Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
küsste sie entlang der Kinnlinie bis zu ihrem Ohr. Seine Atmung hatte sich unüberhörbar beschleunigt, und der Druck seiner Finger an ihren Schultern war stärker geworden, doch dann hörte er mit einem letzten kleinen Kuss auf ihren Mundwinkel abrupt auf. Er stemmte sich von dem Sessel, sah sie an und sagte: »Das war eine freundliche Revanche für deine kleine Vorstellung nach unserem Schwertkampf.«
Sie musste nicht erst fragen, was er meinte; ihr Herz schlug viel zu heftig, und sie fühlte sich am ganzen Körper warm und feucht.
»Ich bin jederzeit gerne bereit, so weit zu gehen, wie du das möchtest. Du musst nur eine Entscheidung treffen,Victoria. Das Einzige, was uns daran hindert, bist du.«
Sie nickte. Es war die Wahrheit. Und sie wusste noch nicht einmal, warum sie sich zurückhielt. Sie war schließlich keine Jungfrau mehr und hatte das Liebesspiel mit Phillip sehr genossen. Aber er war fort, und was blieb schon noch an Freuden für sie in diesem Leben?
»Wir sollten jetzt über die Tutela-Versammlung sprechen«, meinte Sebastian, so als hätte es den Zwischenfall nie gegeben. »Heute Abend findet eine Zusammenkunft statt, die zwar eher eine gesellschaftliche Angelegenheit ist, bei der jedoch viele Mitglieder der Tutela anwesend sein werden. Es handelt sich um keine rituelle Zeremonie; Conte Regalado, einer der prominentesten
Tutelas, veranstaltet dieses Treffen, um weitere Anhänger zu gewinnen.«
»Ich würde gerne hingehen.«
»Das war mir klar. Sie rekrutieren im Moment wie verrückt, Victoria, und ihr Bestreben, immer noch mehr Gefolgsleute um sich zu scharen, hat beinahe etwas Hysterisches, Panisches. Ich glaube, dass was auch immer Polidori durch seinen Kontakt zu ihnen erfahren hat, mit ihrem Bedarf an weiteren Mitgliedern zusammenhängt. Sie bereiten sich auf etwas vor - vermutlich auf die Aktivierung von Akvans Obelisken.
Die Versammlung heute Abend findet unter dem Vorwand statt, dass Regalado sein neuestes Porträt enthüllen will - er hält sich selbst für einen herausragenden Künstler. Es werden Tutela-Mitglieder dort sein, und sie werden nach Gelegenheiten Ausschau halten, Interessenten für ihre Sache zu gewinnen, deshalb werden dir ein paar entsprechende Worte hier oder da sicherlich zum Vorteil gereichen. Soweit ich weiß, wird er ab acht Uhr Besucher empfangen.«
»Ich nehme an, falls ich dich fragen würde, wie du an all diese Informationen gelangt bist, würdest du mir die Antwort schuldig bleiben?«
»Deine Intelligenz, Entschlossenheit und nutzlose Tugendhaftigkeit beeindrucken mich stets aufs Neue.« Er sah sie für einen langen Moment eindringlich an, und sie spürte, wie ihr eine Hitzewelle über Dekolleté, Hals und Wangen lief, als sie die unverhohlene Botschaft in seinen Augen las: Verfluchte Tugendhaftigkeit!
»Du wirst also mit mir kommen?«, fragte sie, sobald sie es schaffte, den Blick von ihm loszureißen.
»Um ehrlich zu sein, nein. Es wäre nicht ratsam, wenn ich
dort heute auftauchen würde - Dz-dz! Frag nicht warum, mein Schatz. Ein Mann muss ein paar Geheimnisse haben.«
»Ein paar Geheimnisse? Sebastian, an dir ist nichts, was nicht geheimnisvoll wäre.«
Er zog die Brauen hoch. »Tatsächlich? Und ich dachte, mein Verlangen nach dir wäre ziemlich offenkundig.«
Mit seinen unverblümten Worten kehrte die Röte in Victorias Wangen zurück. Sie hatte ihn das nie zuvor auf diese schonungslose, unverfrorene Weise aussprechen hören. Aber sie würde es einfach ignorieren. »Ich werde also allein hingehen?«
»Nein, das wäre im besten Fall ungeschickt. Ich kenne zufällig zwei junge Frauen, die Freundinnen von Conte Regalados Tochter Sarafina sind. Sie werden heute Abend teilnehmen und zeigten sich überaus erfreut, dich in ihrer Mitte zu begrüßen. Als die frisch verwitwete Mrs. Withers natürlich, die Trost sucht in ihrer Trauer um ihren Gatten. Zusammen mit ein wenig Ablenkung und vielleicht der Aussicht auf Unsterblichkeit.«
»Zwei junge Frauen?« Victoria warf ihm einen wissenden Blick zu. »Das erklärt, wo du die letzten drei Tage gesteckt hast.«
»Tut es das?« Er lächelte hintergründig, und sie stellte zu ihrer Verärgerung fest, dass sie... nun ja, verärgert war.
»Möglicherweise erfahre ich heute Abend in ihrer Gesellschaft ja ein wenig mehr über deine vielen Geheimnisse«, erwiderte sie spitzbübisch lächelnd. »Das dürfte ziemlich interessant werden.«
»Hmmm... vielleicht habe ich den Mund ja zu voll genommen.« Doch er
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