Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Schatzes hinge- wiesen – »Nun sind solch gewaltige Haufen Goldes seitdem nie mehr an einem Platz beisammen gewesen«, S. 339 –, der so riesig ist, dass es schwer zu glauben ist, dass eine Bande von Gesetzlosen ihn zu Tinwelints Hallen transportieren konnte, wenngleich ein Teil davon »unterwegs verlorenging«. Das steht vielleicht ein wenig im Gegensatz zu der Beschreibung der Rodothlim und ihrer Arbeiten in der Geschichte von Turambar, wo nichts darauf schließen lässt, dass die Rodothlim Schätze aus Valinor besaßen – obgleich dieser Gedanke bei allen Umformungen dieses Teils der Geschichte erhalten blieb: Im Silmarillion (S. 129) heißt es vom Herrn von Nargothrond, »Finrod hatte mehr Schätze aus Tirion mitgebracht als alle andern Prinzen der Noldor«.
Wichtiger ist, dass die Elemente von »Zauberbann« und »Fluch« in dieser Geschichte in solchem Maße dominieren, dass man sie beinahe als die wichtigsten Handlungsträger bezeichnen kann. Der Fluch, mit dem Mîm das Gold belegte, wird an allen wichtigen Punkten der Erzählung spürbar. Rache für Mîms Tod ist einer der Beweggründe für Naugladurs Entschluss, die Elben von Artanor anzugreifen. Sein Fluch erfüllt sich in der »Fehde zwischen diesen Geschlechtern der Zwerge … die Zeitalter währte« (S. 358) – all dasverschwand später ebenso wie die ganze Geschichte von Ufedhin. Naugladur, »vom Zauber blind gemacht«, war unbesonnen in der Wahl des Weges von Artanor nach Hause; und der Fluch Mîms ist auch der Grund für Naugladurs »Stolpern« im Kampf mit Beren (S. 363). Er wird sogar überraschenderweise als Grund für die verkürzten »zweiten« Leben von Beren und Tinúviel genannt (S. 366); und schließlich spielt Mîms Zauber eine Rolle beim Angriff der Söhne Feanors auf Dior (S. 367). Auch die unheilvollen Eigenschaften des Nauglafring sind ein wichtiges Element, denn die Zwerge hatten es mit bitteren Gedanken gemacht; und in diesen Zusammenhang gehört auch der »Zauberbann des Drachen, der auf dem Golde lag« oder der »Zauber des Drachen«. In der Geschichte von Turambar heißt es nicht ausdrücklich, dass Glorund das Gold verflucht oder verzaubert hatte, doch Mîm sagt zu Úrin: »Hat nicht Glorund lange Jahre darauf gelegen, und das Unheil der Drachen Melkos lastet auf ihm, und weder Menschen noch Elben bringt es Heil« (S. 182). Es ist bedeutungsvoll, dass Gwendelin Berens Behauptung, »der Glanz und die Heiligkeit des Silmaril könnten jegliches Unheil besiegen« (S. 365), entgegenhält, der Silmaril sei entweiht, denn »er funkelte in Melkos Krone« (S. 365). Im späteren der beiden Abrisse für die Verschollenen Geschichten (vgl. dazu Teil 1, S. 180, Anmerkung 3) heißt es, dass das Nauglafring »Tinúviel krank werden ließ«. 10
Doch wenn viele der Hauptakteure dieser Geschichte auch unter einem Zauberbann stehen oder blindlings die Befehle eines geheimnisvollen Fluchs ausführen, so steht doch außer Frage, dass die Zwerge insgesamt in der ursprünglichen Konzeption unehrenhafter sind als später, anfälliger für das Böse, um ihre Ziele zu erreichen, und stärker von Habsucht erfüllt; es heißt sogar, dass die Zwerge durch die Taten Naugladurs »seit jenen Tagen für immer durch Fehde von den Elben getrennt worden und den Abkömmlingen Melkos in Freundschaft nähergerückt« seien (S. 350); und in den Abrissen für Gilfanons Geschichte (Teil 1, S. 379f.) sind die Nauglath ein bösartiges Volk und Bundesgenossen von Kobolden. In einem verworfenen Entwurf für die Geschichte vom Nauglafring (vgl. S. 212) wird dasHalsband von »Úvanimor (Nautar oder Nauglath)« angefertigt, die als »Ungeheuer, Riesen und Oger« bezeichnet werden (ebd.). Man vergleiche damit den Anhang F(I) zum Herrn der Ringe (»Die Rückkehr des Königs«, S. 461): »[Die Zwerge] sind nicht böse von Natur aus, und wenige dienten dem Feind jemals aus freien Stücken, was immer in den Geschichten der Menschen behauptet worden sein mag.«
Die Schilderung der Zwerge in dieser Geschichte ist in anderer Hinsicht von außerordentlichem Interesse. »Die Bärte der Indrafangs« sind in Tinúviels »Wachstumszauber« genannt worden (S. 36); doch hier handelt es sich um die erste Beschreibung von Zwergen in den Schriften meines Vaters, und sie sind außerordentlich scharf gezeichnet mit ihrem strengen, verschlossenen Wesen, ihrer »unliebenswürdigen« Art (Das Silmarillion, S. 127) und der Eigenschaft, sich »wunderbar auf die Metalle und Steine« zu verstehen
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