Das Buch der Toten
Verhältnis zu finden.«
»Sie leben allein, Bert.«
»Ich habe Freunde.«
»Ich auch.«
»Milo.«
»Milo und andere.«
»Nun, das ist gut, Alex, kann ich irgendetwas für Sie tun?«
»Nein«, sagte ich. »Was denn, zum Beispiel?«
»Was auch immer, Alex.«
»Wenn Sie ungelöste Kriminalfälle lösen könnten, wäre das sehr hilfreich.«
»Ungelöste Kriminalfälle«, wiederholte er. »Ein Mord.« Ich nickte.
»Die Spur ist vielleicht kalt«, sagte er, »aber ich frage mich, ob die Erinnerung jemals kalt wird. Wollen Sie mir davon erzählen?«
Das wollte ich nicht. Doch, ich wollte es.
23
Ich beschrieb den Ingalls-Mord, ohne Namen und Schauplätze oder das Mordalbum zu erwähnen. Aber es wäre sinnlos gewesen, Milos Namen zu verschweigen. Bert Harrison kannte Milo, er war in dem »Böse-Liebe«-Fall von ihm vernommen worden.
Während ich sprach, wandte er den Blick kaum von meinem Gesicht.
Als ich geendet hatte, meinte er: »Dieses Mädchen, das den Hund vergiftet hat, das scheint ja ein richtiges Ungeheuer zu sein.«
»Zumindest schwer gestört.«
»Erst ein Hund, dann ein Mensch… das ist das typische Muster… allerdings haben Sie außer der Aussage der Nachbarin nichts in der Hand.«
»Die Verhaltenswarnung in der Akte des Mädchens passt zu der Schilderung der Nachbarin. Sie hatte in dieser Schule nichts verloren, Bert. Wahrscheinlich hat ihre Familie ihre Beziehungen spielen lassen, um sie dort unterzubringen, ein sicheres Versteck für die Dauer der polizeilichen Ermittlungen.«
Er faltete die Hände im Schoß. »Und von dem anderen möglichen Opfer fehlt jede Spur… Ich nehme an, dass Milo nach ihr gefahndet hat.«
»Bisher ohne Erfolg«, sagte ich. »Sehr wahrscheinlich ist sie tot. Das gestörte Mädchen scheint wie vom Erdboden verschluckt. Keine Dokumente über ihren Verbleib, nichts. Das klingt wieder nach Manipulation.«
»Eine Familie, die zusammenhält«, sagte er.
»Im Sinn von ›gemeinsame Sache machen‹.«
»Hmm… Alex, wenn Milo der Fall vor zwanzig Jahren entzogen wurde, wie hat er es dann geschafft, wieder damit betraut zu werden?«
»Er wurde inoffiziell wieder damit betraut«, sagte ich. »Von jemandem, der wusste, dass wir zusammenarbeiten und sich deshalb sicher war, dass ich die Botschaft an ihn weiterleiten würde.«
»Welche Botschaft, Alex?«
Ich überlegte, wie viel ich preisgeben sollte. Und ich erzählte ihm von dem Mordalbum und davon, wie Pierce Schwinn möglicherweise in die Sache verwickelt war.
»Pierce?«, fragte er. »Also deswegen sind Sie hier.«
»Sie haben ihn gekannt?«
»Ja. Ich kenne auch seine Frau Marge. Eine entzückende Dame.«
»Milo und ich waren vor ein paar Tagen bei ihr auf der Ranch«, sagte ich. »Es spricht einiges dafür, dass Schwinn das Album zusammengestellt hat, aber sie behauptet, keine anderen Fotos von ihm zu kennen als seine Naturaufnahmen.«
»Behauptet?«, fragte Harrison. »Sie zweifeln an ihrer Aussage?«
»Sie schien die Wahrheit zu sagen.«
»Ich würde ihr glauben, Alex.«
»Wieso?«
»Weil sie eine ehrliche Frau ist.«
»Und Schwinn?«
»Über ihn kann ich auch nichts Schlechtes sagen.«
»Wie gut kannten Sie ihn, Bert?«
»Wir sind uns von Zeit zu Zeit über den Weg gelaufen. In der Stadt beim Einkaufen oder im Little Theater.«
»Wissen Sie, ob er neben Marge noch irgendwelche anderen Vertrauten hatte? Irgendeine Person, der er das Album anvertraut haben könnte? Es wurde mir nämlich sieben Monate nach seinem Tod per Post zugeschickt.«
»Sie sind sicher, dass es von Pierce kam?«
»Die Fotos sind Tatortaufnahmen des LAPD, vermutlich aus alten Akten entwendet. Schwinn war ein Fotonarr, er hat immer seine Kamera mitgenommen, um am Tatort seine eigenen Fotos schießen zu können. Dazu kommt noch, dass Marge Schwinn sagte, sie habe drei identische blaue Lederalben für Pierce gekauft, drüben bei O'Neill & Chapin. Zwei davon hat sie uns gezeigt, aber das dritte war nicht aufzufinden, und sie hatte keine Ahnung, was damit passiert war. Das ist es, was mich wieder hierher gebracht hat. Ich wollte mit den Ladeninhabern sprechen, um herauszufinden, ob sie noch mehr solche Alben verkauft haben.«
»Die Inhaberin«, sagte er, »ist eine reizende Frau namens Roberta Bernstein, und sie ist derzeit in Europa. O'Neill und Chapin sind ihre beiden Terrier.« Er legte einen plumpen, kurzen Zeigefinger an die Lippen. »Klingt, als ob die Masse der Indizien auf Pierce verweist…«
»Aber?«
»Kein aber,
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