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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Kamera nicht dabei!
    Doch kaum hatte der erste Typ, der aus dem Crown Victoria ausgestiegen war, sich umgedreht und ihm sein Gesicht gezeigt, da sah die Sache schon ganz anders aus. Ein langes, dunkles Reptiliengesicht unter einer schwarzen Haartolle. Stadtrat Eduardo Bacilla, genannt »Ed die Bazille«, der gewählte Vertreter eines Distrikts von L. A., der ein gutes Stück von Down town mit einschloss. Das war der mit den schlechten Angewohnheiten und der dürftigen Arbeitsmoral, Bazille nahm nur an etwa jeder fünften Stadtratssitzung teil, und vor ein paar Jahren war er in Boyle Heights bei dem Versuch erwischt worden, einem verdeckten Drogenfahnder Kokain abzukaufen. Sofortige hektische Verhandlungen mit der Staatsanwaltschaft hatten in einer drakonischen Strafe resultiert: eine öffentliche Entschuldigung und zwei Monate gemeinnützige Arbeit. Seite an Seite mit eben jenen Mitgliedern von Jugendbanden, denen er von der Stadt finanzierte Pseudo-Rehabilitationsprogramme hatte zuteil werden lassen, durfte Bazille Graffitis entfernen. Da es zu keiner Verurteilung gekommen war und er deshalb nicht als vorbestraft galt, konnte er seinen Posten als Stadtrat behalten, und der Versuch eines linken Reformers, Bazilles Absetzung zu erwirken, verlief im Sand.
    Und da war sie nun, die alte Bazille, und leckte dem Typ im hellbraunen Anzug die Stiefel. Genau wie der zweite Passagier aus dem Crown Victoria und als hätte man sich's nicht denken können: noch so eine Stütze der Gesellschaft.
    Dieser Kerl hatte dem hellbraunen Anzug den Arm um die Schultern gelegt und lachte über irgendetwas. Die Generaldirektorsmiene des hellbraunen Anzugs blieb unbewegt. Der fröhliche Bursche war ein wenig älter, ungefähr so alt wie sein Freund im hellbraunen Anzug, und er hatte weiße Schläfen und einen buschigen weißen Schnauzbart, der seine Oberlippe verdeckte. Groß, mit schmalen Schultern und einem zwiebelförmigen Körper, den auch ein gut geschnittener Anzug nicht vorteilhafter aussehen ließ, und dem eiskaltverschlagenen Blick eines in die Enge getriebenen Hängebauchschweins.
    Stadtrat James »Diamanten-Jim« Hörne. Der, um den sich so viele Schmiergeld und Bestechungsgerüchte rankten; der mit den Exfrauen, die mit Geld zum Schweigen gebracht worden waren, damals in der guten alten Zeit, als man noch nicht von »häuslicher Gewalt« gesprochen hatte, sondern nur von Kerlen, die ihre Alte verprügelten.
    Durch die Gerüchte, die im LAPD kursierten, wusste Milo, dass Hörne seit Jahren dafür bekannt war, seine Ehefrauen brutal zu schlagen; dabei hatte er ein besonderes Talent dafür, bei seinen Prügelorgien keine Spuren zu hinterlassen. Wie Ed die Bazille hatte auch Diamanten-Jim es immer wieder geschafft, haarscharf einer Verhaftung oder gar Verurteilung zu entgehen. Seit dreißig Jahren vertrat er einen Bezirk, der an Bazilles Reich angrenzte, einen Streifen nördlich des Zentrums mit billigen Mietskasernen und Wohnungen, welche die baupolizeilichen Bestimmungen nicht erfüllten. Hornes Wahlkreis, einst fest in der Hand der weißen Arbeiterschicht, war inzwischen zu siebzig Prozent von Hispanoamerikanern bewohnt, und der Herr Stadtrat hatte zusehen müssen, wie sein Stimmenanteil dramatisch zusammengeschmolzen war von neunzig auf siebzig Prozent. Eine ganze Reihe von Herausforderern mit Familiennamen, die auf »ez« endeten, hatten Hörne nicht stürzen können. Der korrupte alte Drecksack hatte die Straßen neu teeren lassen und auch sonst dafür gesorgt, dass alles wie geschmiert lief.
    Die Bazille und Diamanten-Jim Arm in Arm mit dem hellbraunen Anzug steuerten sie auf die Stahltür des Sangre de Leon zu.
    Milo ging zum Wagen zurück und bediente sich der Kennnummer eines Detectives vom Sittendezernat Pacific, den er ganz besonders verabscheute, um das Kennzeichen des Mercedes-Coupes zu überprüfen. Er rechnete fast damit, dass es wieder eine Scheinfirma sein würde, doch die Überprüfung ergab, dass die Nummer zu einem vier Jahre alten Mercedes gehörte, angemeldet auf eine real existierende Person W.E. Obey. Adresse: der Dreihunderter-Block der Muirfield Road in Hancock Park. Walter Obey. Der mit dem Milliardenvermögen.
    Nominell war Walt Obey in derselben Branche wie die Cossacks, Beton, Stahlträger, Bauholz, Fertigbauteile. Aber sonst war Obey Lichtjahre von den Cossacks entfernt. Vor fünfzig Jahren hatte Obey Construction damit begonnen, Häuschen für die heimkehrenden GI's zu zimmern, und die Firma war

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