Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Muru erklärt wird als »ein Name der urweltlichen Nacht, personifiziert in Gewerlum oder Gungliont«. 32
Der frühen Geschichte mangelt eindeutig die erzählerische Qualität, mit der im Silmarillion der Abstieg Melkors und Ungoliants vom Berg Hyarmentir in die Ebene von Valinor beschrieben wird; und dort fand zu dieser Zeit auch gerade das große Fest der Valar und Eldar statt, das hier längst vorbei ist. Im Silmarillion erfolgte der Angriff auf die Bäume zur Zeit der »Vermischung der Lichter« (S. 88), wogegen hier Silpion in voller Blüte war; und im Detail ist die Beschreibung der Zerstörung der Bäume, bedingt durch die Anwesenheit des Gnomen Daurin, ganz anders ausgeführt (er verschwand später spurlos). So wird in der alten Geschichte nicht ausdrücklich gesagt, dass Ungoliont das Licht Silpions trank, sondern nur dass der Baum durch das Gift an Daurins Schwert starb, mit dem Melko den Stamm durchbohrte; und im Silmarillion (S. 88) begab sich Ungoliant »zu Vardas Brunnen und trank sie leer«. Es ist verwirrend, dassder Gnom zuerst Feanor hieß. Es könnte scheinen, dass mein Vater zumindest eine Zeitlang vorhatte, dass Feanor in der Geschichte der Noldoli in den Großen Landen keine Rolle spielen sollte; doch in den Entwürfen für eine spätere Geschichte (S. 381f.) starb er in Mithrim. In dieser Passage taucht erstmals miruvor auf, in einer frühen Quenya-Wörterliste erklärt als »Nektar, Getränk der Valar«; man vergleiche damit The Road Goes Ever On, S. 61, wo es heißt, dies sei der Name, den die Valar dem Getränk gaben, das bei ihren Festen getrunken wurde, vergleichbar dem Nektar der Götter des Olymps.
Der wichtigste Unterschied zwischen den beiden Erzählungen besteht darin, dass Ungoliont umgehend zu ihrer Behausung im Süden zurückkehrte; es fehlt also in der Erzählung der Verschollenen Geschichten die gesamte aus dem Silmarillion (S. 92f.) bekannte Geschichte: der »Streit der Diebe«, die Rettung Melkors durch die Balrogs und Ungoliants Eindringen nach Nan Dungortheb; die Auslieferung der Gemmen der Noldoli an Ungoliont findet in der frühen Version bei ihrem ersten Zusammentreffen mit Melko statt – im Silmarillion besaß er sie zu dieser Zeit nicht, denn der Angriff auf Formenos hatte noch nicht stattgefunden.
VIII. DIE GESCHICHTE VON SONNE UND MOND
D er Geschichte von Sonne und Mond geht ein Vorspiel (so wird es im Manuskript genannt) voraus, in dem ein gewisser Gilfanon von Tavrobel als Gast in Mar Vanwa Tyaliéva erscheint. Dieses Vorspiel existiert auch in einer verworfenen früheren Fassung.
Der Text selbst ist im Manuskript zum größten Teil mit Tinte über einen ursprünglich mit Bleistift geschriebenen und ausradierten Text geschrieben, doch gegen Ende wird es ein mit Tinte geschriebenes Originalmanuskript (vgl. Anmerkung 19); der Entwurf mit Bleistift ist in einem anderen Buch erhalten.
Die Geschichte von Sonne und Mond ist sehr lang, und ich habe sie stellenweise gekürzt, ohne eine wichtige Einzelheit wegzulassen. (In einer Notiz meines Vaters zu dieser Erzählung heißt es, sie bedürfe »gründlicher Überarbeitung, Kürzung und [Neuformung?]«.)
Gilfanon a·Davrobel
Nun muss man nicht denken, dass angesichts so vieler Geschichten, die er über die mannigfachen Leiden der Elben erzählen hörte, Eriols Verlangen nach limpe geringer geworden wäre, denn so war es nicht, und immer, wenn die Gesellschaft um das Feuer der Geschichten beisammensaß, war er ein emsiger Fragensteller, der alles über das Volk zu erfahren suchte, bis weit zurück in jene Tage, da die Elbenvölker wieder gemeinsam auf der Insel wohnten.
Da er nun einiges über die Pracht ihrer alten Heimat und über den Glanz der Götter wusste, grübelte er oft über die Ankunft der Tage des Sonnenlichts und des Mondscheins nach und über die Taten der Elben in der weiten Welt und ihre Abenteuer mit den Menschen, bevor Melko ihre Entfremdung ins Werk setzte. Darum sagte er eines Nachts, als man am Feuer der Geschichten saß: »Woher, o Lindo, stammen Sonne und Mond? Denn bis jetzt habe ich nur von den Zwei Bäumen und ihrem traurigen Verwelken gehört, doch von der Ankunft der Menschen oder von den Taten der Elben außerhalb von Valinor hat mir niemand etwas erzählt.«
Nun hatte es sich an jenem Abend so gefügt, dass an ihrer Tafel und am Feuer der Geschichten ein Gast zugegen war. Und sein Name war Gilfanon, und alle nannten ihn außerdem Gilfanon a·Davrobel, 1 denn er kam aus jener Gegend der
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