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Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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kurz darauf ist sie rausgekommen und direkt an mir vorbeigegangen - und hat mich angestarrt. Sie kann einem wirklich Angst machen, dieses Mädchen. Ich hoffe, diese Party war das letzte Mal, dass wir sie hier in der Gegend gesehen haben.«
    »Sie war auf der Party?«, fragte Milo.
    Dr. Schwartzman verschränkte die Arme vor der Brust.
    »Haben Sie mir überhaupt zugehört, junger Mann? Ich bin nicht nah genug herangekommen, um irgendetwas sehen zu können.«
    »Tut mir Leid«, sagte Milo. »Wie alt ist sie?«
    »Siebzehn oder achtzehn.«
    »Jünger als ihre Brüder.«
    »Die zwei«, sagte Schwartzman. »Die sind ja so was von arrogant.«
    »Haben Sie sonst mit den Brüdern irgendwelche Schwierigkeiten gehabt, abgesehen von den Partys?«
    »Ständig. Allein ihre Einstellung.«
    »Einstellung?«
    »Als ob ihnen die Welt gehörte«, sagte sie. »So selbstgefällig. Wenn ich nur an sie denke, macht es mich schon wütend, und das ist schlecht für meine Gesundheit. Also wende ich mich jetzt wieder meiner Kalligrafie zu. Auf Wiedersehen.«
    Bevor Milo noch eine weitere Silbe herausbringen konnte, fiel die Tür ins Schloss, und er starrte auf Teakholz. Es wäre sinnlos gewesen, sich dagegenzustemmen, Frau Doktor Schwartzman hätte ihn Wahrscheinlich beim Armdrücken mühelos geschlagen. Er ging zum Wagen zurück, setzte sich hinein und überlegte, ob irgendetwas von dem, was sie ihm erzählt hatte, wichtig war.
    Die Cossack-Brüder hatten eine fragwürdige Einstellung. Wie jedes zweite Kind reicher Eltern in L. A.
    Ihre Schwester dagegen schien aus dem Rahmen zu fallen, falls man Dr. Schwartzmans Schilderung Glauben schenken durfte. Und falls ihr Verdacht berechtigt war, was den Anschlag auf ihren Hund betraf, dann war das merkwürdige Verhalten der Cossack-Schwester etwas, worüber man sich Gedanken machen musste.
    Mit siebzehn wäre Caroline Cossack im gleichen Alter wie Janie Ingalls und Melinda Waters. Ein reiches Mädchen mit der Neigung, über die Stränge zu schlagen, und mit Zugang zu dem passenden Spielzeugen, so etwas wäre für zwei Herumtreiberinnen wie die beiden gewiss nicht uninteressant gewesen. Und sie brachte schwarze Jungs mit nach Hause. Wenn man von dem Rassismus absah, der hinter der Bemerkung stand, ließ das auf eine rebellische Haltung schließen. Ein Mädchen, das gern seine Grenzen austestete. Dope, zwei Partygirls aus Hollywood, die sich in unbekanntes Gebiet vorwagten… trotzdem, letzten Endes war es nicht mehr als ein Gerücht, und damit konnte er sich nirgendwo blicken lassen.
    Er starrte das leere Haus an, ließ die Stille von Bel Air auf sich wirken, die etwas verstaubte Eleganz eines Lebensstils, der ihm immer verschlossen bleiben würde. Er kam sich fehl am Platz vor, jeder Zoll der ahnungslose Grünschnabel. Und jetzt musste er Schwinn Bericht erstatten.
    Das ist ein ungeklärter Mordfall. Kapiert? So was wie das hier frisst dich von innen auf und scheißt dich dann in kleinen Klümpchen wieder aus… Die vorwurfsvolle Stimme dieses Dreckskerls hatte sich in seinen Kopf eingeschlichen und sich dort häuslich eingerichtet nervtötend, aber mit dem unerschütterlichen Ton der Autorität.
    Während Milo Däumchen gedreht hatte, war es Schwinn gelungen, die bislang einzige brauchbare Spur im Fall Ingalls aufzutreiben: den Tipp, der sie auf geradem Wege zu Janies Vater geführt hatte. Eine Quelle, die er nicht nennen wollte. Er hatte nicht lange um den heißen Brei herumgeredet, hatte Milo ohne Umschweife beschuldigt, für die da oben zu spionieren. Etwa, weil er wusste, dass man ihn verdächtigte? Vielleicht war das der Grund, weshalb die anderen Detectives den Kerl zu meiden schienen. Was immer da ablief, Milo steckte jedenfalls mittendrin. Aber er musste das alles vergessen und sich auf den Job konzentrieren. Nur, dass der Job, bei dem er keinen Millimeter weiterkam, ihm das Gefühl gab, ein Versager zu sein.
    Die arme Janie. Und Melinda Waters, wie standen die Chancen, sie noch lebend zu finden? Wie würde sie aussehen, wenn sie sie schließlich fanden?
    Es war fast zwölf Uhr mittags, und er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt etwas gegessen hatte. Aber er sah keinen Grund, deswegen anzuhalten. Er hatte einfach auf nichts Appetit.

10
    Als er das Revier betrat, fragte er sich, ob Schwinn inzwischen gekommen war und hoffte, dass er es nicht wäre. Er hatte noch nicht das Treppenhaus erreicht, als der Dienst habende Beamte, ohne den Kopf über den Tresen zu heben, sagte: »Sie

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