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Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis

Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis

Titel: Das Buch der Vampire 05 - Sanfte Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen Gleason
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haben mochten, sie war stark und nicht leicht zu durchschauen.
    Nicht zum ersten Mal nahm Victoria den Verlust ihrer Tante Eustacia besonders heftig wahr, und gleichzeitig durchströmte sie Zuneigung für die weise, Gelassenheit ausstrahlende Frau. Und Erleichterung, dass es sie gab. Wayren schien das zu erkennen; sie streckte, wie sie es häufig tat, die Hand nach Victoria aus und schloss ihre Finger um ihr Handgelenk. Wie immer breitete sich dabei eine innere Ruhe in ihr aus, die dafür sorgte, dass ihre Nerven sich entspannten. Wir werden das zusammen durchstehen.
    »Was hast du in Erfahrung bringen können?«, fragte sie und entzog ihre Hand Wayrens Griff, weil sie die Frau nicht noch mehr ermüden wollte.
    »Wie du schon bemerkt hast, ist die dämonische Aktivität, die du auf dem Friedhof erlebt hast, ungewöhnlich und geht mit einer Boshaftigkeit einher, wie sie auf dieser Erde selten anzutreffen ist. Diese Dämonen sind tatsächlich gefallene Engel, Victoria. Nicht einfach nur Geschöpfe, die vom Geist des Bösen durchdrungen sind wie Akvan und andere Dämonen, denen du bereits gegenübergestanden hast. Die gefallenen Engel verfügen über viel Macht und sind nicht so einfach gestrickt wie jene vom Schlage Akvans.«
    Wayren beugte sich nach vorn und griff nach ihrem sie stets begleitenden Beutel. »Ich glaube«, erklärte sie und holte eine knisternde Pergamentrolle aus den Tiefen der Tasche hervor, »dass diese Dämonen durch das Midiversum-Portal kommen.« Sie setzte eine Brille mit viereckigen Gläsern auf und rollte das braune Pergament auf.
    »Das Midiversum-Portal?«, wiederholte Victoria. »Ein Portal... so etwas wie ein Zugang?« Sie runzelte die Stirn, und ihr Unbehagen verstärkte sich. Das war so anders als alles, was sie bisher erlebt hatte. Sie fühlte sich fast so wie damals, als sie gerade damit angefangen hatte, Jagd auf Vampire zu machen: nervös, durcheinander... und doch entschlossen. »Von wo?«
    Wayren nickte. »Ja, genau. Ein Zugang.« Sie rückte sich in ihrem Sessel zurecht, und ihre schmalen Hände unterstrichen ihre Worte, während sie fortfuhr. »Ein Zugang von der Hölle, Victoria. Diese Dämonen waren einst Engel und bewegten sich ungehindert auf Erden und im Himmel. Als sie bei Gott in Ungnade fielen und beschlossen, sich Luzifer anzuschließen, wurden sie aus dem Himmel und von der Erde verbannt und zu ihrem neuen Herrn in die Hölle geschickt. Sie können sich nicht mehr ungehindert auf dieser Erde bewegen. Nur über ganz bestimmte Wege — oder durch Portale — können sie auf die Erde gelangen. Die Zugänge waren jahrtausendelang versiegelt, doch es scheint, als wären sie wieder geöffnet worden. Oder zumindest das Siegel gebrochen.«
    »Gefallene Engel«, wiederholte Victoria. »Warum sollten sie dir etwas antun wollen?« Doch schon während sie sprach, lief ihr ein Schauer über den Rücken.
    »Weil sie mich kennen. Weil sie wissen, dass ich hier bin, um dir zu helfen. Und weil ich sie vor unzähligen Äonen kannte.« Sie nickte, als Victoria sie fragend anschaute. »Weil sie fielen... und ich nicht.«
    Weil sie nicht gefallen war... ?
    Ein heftiges Kribbeln erfasste Victoria, als sie Wayren anschaute und sich des Schrecks und der plötzlichen Erkenntnis bewusst wurde, die auf ihrem Gesicht zu sehen sein mussten. Diese schlichte Aussage sagte so viel über die Frau, die völlig alterslos schien. Die überall sein konnte, wo sie gebraucht wurde und wo sie sein wollte. Die so vieles über alles wusste.
    Und es erklärte, warum sie in der Lage war, so verdammt viele Bücher in einem Beutel unterzubringen, der für die gewaltige Menge viel zu klein schien.
    Absurderweise fragte Victoria sich als Erstes, warum ein Engel eigentlich eine Lesebrille brauchte.
    Wayren lächelte sie nur an, als wüsste sie, was sie dachte, und erklärte: »Auch wir sind nicht vollkommen.«
    In dem Moment öffnete sich die Tür zum Salon, und Max kam herein. Unwillkürlich bemerkte sie die Erschöpfung, die aus seinen Bewegungen sprach, und Anspannung, die auf seinem Gesicht lag. Ohne eine vis bulla Vampire zu jagen forderte einen hohen Tribut.
    Sie fragte sich, ob er wohl wusste, dass Wayren ein Engel war; dann wurde ihr klar, dass er es natürlich wusste. Es schien so, als hätte Max von allem Kenntnis.
    Wahrscheinlich nahm er an, dass sie es auch wusste.
    Max warf ihr einen kurzen Blick zu, sagte aber nichts. Stattdessen setzte er sich gleich neben den Schrank, in dem die Gardella-Bibel lag.

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