Das Buch der Vampire 04 - Brennendes Zwielicht
erhellte die Dunkelheit. Die hohe Gestalt von Goodwin war als Silhouette deutlich zu erkennen. Er hatte eine Pistole in der Hand. Zwei seiner Handlanger tauchten hinter ihm auf, und zusammen stürmten sie nach draußen.
Alles Zögern fiel von ihr ab – sie drehte sich um und raste davon. Mit Kugeln konnte sie es nicht aufnehmen. Das Brüllen der Männer sagte ihr, dass sie ihr folgten, und sie rannte Hals über Kopf die dunkle Straße hinunter, bog ab und gleich darauf noch einmal. Etwas verspätet fiel ihr auf, dass dies nicht gerade ein vornehmer Stadtteil war, auch bestimmt keiner, in dem sich ein Magistratsgebäude befand. Ihr Verdacht, dass der Richter genauso korrupt war wie Goodwin und sie sich heimlich treffen mussten, erhärtete sich.
Sie raste an Prostituierten und Betrunkenen vorbei und wich Fahrzeugen und Hunden aus. Victoria wurde erst langsamer, als sie in eine dunkle Straße abbog, die seltsam leer war.
Ein üppiger Halbmond stand hoch am Himmel, und es machte beinahe den Eindruck, als würde er genau in die Mitte der schmalen Straße leuchten. Sie sah immer noch alles durch einen roten Schleier, und Zorn strömte durch ihren Körper.
Und dann merkte Victoria, dass ihr Nacken unnatürlich kalt war.
Das war auch die Erklärung dafür, warum die Straße so leer schien.
Donnernde Schritte kamen hinter ihr zum Halten. Als sie sich umdrehte, sah sie Goodwin und einen seiner Männer ein paar Häuser weiter stehen. Er hob den Arm, und etwas Metallisches blitzte im Mondlicht auf.
»Bleiben Sie stehen, Madame.«
Die Kälte in ihrem Nacken hatte sich verstärkt, und sie spürte, dass sich ein Untoter näherte. Oder auch zwei.
»Wer war Ihr Bruder?«, rief sie fragend zurück und entfernte sich dabei einen Schritt. Je größer die Entfernung zwischen ihr und der Pistole … Die Kälte in ihrem Nacken wurde immer stärker. Wo waren sie?
»Frederick Goodwin, Baron Truscott.«
Ihr Blick huschte auf der Suche nach etwas, das sich als Pflock verwenden ließe, in alle Richtungen, aber sie konnte nichts entdecken. Dann spürte sie eher, als dass sie es sah, wie etwas sich bewegte … knapp außerhalb ihres Gesichtsfeldes.
»Sie erinnern sich nicht an ihn? Aber natürlich, warum sollten Sie auch? Er war ja nur einer von vielen, die Sie vernichtet haben.« Er machte einen weiteren Schritt auf sie zu, während sie ein Stück zurückwich. Es lagen vielleicht fünf Kutschenlängen zwischen ihnen, doch sie stand mitten auf einer Straße, wo sie deutlich zu sehen und völlig ungeschützt war. Eine Kugel in Kopf oder Herz würde sie genau wie jeden anderen Sterblichen umbringen.
»Ich erinnere mich an ihn.« Sie erinnerte sich wirklich an Lord Truscott – jenen Mann aus der feinen Gesellschaft, mit dem sie vor mehr als einem Jahr getanzt hatte und den sie ein paar Tage später hatte pfählen müssen. Damals war er zu einem Vampir geworden und hatte Miss Emily Colton von einer Feier weg in den dunklen Garten gelockt.
Victoria war gerade ein Antrag von Phillip gemacht worden, als sie merkte, was draußen vor sich ging, und schnell handeln musste.
Sie würde Lord Truscott keinesfalls vergessen.
»Sie haben ihn umgebracht. Nach allem, was ich getan hatte, um ihn zu beschützen.«
Die Eiseskälte in ihrem Nacken verschärfte sich, und Victoria wirbelte genau in dem Moment herum, als ein Schatten auftauchte und sich in die Gestalt eines Mannes verwandelte. Sie wehrte den Angriff des Untoten ab und rammte ihm den Kopf in den Magen, als eine Pistole abgefeuert wurde. Schon zum zweiten Mal an diesem Tag zischte eine Kugel viel zu dicht an ihrem Kopf vorbei.
Sie schleuderte den Vampir über die Schulter und fuhr herum, während sie immer noch hektisch nach etwas Ausschau hielt, das sie als Pflock benutzen konnte. Der Untote krachte auf die Erde, während sie aufschaute und sah, dass Goodwin mehreren Vampiren gegenüberstand. Es waren drei. Das machte insgesamt vier.
Der Untote vor ihr rappelte sich mit rot glühenden Augen vom Boden auf und stürzte sich wieder auf Victoria. Als sie zutrat und den Vampir am Kinn traf, sah sie, dass Goodwin gerade seine Pistole auf den Untoten abfeuerte, der ihm am nächsten stand.
Der Vampir, mit dem sie kämpfte, griff wieder an. Doch sie wehrte ihn ab und ließ ihrer rasenden Wut freien Lauf. Sie trat, boxte und stieß mit Ellbogen und Kopf zu. Als sie ihn wieder zu Boden warf, hatte er genug, rappelte sich auf und suchte das Weite.
Victoria drehte sich um und sah, dass Goodwin
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