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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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und von dem Slawenvolk, das darauf lebt. Die Ranen tragen lange Schnurrbärte und schneiden sich das Haar über der Stirn.»
    Egil machte eine Bewegung, als wolle er seinen Bart zwirbeln. Die Krieger auf den Bänken lachten.
    «Hört mich an, Jarl Hovi. Ich habe erfahren, dass auf dieser Insel ein Tempel steht, in dem die Bewohner ihre Reichtümer horten. Es gibt dort Gold, Silber und Bernstein in solchen Mengen, dass Ihr Euch aus dem Erlös einen neuen Palast bauen könntet. Und nur ich allein kann Euch zu diesem Tempel führen.»
    Das Lachen erstarb. Alle Blicke richteten sich auf Egil und Hovi.
    «Woher willst du all das wissen, Munki?», fragte Egil, dessen Stimme mit einem Mal nicht mehr so herablassend klang.
    «Von jemandem, der von dieser Insel stammt.»
    Egil drehte sich zu Hovi um, der kaum merklich nickte. Dann sagte Egil: «Dein Angebot lautet also, dass du Hovi verrätst, wie wir an die Schätze kommen, und dafür sollen die Christen ungestört in Haithabu die Klokka läuten.»
    «Nein», erwiderte Odo. «Meine einzige Bedingung lautet, dass Ihr mich mitnehmt – und dass wir sofort dorthin aufbrechen.»
    «Sofort?» Egil runzelte zweifelnd die Stirn. «Warum diese Hast? Wie können wir sichergehen, dass du uns nicht belügst?»
    «Ich werde die ganze Zeit an Eurer Seite sein, und wenn ich die Unwahrheit gesprochen habe, könnt Ihr mich jederzeit töten.»
    Hovi winkte Egil erneut zu einer Unterredung zu sich. Während sich die beiden mit gedämpften Stimmen berieten, ließen die anderen Männer Odo nicht aus den Augen. Er bemerkte ihre vor Gier glänzenden Augen. Die älteren Krieger schien er bereits überzeugt zu haben, und die Aussicht auf reiche Beute ließ sie jede Vorsicht vergessen. Aber was war mit Hovi?
    Endlich wandte sich der Bluttrinker wieder an Odo. Nachdem er ihn eine Weile gemustert hatte, winkte er vier Soldaten herbei, die im hinteren Bereich des Raums gewartet hatten. Auf Egils Zeichen hin umringten sie Odo und richteten die Spitzen ihrer Lanzen auf ihn.
    Odo trat nervös von einem Fuß auf den anderen. Was hatte das zu bedeuten?
    Währenddessen war Egil ans Feuer getreten. Er steckte eine kleine Schaufel in die Glut, auf die er rotglühende Holzstücke häufelte. Dann forderte er Odo auf, die linke Hand zu öffnen und auszustrecken.
    Odo schüttelte den Kopf. «Das werde ich nicht tun.»
    «Gib mir deine Hand, Munki», zischte Egil. Glutbrocken rieselten von der Schaufel.
    «Nein!»
    Als Egil den Soldaten zunickte, stürzten sie sich auf Odo und rangen ihn nieder. Einer von ihnen packte seine linke Hand, bog die Finger auseinander und drehte die Handfläche nach oben.
    «Die Götter werden entscheiden, ob du die Wahrheit sprichst», sagte Egil und schüttete die Glut auf die geöffnete Hand. Heftige Schmerzen durchzuckten Odos Körper, als sich die Hitze durch sein Fleisch brannte. Aber er presste die Lippen fest zusammen, um nicht zu schreien. Er schrie auch nicht, als Egil seine Finger zusammendrückte und Odos Faust fest um die Glut schloss.
    Der süßliche Geruch seines eigenen verbrannten Fleisches stieg Odo in die Nase. Ihm wurde schwarz vor Augen. Die Schmerzen waren kaum zu ertragen. Aber er bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu atmen, um nicht die Besinnung zu verlieren. Diesen Triumph wollte er den verfluchten Heiden nicht gönnen.
    Nach einer Weile öffnete Egil Odos Hand wieder und kratzte mit der Schaufel die eingebrannte Glut ab. Zwei Männer schmierten eine Fettsalbe auf die Wunde und verbanden anschließend seine Hand. Als Egil daraufhin den Priester durchsuchte, entdeckte er den Geldbeutel undsteckte ihn schnell ein, ohne dass jemand dies bemerkte. Soldaten mussten Odo stützen, als man ihn aus dem Pferdestall führte.
    Er nahm zunächst an, dass sie ihn vom Jarlshof jagen würden. Stattdessen brachte man ihn in die Baracke, vor der sich die Schweine im Schlamm suhlten. Drinnen legten ihn die Männer in Ketten, die sie an einem Stützbalken befestigten. Dann trieben sie die Schweine hinein.
    Und Egil, dessen gewaltiger Schattenriss den Eingang ausfüllte, lachte, als man Odo mit dem grunzenden Borstenvieh allein zurückließ.

7.
    Endlose Tage vergingen, bis man Odo eines Morgens die Ketten abnahm, um ihn aus dem Stall zu holen.
    Es war ein stürmischer Herbsttag. Dunkle Gewitterwolken hingen tief über den Dächern Haithabus. Obwohl der Monat
novem
gerade erst angebrochen war, lag bereits der Geruch von Schnee in der Luft. Aber noch goss es in Strömen. Der

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