Das Buch der Vampire 03 - Blutrote Dämmerung
herumtrampeln.«
»Du verblüffst mich immer wieder -«
»Victoria«, unterbrach er sie mit noch immer geduldiger, wenn auch sehr nachdrücklicher Stimme. »Der Mann ist in das
Idealbild eines weiblichen Venators verliebt. Wäre Eustacia ein paar Jahrzehnte jünger gewesen, hätte er ihr den Hof gemacht.«
»Du bist geschmacklos, Max.«
Er lachte kurz und abfällig. »Das mag sein, aber zumindest sage ich die Wahrheit.«
»Ja, aber auf abscheuliche Weise.«
»Du wärst mit einem von Viogets Sorte besser bedient als mit diesem Weichling Zavier.«
»Ich frage mich allmählich, warum du mich immerzu in Sebastians Richtung schubst. Soll das irgendeine Art von Bestrafung sein?«
»Ich schubse dich in Sebastians Richtung? Also, das würde ich nun nicht gerade behaupten.«
»Immerhin warst du derjenige, der ihn letzten Herbst gebeten hat, mich zu entführen, um mich aus dem Weg zu schaffen.« Max hatte nur allzu gut gewusst, dass sie an der Vernichtung Nedas’ beteiligt sein wollte, allerdings hatte sie nicht die leiseste Ahnung gehabt, wie riskant seine Pläne gewesen waren und wie leicht ihre Einmischung sie hätte ruinieren können. Also hatte er dafür gesorgt, dass Sebastian sie aus der Gefahrenzone brachte.
»Ein Auftrag, den er mit fast schon peinlicher Bereitwilligkeit angenommen hat - aber natürlich hatte er seine eigenen Motive, zu kooperieren. Ich bin sicher, dass er die Belohnung, die ihn anschließend erwartete, das Risiko wert fand. War die Kutsche denn bequem?«
Victorias Gesicht brannte vor Scham. Woher wusste er, dass sie Sebastian erlaubt hatte, sie in einer Kutsche zu verführen? Gott sei Dank konnte er ihre Wangen nicht sehen; sie mussten
vor Zorn und Demütigung feuerrot geworden sein. Wie konnte er es nur wagen , so etwas zu ihr zu sagen?
Glaubte er etwa, dass, nur weil sie so viel mehr gesehen und erlebt hatte als andere Frauen, ihre Gefühle weniger leicht zu verletzen waren?
»Vioget erkennt zumindest deine Fehler«, fuhr Max mit derselben ruhigen Stimme fort, so als hätte er sie nicht gerade zutiefst beleidigt. »Abgesehen davon wäre es mir verflucht egal, ob du Vioget die Eingeweide herausreißt und sie anschließend mit den Absätzen zu Brei trittst. Tatsächlich würde ich sogar applaudieren. Dieser verdammte Narr Zavier hingegen würde deine Unzulänglichkeiten noch nicht einmal dann erkennen, wenn du sie auf seinem Pflock eingraviertest. Er hat dich längst zu seiner Königin erkoren und auf ein Podest gestellt.«
»Ich verstehe noch immer nicht, weshalb du dich um meine persönlichen Angelegenheiten sorgen solltest.«
»Du missverstehst mich. Es sind nicht deine persönlichen Angelegenheiten, um die ich mich sorge. Es ist Zavier. Ich würde nur ungern miterleben, wie ein Venator wegen eines gebrochenen Herzens außer Gefecht gesetzt wird. Und du wirst es ihm brechen, wenn du so weitermachst.«
»Warum bist du dir da so sicher?«
»Er ist nicht stark genug, Victoria. Er ist ein hervorragender Vampirjäger, doch verfügt er nicht über das nötige Rüstzeug, um seine Gefühle zu kontrollieren. Er kann deine Fehler nicht sehen; er wird zulassen, dass du rücksichtslos mit ihm spielst. Letztendlich wird er dich mit seiner sanften Art, seiner Beharrlichkeit, dich glücklich machen zu wollen, langweilen. Und die ganze Zeit über weiß er, dass er dich an diese gefährliche Welt,
in der wir leben, verlieren könnte. Das möchte ich nicht mit ansehen müssen. Um seinetwillen. Und um der Venatoren willen.«
Victoria traten die Tränen in die Augen und nahmen ihr die Sicht auf die Party unter ihnen. Tränen des Zorns und der Trauer. Sie blinzelte, dann atmete sie tief ein, um ihr Bedürfnis zu bezähmen, sich umzudrehen und Max eine Ohrfeige auf seine aristokratische Wange zu versetzen - so wie es jene Dame der Oberschicht getan hätte, die sie nicht länger war. »Du würdest über Phillip dasselbe gesagt haben, wenn ich dir zugehört hätte.«
»Nein.« Seine Stimme war nun schärfer und ernster. »Phillip war stark genug. Er hat nur die Welt, in der du lebst, nicht verstanden. Falls er...«
Max musste den Satz nicht erst zu Ende sprechen. Victoria ließ die Vorhänge los, dann glitt sie zur Seite, weg von ihm. Sie wusste sehr gut, dass die Dinge anders verlaufen wären, wenn Phillip auch nur ein klein wenig Verständnis für ihr Leben aufgebracht hätte. Ihre Augen brannten, und ihre Kehle war so eng, als ob sie einen Ball verschluckt hätte.
»Victoria, du weißt doch
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