wenige Stimmen, die überzeugt waren, dass Žilobog das christliche Treiben zu viel wurde und er sich Herimann geschnappt und ihn geopfert hat.»
    Ansgar schlug die Hände über dem Kopf zusammen. «Veit! Der heilige Vitus. Der Schutzpatron unseres Klosters Corvey. Seine Gebeine sind heilige Reliquien. Wo, sagtest du, steht Herimanns Kirkja?»
    «Die Hütte gehört jetzt einer Frau namens Woislava. Sie hält darin ihre Schweine.»
    «Schweine?» Ansgar bekreuzigte sich.
    Damek zwirbelte seinen Schnurrbart. «Nun ja, Woislava ist weithin bekannt für ihr Pökelfleisch. Es schmeckt wirklich wunderbar – dem alten Vitus sei Dank!»
    Ansgar schloss die Augen. Er wandte sich von den anderen ab, zog sich in eine Ecke zurück und faltete die Hände,um für Herimann zu beten. Währenddessen räumte Damek die verbliebenen Räucherheringe weg. Kurz darauf setzte er sich mit einem Holzbrett und einem Lederbeutel in den Händen zu Helgi.
    «Nun kannst du zeigen, was du draufhast, Däne», sagte er auffordernd.
    Helgi warf ihm einen verwunderten Blick zu.
    «Sag bloß, du kennst das Spiel nicht», sagte Damek erstaunt. «Jeder Däne kennt es. Ich war lange mit deinen Landsleuten unterwegs. Damals, als ich noch schlank war. Wir gingen auf Víking. Die Menschen an den Küsten des Meeres haben gezittert, wenn sie unsere Schiffe sahen. Wir haben ihre Schätze geraubt und uns ihre Weiber genommen. Es war eine wunderbare Zeit. Damals haben mir die Dänen eure Sprache beigebracht – und dieses verfluchte Spiel.»
    Er rückte die Spielsteine auf dem Hnefataflbrett zurecht.
    Ansgar, der inzwischen zu ihnen zurückgekehrt war, rief entsetzt: «Du bist ein Seeräuber?»
    «Das war vor langer Zeit. Ich war jung und wollte den Seewind im Gesicht spüren.» Mit einem Handstreich beendete Damek das Thema. «Los, Däne – spiel mit mir!»
    Helgi schüttelte den Kopf.
    «Hast du Angst, ich könnte dich besiegen?»
    «Nein, mir ist nicht nach Spielen zumute. Schließlich hat man

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