Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
Sie versuchte, nicht hinzusehen, als er seine zwei Kragenknöpfe aufspringen ließ und die Ärmel hochkrempelte, sodass seine karamellfarbene Haut zum Vorschein kam.
»Dort drüben ist ein gepolsterter Brustpanzer, falls du einen tragen möchtest.« Victoria nickte zu einem Haufen Schutzkleidung, die Kritanu normalerweise während ihrer Trainingseinheiten anlegen würde.
Sebastian überlegte kurz, dann sah er sie an. »Du trägst keinen?«
»Nein. Aber ich -«
»- bin ein Venator. Ja, ja, dessen bin ich mir bewusst.« Er trat in die Mitte des Raums. »Ich werde das Risiko trotzdem eingehen.« Als Victoria sich nicht von der Stelle rührte, fragte er: »Willst du dich etwa nicht mit mir messen? Oder bist du für heute mit deinem Training fertig?«
»Ich werde mich mit dir messen.« Sie sprang von der Kiste und landete mit beiden Fußsohlen auf dem Boden. »Es gibt auf diesem Schiff ansonsten wenig zu tun.«
Zwei Machetenlängen voneinander entfernt brachten sie sich in Position. Sie sahen sich an, und in seinen goldenen Augen lag ein vergnügter, herausfordernder Ausdruck.
»Wir müssen einen Preis für den Gewinner dieses Duells festsetzen.« Er grinste hinterhältig. »Du dachtest doch nicht, dass ich mir eine solche Gelegenheit entgehen lassen würde, oder?«
Es gelang Victoria nicht, ein überraschtes Auflachen zu unterdrücken. »Nein, natürlich nicht. Und ich bin mir sicher, dass dir auch schon etwas vorschwebt.«
»Eine Gefälligkeit. Der Gewinner wählt eine Gefälligkeit, die ihm der andere aus freien Stücken erweisen muss.«
Nun lachte sie richtig. »Sebastian, du bist wirklich berechenbar.«
Anstatt beleidigt zu sein, nickte er grinsend. »Selbstverständlich. Wenn sich eine günstige Gelegenheit bietet, ergreife ich sie.«
»Das bedeutet aber, dass du siegen musst, um die Gefälligkeit einzufordern.«
»Du scheinst nicht besorgt zu sein.«
»Das bin ich auch nicht.« Damit griff sie an.
Er bewegte nichts außer seinem Schwertarm, mit dem er ihre Machete geschmeidig abblockte. »Ebenso wenig wie ich.«
Für eine Weile attackierten und parierten sie, wobei sie die Füße die meiste Zeit in derselben Position beließen, während ihre Klingen klirrend aneinander entlangwetzten und sich dann wieder trennten. Victoria hielt sich zurück, um zunächst das Können ihres Gegners einzuschätzen; denn obwohl sie ihn besiegen wollte, legte sie keinen Wert darauf, den eingebildeten Tölpel, der die ihm angebotene Schutzkleidung verschmäht hatte, zu verletzen. Bestimmt war er mehr an den Umgang mit einem Degen oder einer anderen Fechtwaffe, die leichter und wendiger war, gewöhnt, aber trotzdem hielt er selbst dann noch mit ihr mit, als sie das Tempo und die Wucht ihrer Stöße und Schläge erhöhte.
Bald tänzelten sie in einer Art seltsamem Walzer durch den Lagerraum, und Victoria merkte, dass sie sich konzentrieren musste, um mit Sebastian Schritt zu halten. Er entpuppte sich als flink und einfallsreich, und sie war ihm keinesfalls überlegen. Tatsächlich begann sie sich allmählich zu fragen, wie er es nur schaffte, ihr auf diese Weise Paroli zu bieten und sie so mühelos abzuwehren. Doch dann traf sie seine Machete genau im richtigen Winkel und schlug sie ihm aus der Hand.
Noch bevor sie realisierte, dass sie gewonnen hatte, schlug er einen Salto und schnappte sich die noch immer vibrierende Machete, dann stürzte er sich mit solcher Vehemenz auf sie, dass sie nach hinten gegen eine der Kisten gedrängt wurde.
Ihre Klingen schlugen gegeneinander und verharrten in dieser Position, so als wären sie zusammengeschmiedet; sein Gesicht war dabei so nah vor ihrem, dass Victoria ein einzelnes, widerspenstiges goldenes Kupferhaar seiner Brauen sehen konnte, das sich in dem Haar verfangen hatte, welches ihm in die Stirn fiel. Ein Schweißtropfen rann ihm über die Schläfe. Sebastian grinste, und ihr zog sich der Magen zusammen.
Dann, so als hätten sie die Gedanken des anderen gelesen, bewegten sich beide gleichzeitig. In einem gefährlichen Tumult von Klingen und schleifendem Metall trafen die Macheten wieder aufeinander, verfingen sich, wurden auseinandergewuchtet, dann flog eine durch die Luft und die andere klirrte zu Boden.
Sebastian trat mit dem Fuß gegen die Waffe, die noch im Fallen war und kickte sie beiseite, bevor Victoria danach greifen konnte. »Der Sieg ist mein, meine Schöne. Ich werde nun den Preis einfordern.«
»Du hast nicht gesiegt. Das Duell ist unentschieden
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