Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
gewesen. Doch ist das keine Schande, denn es war immer seine Aufgabe, sich bis zuletzt zu schonen und den König zu verteidigen.
Aber jetzt haben die Männer Melkos ihre Streitkräfte vereinigt, und sieben Feuerdrachen rücken an, umgeben von Orks und geritten von Balrogs, und sie kommen von Norden, Osten und Westen zum Platz des Königs. Da gab es an den Barrikaden ein Gemetzel, und Tuor und Egalmoth gingen von einer Sperre zur nächsten, und Ecthelion lag bei der Quelle; und dieser Widerstand war der hartnäckigste und mannhafteste, und seiner wird gedacht in allen Liedern und in jeder Geschichte. Doch nach langem Kampf durchbrach zuletzt ein Drache die Barrikade im Norden – und dort hatte früher die Allee der Rosen begonnen, ein lieblicher Ort zum Schauen und Spazieren, doch nun ist dort nur noch eine Schneise aus Schwärze, erfüllt von Getöse.
Tuor stand dort, versperrte dem Untier den Weg, doch er war getrennt von Egalmoth, und die Feinde drängten ihn zurück bis zur Mitte des Platzes in die Nähe der Quelle. Dort wurde ihm schwach von der würgenden Hitze, und er wurde von einem großen Dämon niedergeschlagen, von Gothmog selbst, dem Fürsten der Balrogs und Sohn Melkos. Doch hört! Ecthelion, das Antlitz bleich wie grauer Stahl, der Schildarm schlaff, stellte mit gespreizten Beinen sich über ihn, als Tuor fiel; und der Gnom stach auf den Dämon ein, doch er traf ihn nicht tödlich, sondern wurde selbst am Schwertarm verwundet, so dass seine Waffe ihm aus der Hand glitt. Da sprang Ecthelion, Herr der Quelle, schönster der Noldoli, Gothmog mit seinem ganzen Gewicht an, gerade als dieser mit seiner Peitsche ausholte, und Ecthelions Helm trug einen Sporn, und diesen rammte er dem Untier in die Brust und umschlang mit seinen Beinen die Lenden des Feindes; und der Balrog schrie gellend und fiel nach vorn; doch alle beide stürzten sie in das Becken der königlichen Quelle. Dort fand diese Kreatur ihre verdiente Strafe; und Ecthelion sank, gezogen vom Gewichtdes Stahls, in die Tiefe, und so hauchte der Herr der Quellen nach einem feurigen Kampf im kühlen Wasser seine Seele aus. 30
Tuor nun hatte sich erhoben, als Ecthelions Angriff ihm Zeit gab, und als er diese große Tat sah, weinte er aus Liebe zu diesem schönen Gnomen von der Quelle, doch im Nu wieder ins Gefecht verwickelt, konnte er sich mit knapper Not den Weg zu den Kämpfern am Palast bahnen. Dort gingen nun, als sie den Feind wanken sahen, den ob des Falls von Gothmog, dem Marschall der Heere, Angst ergriff, die Streiter des königlichen Hauses zum Angriff über, und mit ihnen kam der König in seinem Glanz herab und kämpfte mit ihnen, so dass sie einen großen Teil des Platzes zurückgewannen und sogar zwei von den Balrogs erschlugen, was in der Tat von großem Heldenmut zeugt; doch Größres noch vollbrachten sie: Trotz seiner Flammen schlossen sie einen der Feuerdrachen ein und zwangen ihn bis in die Wasser der Quelle, dass er darin zugrunde ging. Dies nun war das Ende dieses reinen Wassers; und seine Weiher verwandelten sich in Dampf, und sein Springquell versiegte und stieg nie mehr in den Himmel, sondern stattdessen erhob sich eine riesige Säule aus Dampf gen Himmel, und dessen Wolke zog über das ganze Land.
Da befiel alle Furcht ob des bösen Schicksals der Quelle, und der Platz füllte sich mit Schwaden glühender Hitze und blendenden Nebeln, und die Streiter des königlichen Hauses kamen um, getötet von der Hitze, einem Feind, einem Drachen oder einem Waffenbruder; doch eine Abteilung rettete den König, und unter den Bäumen Glingol und Bansil scharten sich die Männer zusammen.
Da sagte der König: ›Tief ist der Fall von Gondolin‹, und ein Schauder überlief die Männer, denn so lauteten die Worte von Amnon, dem Propheten von einst; 31 doch Tuor, von Liebe undMitleid für den König erfüllt, sprach stürmische Worte und rief: ›Noch steht Gondolin, und Ulmo wird es nicht untergehen lassen!‹ In diesem Augenblick standen nun beide, Tuor bei den Bäumen und der König auf der Treppe, ebenso da wie damals, als Tuor Ulmos Botschaft überbracht hatte. Aber Turgon sagte: ›Unheil habe ich über die Blumen der Ebene gebracht, Ulmo zum Trotz, und nun lässt er sie im Feuer vergehen. Hört! Keine Hoffnung ist mehr in meinem Herzen für meine Stadt der Lieblichkeit, aber die Kinder der Noldoli sollen nicht auf ewig besiegt sein.‹
Da schlugen die Gondothlim an ihre Waffen, denn viele standen in der Nähe, doch Turgon sagte:
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