Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
ausgegangen.«
»Gewiss. Nun, solange ich meine Gefälligkeit bekomme, kannst du es von mir aus gern als ein Unentschieden betrachten …«
»Aber was, wenn ich sage, dass deine Forderung null und nichtig ist?«
»Das würdest du nicht, ma chère . Du bist kein Feigling.«
Ihre Augen wurden schmal, aber sie trat zurück und nickte. »Nun gut. Nenne deinen Preis.«
»Ich möchte« - er nahm ihre Hände, bevor sie es verhindern konnte, und zog sie behutsam zu sich - »eine ehrliche Antwort auf die Frage, die ich dir gleich stellen werde.«
»Keine Küsse? Keine Besichtigung meiner vis bulla ? Kein unanständiges Angebot? Sebastian, du machst mir Angst!«
Er wölbte die Finger sanft um ihr Kinn und hob es an. »Falls du enttäuscht bist, denk daran, dass du auch noch einen Preis einfordern darfst.« Er gab ihrem Kinn einen liebevollen Stups, dann ließ er es los und streichelte ihre Wange. »Ich möchte gern wissen, warum du Rockley geheiratet hast - aus familiärer Verpflichtung oder aus Liebe?«
Die Frage überraschte sie so sehr, dass sie zögerte. Dann erwiderte sie: »Es war keine Verpflichtung. Ich habe ihn geliebt.« Ihre Stimme klang rostig, und der Raum kam ihr plötzlich erdrückend vor. Warum sollte er eine solche Frage stellen? Was kümmerte es ihn?
Er drückte ihre Hände, dann gab er sie frei und blieb abwartend stehen. Sie betrachtete ihn, mit seinem weißen Hemd, das an mehreren Stellen feucht war und dessen geöffneter Kragen den Schweiß an seinem Hals und ein wenig bronzefarbenes Brusthaar zeigte. Sie hatte mehr als einmal darüber sinniert, wie sehr er sie mit dem lohfarbenen Haar, der schimmernden Haut und den bernsteinfarbenen Augen an einen goldenen Engel erinnerte. Die dunkelsten Aspekte seines Gesichts waren die schrägen Brauen, bei denen sich Wallnussbraun mit Blond und Kupfer mischte, und die Wimpern, die seine Augen umrahmten. Davon abgesehen war er ganz Bronze.
Aber ganz bestimmt kein Engel, besonders wenn er sie so ansah wie jetzt gerade... so als rechnete er damit, dass sie sich vor Lust windend jeden Moment vor seine Füße sinken lassen würde.
»Victoria?«
Sie bedachte ihn mit einem Lächeln, das sie bislang nur bei
Phillip benutzt hatte... das ihr zu eigen geworden war, nachdem sie verstanden hatte, wie das Verlangen eines Mannes funktionierte und wie eine Frau es zu ihrem Vorteil nutzen konnte. Und zu ihrem Vergnügen.
Genau dieses Lächeln schenkte sie ihm jetzt; vielleicht gab es einen Namen für die Art des Ausdrucks, aber sie kannte ihn nicht. Sie trat zu ihm, ganz nah. Sie roch Nelken und Männlichkeit und noch einen anderen Geruch, der von seiner Kleidung oder seinem Haar stammen konnte... Lorbeer... und legte ihm die Hände auf die Schultern. Sie waren breit und kraftvoll, und seine Haut glühte feucht und warm unter seinem feinen, dünnen Hemd.
Sie konnte die goldenen, kupferfarbenen und braunen Stoppeln sehen, die an seinem Kinn zu sprießen begannen, und fühlte die Erwartung in seinem Atem. Seine Augen waren halb geschlossen, aber sie merkte, dass er sie genau beobachtete. Er selbst lächelte nicht.
Victoria stellte sich auf die Zehenspitzen, legte den Mund an seinen Hals und flüsterte: »Ich möchte wissen, weshalb du so viel über Vampire weißt.«
Dann ließ sie sich wieder auf die Fersen sinken, gab seine Schultern frei, die durch die entladene Anspannung nach unten sackten, und trat zurück. Er öffnete die Augen ganz.
»Wie sehr du einen Mann doch in Versuchung führst,Victoria«, bemerkte er heiter. Doch sein Gesichtsausdruck strafte jede Belustigung Lügen. »Die Antwort auf deine Frage ist komplizierter als du denkst. Ich müsste dir wesentlich mehr erzählen, als ich zu diesem Zeitpunkt preisgeben will; aber so viel zumindest kann ich dir verraten: »Genau wie du habe ich einen geliebten Menschen an die Vampire verloren.«
»Deine Frau? Eine Geliebte?«
»Meinen Vater.«
Kapitel 14
In welchem Mrs.Withers sich doppelt gut amüsiert
V ictorias erster Eindruck von Rom verursachte ihr ein unerwartetes Frösteln. Während sie diese geschichtsträchtige Stadt aus der Ferne betrachtete, beschlich sie eine düstere Vorahnung, so als wäre ihr Anblick der Vorbote schrecklicher Ereignisse.
Aber als das Fuhrwerk, das sie und die anderen vom Hafen Ostias nach Rom befördert hatte, schließlich anhielt und sie ausstieg, war das Gefühl verschwunden - sie hätte damit gerechnet, dass die Erde unter ihren Füßen bebte an einem Ort mit einer derart
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