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Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Das Buch der Unruhe des Hilfsbuchhalters Bernardo Soares: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Zenith , Fernando Pessoa
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dich. Ich weiß nicht einmal, wann es geschah oder ob es wirklich geschah – denn vielleicht habe ich dich ja nicht einmal auf einem Bild gesehen –, und doch weiß ich mit dem ganzen Gefühl meines Verstandes: es war der friedlichste Augenblick meines Lebens.
    Du kamst, leichtfüßige Hirtin, an der Seite eines riesigen, sanftmütigen Ochsen still auf der breiten Linie der Straße daher. Ich habe euch von weitem gesehen, scheint mir, und ihr kamt auf mich zu und gingt an mir vorbei. Du schienst mich nicht wahrzunehmen. Gingst langsam, unachtsame Hüterin des großen Ochsen. Dein Blick hatte alle Erinnerung vergessen, war weite Lichtung eines Seelenlebens; dein Bewußtsein von dir hatte dich verlassen. In diesem Augenblick warst du kaum mehr als ein […]
    Als ich dich sah, erinnerte ich mich, daß die Städte sich verändern, das Land aber ewig ist. Man bezeichnet Steine und Berge als biblisch, weil sie wohl sind wie die aus biblischen Zeiten.
    Und in dieses flüchtige Bild deines namenlosen Gesichtes lege ich alles, was das Land in mir wachruft, und all der Friede, den ich nie kannte, kommt in meine Seele, wenn ich an dich denke. Dein Gang war ein leichtes Wiegen, ein vages Schwingen, auf jede deiner Gesten ließ sich ein Vogel nieder, und unsichtbare Winden umrankten deine Brust. Deine Stille – der Tag verlosch, Herdenmüdigkeit blökte und bimmelte über die bleichen Hänge der Stunde –, deine Stille war das Lied des letzten Schäfers, das, weil von Virgil in einer nie verfaßten Ekloge vergessen, für immer ungesungen blieb und für immer Silhouette auf den Feldern. Vielleicht hast du gelächelt, für dich nur, für deine Seele, hast dich selbst im Geist lächeln sehen. Doch waren deine Lippen so still wie die Linie der Berge und die von mir vergessene Bewegung deiner bäuerlichen Hände von Feldblumen umkränzt.
    Ja, ich habe dich auf einem Bild gesehen. Aber wie komme ich auf den Gedanken, daß ich dich habe näher kommen sehen und wir aneinander vorbeigingen und ich weiter meines Weges ging, mich nicht nach dir umsah, da ich dich immer noch sah und sehe? Die Zeit bleibt plötzlich stehen, um dich vorübergehen zu lassen, und ich tue dir unrecht, wenn ich versuche, dich ins Leben zu holen oder ins Lebensähnliche.

Peristyl
    In den Stunden, in denen die Landschaft eine Aureole des Lebens ist und der Traum nur ein Sich-Träumen, habe ich in der Stille meiner Unruhe, Liebste, dieses seltsame Buch errichtet wie die offenen Tore eines verlassenen Hauses.
    Um es zu schreiben, habe ich die Seelen aller Blumen gepflückt und aus den flüchtigen Augenblicken aller Gesänge aller Vögel Ewigkeit und Stillstand gewebt. Wie eine Weberin […] setzte ich mich ans Fenster meines Lebens, vergaß, daß ich dort wohnte und war, und webte Laken, um meinen Überdruß in das keusche Linnen für die Altäre meiner Stille zu hüllen […] Und ich schenke dir dieses Buch, weil ich weiß, es ist schön und unnütz. Es lehrt nichts, macht nichts glauben und nichts fühlen. Es fließt zu einem Abgrund aus Asche, die der Wind verweht und die nicht fruchtbar ist noch schädlich […] Ich habe es mit meiner Seele geschrieben und schreibend ans Schreiben gedacht, nur an mich, der ich traurig bin, und an dich, der du niemand bist.
    Und weil dieses Buch absurd ist, liebe ich es; weil es unnütz ist, möchte ich es weitergeben, an dich, dir geben …
    Bete für mich, indem du es liest, segne mich, indem du es liebst, und vergiß es, wie die Sonne heute die Sonne von gestern vergißt (und wie ich jene Frauen aus den Träumen vergesse, die ich nie zu träumen verstand).
    Turm der Stille meines Sehnens, möge dieses Buch das Mondlicht sein, das dich zu einer anderen machte in der Nacht des Alten Mysteriums!
    Fluß der schmerzlichen Unvollkommenheit, möge dieses Buch das Boot sein, das mit deinen Wassern abwärts treibt, als Traummeer zu enden.
    Landschaft der Entfremdung und Verlorenheit, möge dieses Buch dein sein wie deine Stunde und nicht begrenzt sein von dir oder der Stunde falschen Purpurs.
    *
    Flüsse, ewige Flüsse fließen unter dem Fenster meiner Stille. Stets habe ich das andere Ufer vor Augen und weiß nicht, warum ich mich nicht dorthin träume – als ein anderer und glücklich. Vielleicht, weil allein du tröstest, allein du in den Schlaf wiegst, allein du salbst und Messen liest.
    Welch weiße Messe unterbrichst du, um mir den Segen deines Erscheinens zuteil werden zu lassen? In welcher Schlangenbewegung deines

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