Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der Toten

Das Buch der Toten

Titel: Das Buch der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
sie dafür bezahlt wurden, es nicht zu tun.«
    »Er hat Geld dafür genommen, dass er den Mörder seines Vaters entkommen ließ? Nein, mein Freund, nicht Georgie.«
    »Er und seine Mutter hatten ernsthafte Geldsorgen. Vielleicht war mehr vonnöten als Zwanzig-Stunden-Tage und geschicktes Verhandeln, um die Firma zu retten.«
    »Nein, das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte er. »Georgie war schon immer offen und geradeheraus.«
    »Du musst es ja wissen.«
    »Ja, ich bin schließlich ein Hort der Gelehrsamkeit. Komm, wir fahren zu mir und werfen noch mal einen Blick in dieses verdammte Album.«
    Rick und Milo wohnten in einem kleinen, gepflegten Bungalow in West Hollywood, in einer ruhigen, von Ulmen beschatteten Straße, die durch den bedrohlich aussehenden blaue n Klotz des Design Centers noch mehr verdunkelt wurde. Ricks weißer Porsche stand nicht auf seinem Platz, die Jalousien waren geschlossen. Vor ein paar Jahren hatte Los Angeles eine Dürreperiode durchgemacht, und Rick hatte den Rasen umpflügen und durch Kiesbelag mit graublättrigen Wüstenpflanzen ersetzen lassen. In diesem Jahr hatte L. A. reichlich Wasser, doch die Wüstenlandschaft war geblieben, und jetzt war die bleiche Vegetation mit Wolken von winzigen gelben Blüten geschmückt.
    Ich sagte: »Die Kakteen gedeihen gut.«
    »Ja, toll«, meinte Milo. »Besonders, wenn ich im Dunkeln heimkomme und mit der Hose dran hängen bleibe.«
    »Es geht doch nichts über eine positive Weltsicht.«
    »Das ist der Kern meiner Philosophie«, entgegnete er. »Das Glas ist entweder halb leer oder kaputt.«
    Er schloss die Haustür auf, deaktivierte die Alarmanlage, hob die Post auf, die durch den Briefschlitz gefallen war, und warf sie auf den Tisch, ohne in der Bewegung innezuhalten. Die Küche übt auch in seiner eigenen Wohnung oft eine magische Anziehungskraft auf ihn aus, aber diesmal ging er gleich weiter bis zu der Ecke in der Waschküche, die ihm als Arbeitszimmer dient: ein enger, düsterer Winkel, eingeklemmt zwischen Waschtrockner und Gefrierschrank, wo es permanent nach Putzmittel riecht. Er hatte das »Büro« mit einem hässlichen, postgelb gestrichenen Metallschreibtisch, einem Klappstuhl und einer bemalten Holzlampe aus Alu in Form eines Haifischkopfes eingerichtet. Das blaue Album lag in einem großen verschließbaren Plastikbeutel auf dem obersten Bord eines Mini-Bücherregals, das über dem Schreibtisch montiert war. Er zog sich Handschuhe an, nahm das Album aus dem Beutel, blätterte zu dem Foto von Janie und betrachtete es eingehend.
    »Irgendwelche spontanen Eingebungen?«
    »Sehen wir mal, was danach kommt.«
    Nach Janie kamen nur noch drei Bilder. Drei Tatortfotos, alle drei Opfer junge Männer. Ein schwarzer Jugendlicher, zwei Latinos, alle drei ausgestreckt auf blutbeflecktem Asphalt. Das weiße Scheinwerferlicht auf den Leichen und die dunkle Umgebung zeigten an, dass die Verbrechen sich nachts ereignet hatten. Ein glänzender Revolver lag neben der Hand des letzten der drei Opfer.
    Das erste Foto trug die Unterschrift »Rivalisierende Gangs, Schüsse aus fahrendem Auto, Brooks Street, Venice; ein Toter, zwei Verletzte«. Das Nächste: »Rivalisierende Gangs, Schüsse aus fahrendem Auto, Ecke Commonwealth/Fifth, Rampart.« Und schließlich: »Rivalisierende Gangs, Schüsse aus fahrendem Auto, Central Avenue.«
    »Drei von einer Sorte«, sagte ich. »Das ist irgendwie interessant.«
    »Wieso?«
    »Bis dahin war es viel abwechslungsreicher.«
    Milo meinte: »Schießereien zwischen Gangs… Alltagskram. Vielleicht sind Schwinn die interessanten Bilder ausgegangen. Falls diese Morde nach dem an Janie begangen wurden und er schon nicht mehr beim Department war, könnte es ein Problem für ihn gewesen sein, sich Tatortfotos zu beschaffen. Weiß der Geier, wie er «an die da rangekommen ist.« Er klappte das Album zu. »Siehst du irgendeinen Zusammenhang zwischen diesen Schießereien aus fahrenden Autos und dem Mord an Janie? Ich jedenfalls nicht.«
    »Was dagegen, wenn ich's mir noch mal anschaue?«
    »Tu dir keinen Zwang an.« Er nahm noch ein Paar Handschuhe aus der Schreibtischschublade, und ich zog sie an.
    Als ich mich dem ersten Foto zuwandte, ging er um den Waschtrockner herum und in die Küche. Ich hörte das Quietschen der Kühlschranktür. »Willst du was trinken?«
    »Nein, danke.«
    Schwere Schritte. Ein Schrank wurde geöffnet. Das Geräusch von Glas auf Kacheln. »Ich seh mal die Post durch.«
    Ich nahm mir Zeit, die

Weitere Kostenlose Bücher