Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
dass ich mir sogar Gedanken über Berts angegriffenen Geisteszustand gemacht hatte. Und Bert hatte mich in meinen Befürchtungen noch bestätigt: Man fällt zurück in frühere Stadien. Und verliert das Gespür für das, was angemessen ist. Verzeihen Sie mir. Es gibt nichts zu verzeihen Machen Sie sich keine Sorgen um mich, mein Sohn. Ich erinnerte mich daran, wie er sich die Tränen abgewischt hatte. Und dann noch einmal sagte:
    Bitte verzeihen Sie mir.
    Ist alles in Ordnung, Bert? Alles ist so, wie es sein soll.
    Hatte er meine Vergebung gesucht, weil er wusste, dass er mich angelogen hatte? Musste er Schwinn schützen, weil er an seine ärztliche Schweigepflicht gebunden war?
    Aber Schwinn lag seit sieben Monaten unter der Erde, und alle eventuellen Verpflichtungen hatten mit seinem Tod geendet. Vielleicht legte Bert strengere Maßstäbe an.
    Oder vielleicht schützte er einen lebenden Patienten.
    Bei einer Suchttherapie, bei der Art von intensiver Behandlung, die Bert einem Langzeitabhängigen wie Schwinn verordnet hätte, wurde die Familie immer mit einbezogen. Und außer Marge hatte Schwinn keine Familie mehr gehabt.
    Deckte Bert also Marge? Abwegig war das nicht. Ich rief mir mein Gespräch mit Bert ins Gedächtnis und suchte nach Anhaltspunkten, die meine Theorie stützen könnten. Bald wurde ich fündig: Bert hatte meine Vermutung, Marge könne das Mordalbum geschickt haben, konsequent abgeschmettert.
    Weil er sie schützen wollte, oder weil er selbst der Mittelsmann war? Ein Arzt, der den letzten Wunsch seines Patienten erfüllte?
    Angenommen, der Mord an Janie hätte Schwinn keine Ruhe gelassen, hätte die Zufriedenheit zu untergraben gedroht, die er so spät im Leben noch gefunden hatte, so dass er sich gezwungen sah, die Glut nach all den Jahren wieder zu schüren. Denn auch wenn das Department ihn gefeuert hatte und sein Leben sich von außen besehen radikal verändert hatte, den hartnäckigen Spürinstinkt des alten Kriminalers hatten sie Pierce Schwinn nie austreiben können.
    Janies Fall war nicht nur ein »kalter« Fall, es war auch Schwinns letzter Fall gewesen. Eine massive Überdosis von offenen Fragen. Vielleicht hatte Schwinn den ungelösten Mordfall mit seinem Zusammenbruch in Verbindung gebracht.
    Bert hätte ihm dabei sicher gerne geholfen.
    Je länger ich darüber nachdachte, desto logischer erschien es mir. Schwinn hatte Vertrauen zu Bert gefasst, hatte Bert das Mordalbum gezeigt und es am Ende seinem Psychiater vermacht. Wohl wissend, dass Bert das Richtige tun würde.
    Berts Mitwirkung würde auch erklären, warum die grausige Sammlung im blauen Einband ausgerechnet mir zugeschickt worden war. Er war Milo ein paar Mal begegnet und wusste sehr wohl über die Verbindung zwischen uns Besche id. Bert hätte sich hundertprozentig darauf verlassen können, dass ich das Album an Milo weitergeben würde.
    Alle Fingerabdrücke sorgfaltig abgewischt. Das traute ich dem alten Mann durchaus zu.
    Was ich ihm nicht zutraute, war, dass er nach L. A. fahren, Ricks Porsche stehlen und den Wagen mit der Originalakte über Ingalls auf dem Vordersitz zurückstellen würde. Der Autodiebstahl zusammen mit dem Gerücht über den HIV infizierten Detective und dieser merkwürdigen Begegnung mit dem Mann, der sich Paris Bartlett nannte, all das roch doch sehr verdächtig nach den Jungs in Blau.
    Irgendjemand aus dem Department. Oder jemand, der mit dem Department zu tun hatte. Vielleicht sogar dieser Cop, über den ich spekuliert hatte und der sich eingeschaltet hatte, nachdem die Sache einmal ins Rollen gebracht worden war?
    Theorien…
    Bert hatte angerufen, nur um mir mitzuteilen, dass er die Stadt verlassen würde. Ein paar Tage zuvor hatte er noch nichts von irgendwelchen Reiseplänen gesagt.
    Und wenn er nun wegen meines Besuchs aus der Stadt floh? Bert und ich hatten schließlich nicht täglich miteinander zu tun; es gab keinen Grund, weshalb er mich über seine Pläne auf dem Laufenden halten sollte. Es sei denn, er wollte nicht dabei sein, wenn die Bombe platzte.
    Oder war es ein Ablenkungsmanöver?
    Als ich an der Abzweigung ankam, die zu meinem Grundstück führte, rauchte mir der Kopf vor lauter Spekulationen. Ich parkte den Wagen vor meinem Haus… unserem Haus. Der verdammte Kasten sah so kalt aus, so weiß… so fremd. Ich blieb im Wagen sitzen und ließ den Motor laufen. Dann wendete ich und fuhr zurück ins Glen.
    Du könntest wieder nach Hause gehen, aber wozu?
    Meine Nerven waren freiliegende

Weitere Kostenlose Bücher