Das Buch der Vampire 02 - Schwärzeste Nacht
grinste, und seine Tigeraugen blitzten humorvoll. »Ihre Namen sind Portiera und Placidia Tarruscelli, und sie haben versprochen, dich um acht Uhr abzuholen. Offensichtlich schickt es sich nicht, bei solch einem Ereignis pünktlich zu erscheinen.«
»Ich stelle fest, dass sich die Crème de la Crème Roms nicht von der Londons unterscheidet«, bemerkte Victoria. »Nun gut, dann werde ich bereit sein, wenn sie um acht Uhr eintreffen. Ich danke dir für deine Unterstützung bei dieser Sache, Sebastian.«
Er nahm ihre Hand und hob sie zu einem für seine Verhältnisse recht züchtigen Kuss an seine Lippen. »Ich hoffe, dass du noch immer dankbar bist, wenn das alles vorüber ist.«
Portiera und Placidia Tarruscelli waren dunkeläugige, schwarzhaarige Schönheiten mit sinnlichen Figuren, und beide wiesen neben ihren üppigen, rosafarbenen Lippen ein kleines Grübchen auf; Portiera auf der linken Seite und Placidia auf der rechten. Sie waren Zwillinge.
Victoria konnte nicht umhin, sich zu fragen, wie gut Sebastian sie tatsächlich kannte.
Alles an ihnen war doppelt: ihre Roben (eine granatrot, die andere malvenfarben), ihre Pompadours (einer mit Perlen bestickt, der andere mit Jetperlen)... selbst ihre Komplimente zu Victorias frühlingsgrünem Kleid erfolgten in rascher Abfolge mit nur leichter Abweichung - der einen gefiel der Spitzenbesatz am Mieder, die andere begeisterte sich für die dreilagigen Rüschen am Saum.
Als sie ihnen während der Kutschfahrt zur Villa der Regalados gegenübersaß, hatte Victoria das Gefühl, sich mit zwei zwitschernden Katzen zu unterhalten - Katzen zwitscherten zwar nicht, aber sie bewegten sich ebenso geschmeidig und hatten denselben schläfrigen Blick wie die Schwestern, während die unaufhörlichen, von Gekicher und Quieken unterbrochenen Kommentare an das Zwitschern eines Vogels denken ließen.
Victoria sprach fließend Italienisch, die Zwillinge ihrerseits
Englisch, sodass ihre Unterhaltung zweisprachig und ungezwungen ausfiel. Und es war äußerst schwierig, ihr zu folgen.
Während der eine Zwilling eine Frage über London stellte, verfolgte der zweite einen Gedankengang zum Thema Mode und wollte andere Dinge von ihr wissen. Außerdem sprangen sie, um ihre Verwirrung noch zu steigern, in ihrem Geplapper vor und zurück, nahmen im stetigen Wechsel den Gesprächsfaden der Schwester auf, bis Victoria schließlich überhaupt nicht mehr wusste, wann sie gerade wem antwortete.
Sie war überglücklich, als sie schließlich bei der Villa ankamen.
Victoria und die Tarruscelli-Zwillinge gingen an den traditionellen, römischen Springbrunnen, die den bogenförmigen Eingang zierten, vorbei ins Innere des geräumigen Hauses, wo sie, nachdem sie angekündigt worden waren, den Ballsaal betraten.
Obwohl in einer Ecke unaufdringlich ein Streichquartett spielte, war der Saal an diesem Abend nicht zum Tanz dekoriert. Stattdessen hingen an sämtlichen Wänden Bilder, die ganz offensichtlich der Hand eines einzigen, mittelmäßigen Künstlers entstammten. Offensichtlich waren Sebastian und Victoria einer Meinung, was Regalados Können als Maler betraf.
In der Mitte einer der kurzen Wände des rechteckigen Saals befand sich eine kleine Empore, auf der während eines Balls das Orchester spielen würde, wo jedoch an diesem Abend Regalados jüngstes Werk seiner Bewunderer harrte.
Victoria hätte beinahe laut gelacht, als sie es sah. Es war tatsächlich ein Porträt, und zwar von den Tarruscelli-Zwillingen mit ihren Grübchen, die ein hübsches, blondes Mädchen im selben Alter und mit denselben Proportionen flankierten. Sie waren als die drei Parzen dargestellt, jede von ihnen in einem fließenden, griechischen Gewand, das hier eine Schulter und dort eine
recht üppige Menge Busen freiließ. Sechs Brustwarzen zeichneten sich unter ihren hauchdünnen Kleidern ab.
»Erkennen Sie mich?«, fragte neben ihr jemand in von einem starken Akzent eingefärbten Englisch.
Sie drehte sich um. »Sie müssen Signorina Regalado sein, die Tochter des Künstlers.«
»Si, und Sie müssen l’inglese sein, die Freundin, die Portiera und Placidia heute mitgebracht haben. Emmaline Withers? Ich freue mich so sehr, Sie kennen zu lernen, dass ich nicht warten konnte, bis sie uns einander vorstellen. Ich kam immediato , um mit Ihnen zu sprechen.«
Victoria suchte den Saal nach einer Fluchtmöglichkeit ab; das Letzte, was sie an diesem Abend brauchte, war noch ein albernes junges Mädchen, das sie mit Beschlag
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