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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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den Weg zu den Hallen Melkos, doch sie kamen nur langsam vorwärts, weil Beren sich in der Enge und Hitze des Katzenfells sehr unbehaglich fühlte, und Tinúviels Herz wurde eine Zeitlang leichter, als es seit langem gewesen war, und sie streichelte Beren oder zog ihn am Schwanz, und Beren wurde wütend, weil er ihn nicht so wild peitschen konnte, wie sie wünschte. Endlich jedoch näherten sie sich Angamandi, denn sie hörten deutlich das Poltern und tiefe Rollen, den gewaltigen Klang der Hammerschläge von zehntausend Schmieden, die unaufhörlich arbeiteten. Nahe waren sie den traurigen Verliesen, wo die Noldoli unter der Knute der Orks und Kobolde aus den Bergen bittere Sklavenarbeit verrichteten, und hier waren Trübsal und Düsternis so groß, dass ihr Mut sank, doch Tinúviel hüllte sich wieder in ihr dunkles Gewand aus tiefem Schlaf. Die Tore von Angamandi waren nur aus Eisen, hässlich geschmiedet und mit Messern und Dornen bewehrt, und davor lag der größte Wolf, den die Welt je gesehen hat, nämlich Karkaras Messerrachen, dem Schlaf fremd war; und Karkaras knurrte, als er Tinúviel näher kommen sah, doch die Katze beachtete er nicht, denn Katzen bedeuteten ihm wenig und gingen jederzeit ein und aus.
    ›Knurre nicht, o Karkaras‹, sagte sie, ›denn ich bin auf dem Wege zu meinem Gebieter Melko, und dieser Gefolgsmann Tevildos begleitet mich.‹ Ihr dunkles Gewand verhüllte nun all ihre schimmernde Schönheit, und Karkaras war kaum beunruhigt, kam aber dennoch näher, um ihren Geruch zu schnüffeln, und den lieblichen Duft der Eldar vermochte selbst diese Verhüllung nicht zu verbergen. Darum begann Tinúviel sogleich einen Zaubertanz, und sie streifte mit den schwarzen Falten ihres Gewandes seine Augen, so dass Schläfrigkeit seine Beineschwer werden ließ, er sich ausstreckte und einschlief. Tinúviel jedoch hörte nicht eher auf zu tanzen, bis er von tiefem Traum umfangen war, von großen Jagden in den Wäldern von Hisilóme, als er noch ein Welpe war; und dann traten Beren und Tinúviel durch das schwarze Portal, und viele schattige und gewundene Gänge hinunterstolpernd gelangten sie schließlich tatsächlich vor das Angesicht Melkos.
    In der Düsternis konnte Beren sehr wohl als ein wirklicher Vasall Tevildos gelten; außerdem war Oikeroi früher des Öfteren in den Hallen Melkos gewesen, so dass niemand ihn beachtete, und er schlüpfte ungesehen unter den Sitz des Ainu, doch die Nattern und ekelhaften Kreaturen, die dort lagen, erfüllten ihn mit großer Angst, so dass er sich nicht zu rühren wagte.
    Dies alles nun hatte sich höchst glücklich gefügt, denn wäre Tevildo bei Melko gewesen, wäre ihr falsches Spiel entdeckt worden – und an diese Gefahr hatten sie tatsächlich gedacht, da sie nicht wissen konnten, dass Tevildo in diesem Augenblick in seinen Hallen saß und nicht wusste, was er tun sollte, wenn seine Niederlage in Angamandi ruchbar würde; doch nun gewahrte Melko Tinúviel und sagte: ›Wer bist du, die du wie eine Fledermaus in meine Hallen flatterst? Wie bist du hereingekommen? Denn es ist gewiss, dass du nicht hierher gehörst.‹
    ›Nein, ich gehöre noch nicht hierher‹, gab Tinúviel zur Antwort, ›vielleicht aber später, wenn es dir beliebt, Melko, mein Gebieter. Wisse denn, dass ich Tinúviel bin, die Tochter von Tinwelint, dem Verbannten, der mich aus seinen Hallen verjagt hat, weil er ein anmaßender Elb ist und ich meine Liebe nicht seinem Befehl unterwerfen will.‹
    Melko war nun in Wahrheit erstaunt, dass die Tochter Tinwelints aus freiem Willen in seine Behausung, das schreckliche Angamandi, kam, und da er etwas Unangenehmes argwöhnte, fragte er, was sie wünsche. ›Wisse du denn‹, sagte er, ›dass eshier für deinen Vater und sein Volk keine Liebe gibt, und du brauchst nicht auf freundliche Worte oder Begeisterung von meiner Seite zu hoffen.‹
    ›Das sagte auch mein Vater‹, erwiderte sie, ›doch warum sollte ich ihm glauben? Seht, ich verstehe mich auf die Kunst elfenhafter Tänze, und ich möchte nun vor dir tanzen, mein Gebieter, denn dann, glaube ich, wirst du mir bereitwillig einen bescheidenen Winkel in deinen Hallen gewähren, wo ich leben und auf solche Zeiten harren kann, da du die kleine Tänzerin Tinúviel rufst, damit sie die Bürde deiner Sorgen erleichtere.‹
    ›Nein‹, sagte Melko, ›solche Dinge bedeuten mir wenig; doch wenn du von so weit gekommen bist, um zu tanzen, so tanze, und nachher werden wir weitersehen.‹ Und bei

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