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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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beide auch nicht einen Funken Talent hatten, war völlig egal. Jedenfalls, nachdem wir dort über eine Stunde gewartet hatten, wurden wir endlich doch noch mitgenommen.«
    »Um wie viel Uhr war das?«, fragte Milo.
    »Das muss so um neun oder zehn gewesen sein.«
    »Wer hat Sie mitgenommen?«
    »Ein Collegestudent, so ein verklemmter Strebertyp; er sagte, er gehe auf das Caltech, aber er sei zur Uni unterwegs, weil er dort mit seinem Mädchen verabredet sei, und das sei doch gar nicht weit von Bel Air. Er musste uns das erklären, denn wir hatten ja keine Ahnung, ich glaube, keine von uns beiden war je weiter westlich als La Cienega gewesen, außer wenn wir mit dem Bus ans Meer gefahren sind, oder in meinem Fall, wenn ich meinen Vater auf dem Marinestützpunkt in Point Mugu besucht habe. Der Typ war eigentlich ganz nett. Ziemlich schüchtern, wahrscheinlich hatte er ganz spontan angehalten und es anschließend bereut. Denn wir fingen sofort an, ihn zu piesacken, wir haben unseren Sender im Radio eingestellt und es ganz laut gedreht, haben ihn geneckt und mit ihm geflirtet. Wir haben ihn gefragt, ob er nicht lieber mit uns zu der Party gehen wollte, anstatt sich mit irgendeiner lahmen Collegetussi zu treffen. Wir waren wirklich unausstehlich. Er wurde ganz verlegen, und das hat uns den Rest gegeben, wir hätten uns fast in die Hosen gemacht vor Lachen. Wir hofften insgeheim, er würde uns bis zu der Party fahren, weil wir immer noch keine Ahnung hatten, wo sie eigentlich stattfand. Also haben wir ihn weiter genervt, aber er sagte nein, er habe seine Freundin wirklich gern. Ich erinnere mich, dass Janie an dieser Stelle wirklich unverschämt wurde; sie sagte so etwas wie: ›Die ist doch wahrscheinlich kalt wie ein Eisklotz. Ich kann dir was bieten, was du von ihr nicht kriegst.‹ Aber das war genau die falsche Bemerkung. Wir waren gerade an der Ecke Stone Canyon und Sunset, und er hielt den Wagen an und sagte, wir sollten aussteigen. Ich wollte es gerade tun, aber Janie hielt mich zurück und schnauzte den Typen an, er solle uns zu dem Haus fahren, und da wurde er nur noch wütender. So war Janie nun mal, sie konnte extrem hartnäckig sein, hatte ein echtes Talent dafür, den Leuten auf die Nerven zu gehen. Der Typ schrie Janie an und schubste sie, und wir sahen zu, dass wir rauskamen. Janie zeigte ihm noch den Stinkefinger, und dann brauste er davon.«
    »Stone Canyon und Sunset. Nicht weit bis zum Partyhaus.«
    »Aber das wussten wir nicht. Wir waren ja so blöd. Und betrunken. Vorher auf dem Boulevard hatten wir auch eine Flasche Southern Comfort mitgehen lassen, und die hatten wir schon fast ganz niedergemacht. Ich mochte das Zeug überhaupt nicht, ich fand, es schmeckte wie Hustensaft mit Pfirsichsirup. Aber Janie stand total darauf. Es war ihr Lieblingsstoff. Sie sagte, Janis Joplin sei darauf abgefahren, und sie selbst fuhr auf Janis Joplin ab, weil sie irgendwie die Vorstellung hatte, ihre Mutter sei so gewesen wie Janis Joplin, damals in der Hippiezeit. Und dass sie ihr den Namen Janie wegen Janis gegeben hätte.«
    »Noch so eine Fantasievorstellung«, sagte ich.
    Sie nickte. »Die brauchte sie einfach. Ihre Mutter hatte sie verlassen, war mit einem Schwarzen durchgebrannt, als Janie fünf oder sechs gewesen war. Janie hat sie nie wiedergesehen. Vielleicht war das unter anderem der Grund, weshalb Janie immer diese rassistischen Bemerkungen machte.«
    Milo fragte: »Was haben Sie beide getan, nachdem der Typ sie abgesetzt hatte?«
    »Wir sind den Stone Canyon raufmarschiert und haben uns prompt verlaufen. Es gab da keinen Gehweg, und die Straße war auch ziemlich schlecht beleuchtet. Und kein Mensch in der Nähe, den wir nach dem Weg frage n konnten. All diese Wahnsinns-Anwesen, und keine Menschenseele weit und breit, keine Geräusche, wie man sie normalerweise in einem Wohnviertel hört. Es war richtig unheimlich. Aber wir hatten unseren Spaß, für uns war es ein Abenteuer. Einmal sahen wir einen Wagen der Bel Air Patrol auf uns zukommen, da haben wir uns hinter ein paar Bäumen versteckt.«
    Sie runzelte die Stirn. »Wir waren wirklich saublöd. Nur gut, dass meine Jungs das nicht hören können.«
    »Wie haben Sie das Haus dann gefunden?«
    »Wir sind ein bisschen im Kreis herumgelaufen und waren am Ende wieder da, wo wir losgegangen waren, am Sunset. Und da hat uns dann das zweite Auto mitgenommen. Ein Cadillac, der in den Stone Canyon einbog. Der Fahrer war ein Schwarzer, und ich war eigentlich sicher,

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