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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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stand nicht in dem Artikel. Eine Zeitung aus Sacramento übrigens. Ein Detective wird in L. A. ermordet, aber in den hiesigen Zeitungen findet man keine Zeile darüber.«
    »Steht in dem Artikel, wo in Watts das passiert ist?« Ich las ihm die Adresse vor.
    Keine Antwort.
    »Bist du noch da?«
    »Ja… okay, wir treffen uns in einer Stunde in Beverly Hills. Zeit für ein bisschen Kunstgenuss.«

32
    Nicholas Hansens grüner BMW stand in der gepflasterten Einfahrt seines Hauses am North Roxbury Drive. Die Straße war von Ulmen gesäumt, die ums Überleben kämpften; einige hatten den Kampf bereits aufgegeben, und ihre schwarzen Äste warfen bizarre Schattenmuster auf die blitzblanken Gehsteige. Es war still, bis auf die für Beverly Hills charakteristische Geräuschkulisse: Scharen von Gärtnern, die auf den benachbarten Anwesen das Grünzeug hegten und pflegten.
    Milo hatte seinen neuen Mietwagen, einen grauen Oldsmobile, sechs Häuser nördlich von Hansens vanillefarbener Hazienda geparkt. Als ich den Motor abstellte, stand er schon an meinem Fenster.
    »Du hast ein neues Auto«, bemerkte ich.
    »Öfter mal was Neues.« Sein Gesicht war bleich und verschwitzt.
    »Irgendein besonderer Grund, weshalb du gewechselt hast?«
    »Mit Hansen Kontakt aufzunehmen ist ein Risiko, und vielleicht ist es ziemlich unklug. Wenn er noch mit den anderen in Verbindung steht, geht die ganze Sache hoch. Wenn nicht, dann kommt vielleicht gar nichts dabei raus.«
    »Aber du willst es trotzdem durchziehen.«
    Er angelte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Die Alternative ist, gar nichts zu tun. Und wer sagt denn, dass ich klug bin?«
    Als wir vor Hansens Haus standen, musterte er den BMW mit finsterer Miene und warf einen Blick durch eines der Wagenfenster. »Sauber. Tadellos gepflegt.« Dann ging er auf die Tür zu und drückte heftig auf den Klingelknopf. Er sah aus, als hätte er am liebsten irgendetwas kaputtgeschlagen.
    Nicholas Hansen öffnete die Tür. Er trug einen verblichenen schwarzen Jogginganzug und weiße Nike-Turnschuhe und sah uns geistesabwesend an. Die braunen und roten Farbflecke an seinen Fingern waren der einzige Hinweis auf seine Tätigkeit. Er war groß und hager mit einem merkwürdig fleischigen Gesicht, und er wirkte eher wie fünfzig als wie vierzig. Weicher Hals, schlickfarbene Augen, die an einen Basset erinnerten, fahle Lippen, umringt von kleinen Falten, kahler, von bläulichen Venen überzogener Schädel mit einer Tonsur aus beigefarbenem Flaum. Er hatte die gebeugte Haltung eines Mannes, den die Midlife-Crisis drückt. Ich hätte auf einen überarbeiteten Rechtsanwalt getippt, der seinen freien Tag hatte.
    Milo zeigte seine Dienstmarke vor, und in Hansens trüben Augen regte sich Leben. Aber seine Stimme war leise und vernuschelt. »Polizei? Weswegen?«
    Ich stand hinter Milo, aber nicht so weit, dass mir Hansens Alkoholfahne entgangen wäre.
    Milo sagte: »Die Highschool.« Sein Ton war barsch, er sprach Hansen nicht mit Namen an und verzichtete sogar auf das polizeiübliche, herablassende »Sir«.
    »Highschool?« Hansen blinzelte, und die mit Farbe verschmierten Finger der einen Hand spreizten sich über seinem kahlen Schädel, als ob ihn ein Migräneanfall plagte.
    »Die King's Men«, sagte Milo.
    Hansen ließ die Hand sinken, rieb die Finger aneinander, wobei sich ein wenig Farbe löste; dann musterte er seine Fingernägel. »Ich verstehe nicht, was Sie wollen. Ich bin bei der Arbeit.«
    Milo sagte: »Es ist wichtig.« Er hielt Hansen die Dienstmarke noch dichter vor die Nase, und der Maler trat einen Schritt zurück.
    »Die King's Men?«, wiederholte Hansen. »Das ist sehr lange her.«
    Milo besetzte den Platz, den Hansen geräumt hatte. »Wer die Vergangenheit vergisst, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen, oder so ähnlich.«
    Hansens Hand ruderte noch ein wenig in der Luft herum, dann landete sie am Türpfosten. Er schüttelte den Kopf. »Ich kann Ihnen nicht folgen, meine Herren.« Sein Atem hatte mindesten dreiundvierzig Prozent Alkohol, und seine Nase war ein Relief von geplatzten Äderchen.
    »Ich erklär's Ihnen gerne genauer«, sagte Milo. Er drehte das Handgelenk so, dass die Dienstmarke die Sonnenstrahlen reflektierte. »Sie wollen sich doch nicht hier draußen mit uns unterhalten, wo uns jeder sehen kann, oder?«
    Hansen wich noch ein Stück zurück. Milo überragte Hansen nur um zwei oder drei Zentimeter, aber irgendetwas an seiner

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