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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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er. »Aber sie hat am meisten darunter gelitten, und Sie sollten vielleicht einmal darüber nachdenken, wie Sie sich von Robins Schmerz loslösen können.«
    »Von ihrem Schmerz«, sagte ich. »Sie meinen, es belastet sie immer noch, nach all den Jahren?«
    »Wenn sie zulässt, dass sie sich darauf fixiert, dann vermute ich, dass es ihr wesentlich schlechter damit geht als Ihnen.«
    Er war Robin ein einziges Mal begegnet, aber dennoch empfand ich seine Ausführungen nicht als anmaßend. Ein paar Monate, nachdem unser Haus abgebrannt war, waren wir nach Santa Barbara gefahren, um ein wenig Abstand zu gewinnen, und hatten Bert in einem Antiquariat in der State Street getroffen. Er hatte in wissenschaftlichen Abhandlungen aus dem achtzehnten Jahrhundert gestöbert. Auf La tein (»Mein derzeitiges Hobby, Kinder«). Sein Overall war voller Staub gewesen.
    »Sie liebt Sie sehr«, sagte er. »Als ich sie getroffen habe, hat sie es jedenfalls getan, und ich bezweifle, dass so tiefe Gefühle einfach verschwinden können.« Er biss wieder in sein Teilchen, pickte die Mandelsplitter vom Teller und schob sie sich zwischen die Lippen. »Die Körpersprache, die Seelensprache, das war alles da. Ich weiß noch, wie ich dachte: ›Das ist die Richtige für Alex.‹«
    »Das habe ich auch mal geglaubt.«
    »Gehe n Sie achtsam um mit dem, was Sie haben. Meine zweite Frau war auch so, sie hat mich akzeptiert, mit all meinen Ecken und Kanten.«
    »Sie glauben, dass Robin mich akzeptiert, egal, was passiert?«
    »Sonst wäre sie doch schon längst gegangen.«
    »Aber es wäre grausam von mir, wenn ich sie noch mehr solchen gefährlichen Abenteuern aussetzen würde.«
    Er drückte meine Hand. »Das Leben ist wie eine Bushaltestelle, Alex. Wir legen uns unsere Route zurecht, aber zwischen einem Abenteuer und dem nächsten verweilen wir ein wenig. Nur Sie können sich Ihren Weg zurechtlegen und hoffen, dass Gott damit einverstanden ist. Also, was bringt Sie nach Ojai?«
    »Die schöne Landschaft.«
    »Dann kommen Sie doch mit zu mir und lassen Sie sich meine Sammlung zeigen.«
    Wir aßen fertig, und er bestand darauf zu bezahlen. Der alte Kombi stand vor dem Haus. Ich fuhr hinter ihm her, zuerst in die Stadt hinein und dann die Signal Street hinauf, vorbei an einem mit Feldsteinen ausgelegten Entwässerungsgraben, über den sich Fußgängerbrücken spannten, und weiter bis zum höchsten Punkt der Straße.
    Die Tür des lila Hauses war offen; nur ein ziemlich verrostetes Fliegengitter versperrte den Durchgang. Bert sprang flink die Stufen hoch und führte mich ins Wohnzimmer. Der Raum war noch genau so, wie ich ihn in Erinnerung hatte: klein, düster, mit Dielen ausgelegt, voll gestopft mit alten Möbeln, Decken und Kissen. An einer Wand stand ein Klavier, und das Erkerfenster war mit verstaubten Flaschen verstellt. Aber nun gab es überhaupt keinen Platz mehr zum Sitzen. Ein riesiger Gong aus getriebener Bronze lehnte am Klavier. Und auf sämtlichen Sofas, Sesseln und Stühlen lagen Trommeln, Glocken, Lyren, Zithern, Panflöten, Harfen und diverse unidentifizierbare Objekte herum. Der Platz hinter dem Klavierschemel war von einem fast zwei Meter langen drachenförmigen Apparat eingenommen, der mit einer Platte aus gewelltem Holz bedeckt war. Harrison fuhr mit einem Stab über die Rippen und erzeugte damit eine perkussionsartige, aber melodische Klangfolge.
    »Aus Bali«, sagte er. »Ich kann schon ›Old MacDonald‹
    darauf spielen.« Ein Seufzer. »Eines Tages auch Mozart.«
    Er räumte ein paar Instrumente von einem durchgesessenen Sofa und sagte: »Machen Sie sich's bequem.«
    Als ich mich setzte, fiel mein Blick auf einen metallischen Gegenstand hinter dem Sofa. Ein Rollstuhl.
    Bert sagte: »Ich bewahre ihn für einen Freund auf«, und ließ seine schmächtige Gestalt auf einem Stuhl nieder. Mit den Fingern seiner rechten Hand strich er über die Saiten einer Pedalharfe, aber nicht fest genug, um ihr einen Klang zu entlocken. »Sie sehen gut aus, trotz all Ihrem Stress.«
    »Sie auch.«
    »Toi, toi, toi«, sagte er und klopfte gegen den Rahmen der Harfe. Diesmal gab sie einen Ton von sich. »Gis… Also, Sie sind nur auf der Durchreise? Das nächste Mal rufen Sie vorher an, dann können wir zusammen essen. Es sei denn, Sie brauchen die Einsamkeit.«
    »Nein, ich würde mich freuen, wenn wir uns mal wieder treffen könnten.«
    »Natürlich brauchen wir alle auch das Alleinsein«, sagte er.
    »Der Schlüssel liegt darin, das richtige

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