Das Buch der Toten
sagen will? Gerade weil ich was mit Kunst anfangen kann, kann ich auch dich und deine Szene so gut verstehen.«
»Ich bin also ein Künstler.«
»In gewisser Weise, ja. Ohne die Leute aus deiner Szene könnte man doch die ganze Kunstwelt vergessen. Das wäre eine total beschissene Welt, Mann, komm, tu das nicht, bitte. Das ist doch dumm, wir sind be ide wertvolle Menschen, wir haben beide so vieles, wofür es sich lohnt zu leben.«
»Tatsächlich?«
»Klar«, sagte Bosc, »überleg doch nur: Es gibt so viele tolle Sachen, auf die wir beide uns noch freuen können.«
»Warum«, fragte Milo, »habe ich nur das Gefühl, dass du einen Lehrgang über Verhandlungen mit Geiselnehmern absolviert hast?«
Bosc lächelte verstört. »Du verarschst mich, aber ich meine es wirklich ernst. Na gut, das kann ich verstehen. Ich hab dich ja auch verarscht, hab dich verrückt gemacht, da hast du allen Grund, sauer zu sein. Aber eines sag ich dir: Jetzt gerade meine ich es so ernst, wie es noch nie jemand mit dir gemeint hat.«
Milo trat von der Seite an das Sofa heran und packte Bosc am T-Shirt. »Steh auf, oder ich schieße dir die Kniescheibe weg!«
Boscs Lächeln verschwand wie ein Stein in einer Gletscherspalte. »Wenn du mich da rausschleppst, schreie ich«
»Dann stirbst du eben schreiend.«
Er zerrte an Boscs T-Shirt. Bosc rappelte sich hoch, und Milo schob ihn in Richtung Tür.
Bosc sagte: »Eine s muss man dir lassen, Mann, wie du das Auto gewechselt hast, alle Achtung, ich dachte, ich kenne alle Tricks, aber du warst zu schnell für mich, das muss ich dir einfach lassen, schärfste Anerkennung. Aber da gibt's trotzdem was, was du nicht weißt.«
»Es gibt vieles, was ich nicht weiß, Craig«, sagte Milo. Er nahm an, dass der Kerl nur Zeit gewinnen wollte, noch so ein Verhandlungstrick. Wenn der Typ wüsste, dass er damit nur sinnlos Energie verpulverte. Denn am Ende würde er ihn doch laufen lassen müssen. Hatte Milo denn eine Wahl? Die Frage war nur, wo und wann. Und Bosc würde ihm seine Großmut postwendend mit Hass und einer überwältigenden Gier nach Rache danken. Angesichts von Boscs Stellung im Department war es sehr wahrscheinlich, dass er ihm ernsthaft schaden würde. Milo wüsste, dass er geliefert war.
Er steckte tief in der Scheiße, genau wie Bosc es ihm mit seinem hämischen Grinsen entgegengeschleudert hatte. Aber welche Alternativen hatte er denn gehabt? Hätte er einfach weiter hilflos über die Bühne tappen sollen, während andere oben die Fäden zogen, als Marionette aus Fleisch und Blut?
Er stieß Bosc auf die Tür zu. Bosc sagte: »Nein, ich meine etwas, was du jetzt wissen solltest. Etwas ganz Bestimmtes. In deinem eigenen Interesse.«
»Was ist es denn?«
»Du musst mich zuerst gehen lassen.«
»Aber klar doch.«
»Ich mein es ernst, Mann. Im Moment habe ich überhaupt nichts zu verlieren, also mach doch mit mir, was du willst, dann sag ich's dir eben nicht. Warum sollte ich denn meinen letzten Trumpf vergeuden? Komm schon, mach es dir und mir leichter, dann sag ich's dir, und du kannst deinem Freund aus der Patsche helfen, und dann vergessen wir beide, dass das alles überhaupt passiert ist, und sind quitt.«
»Mein Freund«, wiederholte Milo. Und dachte: Rick? Herrgott, es war doch Rick gewesen, den Bosc ursprünglich beschattet hatte, Ricks Wagen, den Bosc gestohlen hatte. Die ganzen Jahre über hatte er es geschafft, Rick aus seiner Welt herauszuhalten, und jetzt…
Er stieß Bosc den Lauf der Waffe mit aller Kraft ins Kreuz. Bosc schnappte nach Luft, doch seine Stimme war ruhig. »Dein Psychofreund Delaware. Du hast das Auto gewechselt, aber er nicht. Fährt immer noch mit diesem grünen Caddy rum. Ich habe ihm schon vor Tagen einen Satelliten-Peilsender angehängt und weiß immer haargenau, wo er gerade ist. Die Daten gehen an einen Computer, ich rufe sie ab, und schon weiß ich, wo der Sender sich gerade befindet. Und ich sag dir eines, Mann, er ist ziemlich viel rumgereist. Hat er dir eigentlich gesagt, dass er vorhatte, auf eigene Faust rumzuschnüffeln?«
»Wohin ist er gefahren?« Lange Pause.
Milo bohrte noch fester. Mit der anderen Hand hielt er Bosc im Nacken gepackt.
»Nein, Freundchen, so nicht«, keuchte Bosc. »Du kannst mir das Rückgrat zerfetzen, kannst mit mir ans tellen, was du willst, aber ich rücke meine Trumpfkarte nicht raus. Und noch was und das ist das Wichtigste: Ich bin nicht der Einzige, der weiß, wo der Typ steckt. Inzwischen wissen es auch
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