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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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bedauernswertes kleines Mädchen aus der falschen Ecke von Hollywood.«
    »Ein junger Kerl mit einem Jaguar«, sagte Milo. »Was noch?«
    »Das ist alles, was ich weiß«, beteuerte Waters. »Wirklich.«
    »In welches Hotel hat er sie mitgenommen?«
    »Sie sagte nur, es sei in Downtown gewesen, in einer Gegend voller Penner. Und sie sagte auch, der Typ habe sich dort anscheinend gut ausgekannt, der Portier warf ihm einen Schlü ssel zu, sobald er ihn eintreten sah. Aber sie glaubte nicht, dass er tatsächlich dort lebte, denn das Zimmer, in das er sie brachte, sah nicht bewohnt aus. Er bewahrte keine Kleider dort auf, und das Bett war noch nicht einmal bezogen. Da war nur die nackte Matratze. Und ein Seil. Das lag schon in einer Schublade bereit.«
    »Und sie versuchte nicht zu fliehen, als sie das sah?«
    Waters schüttelte den Kopf. »Er hatte ihr während der Fahrt einen Joint zugesteckt. Eine Riesentüte mit hochwertigem Stoff, vielleic ht mit Haschisch drin, denn sie fing regelrecht an zu schweben, und das passierte ihr immer, wenn sie Haschisch rauchte. Sie sagte, es sei ihr so vorgekommen, als ob sie bloß zusehe, wie einer anderen das alles passierte. Sogar als er sie auf das Bett stieß und anfing, sie zu fesseln.«
    »An den Hand und Fußgelenken und am Hals.«
    »Dort hatte sie die Male.«
    »Was passierte dann?«
    Hinter den Brillengläsern blitzte Wut auf. »Was glauben Sie denn? Er hat sich an ihr vergangen. Hat keine Körperöffnung ausgelassen.«
    »Hat sie das gesagt?«
    »Sie hat sich etwas grober ausgedrückt.« Das Grau in ihren Augen war tiefer geworden, als ob eine Lampe im Inneren ihres Kopfes gedämpft worden sei. »Sie sagte, sie habe gewusst, was er tat, aber gespürt habe sie es nicht.«
    »Und sie tat so, als ob es sie gar nicht berührte?«
    »Anfangs ja. Später, ein paar Tage später, da hat sie sich mit Southern Comfort betrunken und hat wieder davon angefangen. Geweint hat sie nicht. Sie war wütend. Auf sich selbst. Wissen Sie, was sie wirklich gefuchst hat? Nicht so sehr, was er ihr angetan hatte; sie war ja die ganze Zeit über ziemlich weggetreten. Nein, was sie wirklich wütend machte, war, dass er sie nicht wieder nach Hause fuhr, nachdem alles vorbei war, sondern sie in East Hollywood absetzte, sodass sie die letzten zwei Meilen zu Fuß gehen musste. Das brachte sie auf die Palme. Aber selbst dann gab sie sich noch selbst die Schuld. Sie sagte so etwas wie: ›Ich muss wohl irgendwas an mir haben, dass die Leute so mit mir umspringen. Alle, sogar er.‹ ›Wer ist er?‹, fragte ich. Und da funkelte sie mich ganz böse an und sagte: ›Er. Bowie.‹ Das hat mich wirklich fertig gemacht. Zuerst dieser Perverse, und jetzt auch noch Inzest. Ich fragte sie, wie lange das schon so gehe, aber da machte sie wieder dicht. Ich ließ nicht locker und bedrängte sie, es mir doch zu sagen, so lange, bis sie mich schließlich anfuhr, ich solle endlich still sein, sonst würde sie meiner Mutter erzählen, was für eine Schlampe ich sei.«
    Sie lachte.
    »Das war eine wirksame Drohung. Ich war schließlich nicht gerade ein Muster an gesunder Lebensführung. Und wenn meine Mutter auch keine vorbildliche Hausfrau und Mutter war, so schlimm wie Bowie war sie jedenfalls nicht. Es wäre ihr nicht egal gewesen. Sie hätte mich tüchtig zusammengestaucht, das können Sie mir glauben.«
    »Bowie hat das alles nicht gekümmert«, sagte Milo.
    »Bowie war ein Schwein, der letzte Abschaum. Das dürfte wohl erklären, warum Janie alles recht war, wenn sie nur nicht nach Hause musste.«
    Ich dachte an Milos Beschreibung von Janies kahlem, unpersönlich wirkendem Zimmer und fragte: »Hatte sie irgendeine Bude, wo sie die Nacht verbringen konnte, wenn sie nicht nach Hause wollte?«
    »Nichts Festes. Manchmal hat sie bei mir übernachtet, ab und zu auch mal in einer dieser leer stehenden Wohnungen nördlich des Hollywood Boulevard. Manchmal war sie tagelang verschwunden und wollte mir hinterher nicht sagen, wo sie gewesen war. Trotzdem, am Tag nach der Party, nachdem Janie und ich auseinander gegangen waren, rief ich Bowie an. Ich verachtete diesen Dreckskerl aus ganzem Herzen, aber das war mir gleich; ich wollte nur wissen, ob mit Janie alles in Ordnung war. Aber es ging niemand ans Telefon.«
    »Wann sind sie und Janie auseinander gegangen?«
    »Kurz nachdem wir dort angekommen waren. Ich mochte Janie wirklich. Wir waren beide so verkorkst, das hat uns zusammengeschweißt. Ich hatte wohl von Anfang an ein

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