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Das Buch der Sünden

Das Buch der Sünden

Titel: Das Buch der Sünden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel S. Meyer
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Knaben, fast noch Kinder. Jedem von ihnen hatte man eine Lanze mitgegeben. Während sie sich der Burg näherten, spießten sie abgeschlagene Köpfe der Ranen auf, die sie wie Bannerträger stolz in die Höhe reckten. Die Herausforderung erzielte den erhofften Effekt. Als sie sich der Festung bis auf etwa zweihundert Schritt genähert hatten, verschossen die Ranen von den Palisaden aus ihre ersten Pfeile, die jedoch allesamt ihre Ziele verfehlten, da die Jungen noch zu weit entfernt waren.
    Die Dänen hinter dem Holzwall grölten und verhöhnten die Tempelsoldaten.
    Davon angestachelt, wagten sich die Knaben weiter vor. Jeder von ihnen wollte sich beweisen, damit er vor den anderen als
hetja,
als besonders mutiger Krieger, galt. Immer näher brachten sie die Köpfe an den Wall. Erst als sie die ersten im Boden steckenden Pfeile erreicht hatten, hielten sie inne und rammten die Lanzen ins Erdreich, um somit die Pfeilfluggrenze zu markieren. Bis hierher konnte später das dänische Heer vorrücken, ohne die feindlichen Pfeile fürchten zu müssen.
    Die Ranen hatten unterdessen den Beschuss eingestellt,um keine weiteren Pfeile zu verschwenden. Dies nutzten die Knaben aus und näherten sich der Burg noch weiter. Als sie bis auf etwa einhundert Schritt herangekommen waren, drehten sie sich wie auf ein Kommando um, ließen ihre Hosen herunter und zeigten den Ranen ihre blanken Hintern. Sofort ging ein Pfeilregen auf sie nieder. Als einer der Jungen getroffen wurde, sprang er wild kreischend auf, halb vor Freude, halb vor Schmerzen. Zwei andere Dänen nahmen ihn in ihre Mitte und zogen sich zum Wall zurück.
    «Was für eine Verschwendung», kommentierte Damek das Geschehen. «Unsere Soldaten haben Hunderte Pfeile verschossen, und das Einzige, was sie getroffen haben, ist eine Arschbacke!»
    Jenseits des Walls wurde der getroffene Junge mit lautem Jubel empfangen. Man führte ihn zu Egil, der die Pfeilwunde anerkennend betrachtete und den Knaben für seinen Mut lobte.
    Dann schickte Egil seine Bogenschützen in den Kampf. Etwa einhundert Dänen schwangen sich auf die Pferde, die sie auf den Schiffen mitgebracht oder auf der Insel erbeutet hatten. Jeder von ihnen hatte einen Pfeil, dessen Spitze mit in Teer getauchter Wolle umwickelt war. Andere Krieger schritten die Reihen der Reiter ab und entzündeten die Brandpfeile an Fackeln. Als Egil das Kommando gab, setzten sich die Reiter in Bewegung und näherten sich Arkona auf breiter Front. Die Ranen empfingen sie mit einem Pfeilhagel. Einige Dänen stürzten tödlich getroffen von ihren Pferden. Doch die anderen drangen weiter vor, bis sie nahe genug herangekommen waren, um ihrerseits zu schießen. Binnen weniger Augenblicke war die Luft erfüllt von funkensprühenden Pfeilen, die dünneRauchfahnen hinter sich herzogen. Kurz darauf fingen die hölzernen Palisaden an mehreren Stellen Feuer.
    Während die Ranen mit Löschen beschäftigt waren, bot Egil für den nächsten Angriff mit dreihundert Männern gut die Hälfte seines Heeres auf. Dabei bildeten die Krieger drei Schildwälle, die sich aus drei unterschiedlichen Richtungen auf die Tempelburg zubewegen sollten. Jeder Schildwall bestand aus zehn Reihen, wobei die vorderen Männer ihre Schilde vor die Körper hielten. Die jeweils nachfolgenden Reihen bildeten mit ihren Schilden ein Dach, sodass es kaum eine Lücke gab, durch die ein Pfeil dringen konnte.
    Die Ranen beobachteten die Angreifer. Die Palisaden brannten zwar noch immer an mehreren Stellen, aber die Feuer richteten an dem regenfeuchten Holz kaum Schaden an und waren bald gelöscht.
    Ohne dass ein einziger Pfeil auf sie abgeschossen wurde, näherten sich die Männer des mittleren Schildwalls der Brücke, während die anderen beiden Gruppen die Flanken sicherten. Der Aufgang in die Tempelburg war jedoch so schmal, dass immer nur vier Dänen nebeneinander gehen konnten. Eine heikle Situation. Denn nun mussten die Angreifer die strenge Ordnung aufgeben. Aber es gab keine andere Möglichkeit, das Tor anzugreifen.
    Die Dänen warteten ab. Irgendetwas schienen die Ranen zu planen. Warum sonst hatten sie den Beschuss eingestellt?
    Da ging plötzlich ein Ruck durch den mittleren Schildwall. Die zwanzig Dänen der ersten beiden Reihen stürmten über die Brücke und begannen sogleich, mit ihren Beilen auf das Tor einzuschlagen. Die Geräusche der Hiebe hallten über die Ebene, als das Holz zersplitterte.
    Darauf hatten die Ranen gewartet. Mit einem Mal öffnete sich im

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