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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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treiben in den Schatten der Welt ohne Not,
    Mit gerefften Segeln und in ruderlosem Boot;
    Denn oft scheint man dort Tritte zu hören und Gesang
    Oder von einem Gong den verwehenden Klang.

    Oh, glückliche Seefahrer, die ihr euch zur langen Reise
    Zu den großen Pforten auf westlichen Ufern aufmacht,
    Wo in weiter Ferne Quellen von Gestirnen blinken
    Und, geworfen gegen die drachenköpfigen Tore der Nacht,
    Als Sternenregen funkelnd in die Tiefe sinken.
    Während ich allein dem Monde nachschau von den Klippen
    Von meinem weißwindigen Turm aus Licht,
    Säumt ihr keinen Augenblick und zögert nicht,
    Sondern fahrt, geheimste Lieder auf den Lippen,
    Durch der Meere Gefahren und durch die Schatten
    An sonnenlosen Landen vorbei zu lieblichen Matten,
    Wo Sterne an des Raumes tiefblauer Mauer
    Sich kreuzen und bersten und verwehn ohne Dauer.
    Ihr folgt Earendel durch den Westen nicht vergebens,
    Dem strahlenden Seefahrer, zu Inseln des Segens,
    Während von jenem düsteren Rand ohne Säumen
    Nur ein Wind zurückkehrt, diese kristallenen Fenster zu bewegen,
    Und zaubrisches Murmeln goldener Regen,
    Die immer fallen in diesen dämmrigen Räumen.
    In der Geschichte Die Verhüllung von Valinor (Teil 1, S. 349f.) wird erzählt, dass die Götter nach der Schaffung der Sonne planten, sie unter der Erde hindurchzuziehen, doch »sie war zu zerbrechlich und flüchtig; und bei den Versuchen der Götter in den tiefsten Wassern wurde viel von ihrem kostbaren Glanz vergossen, der entschlüpfte und als geheimnisvolle Funken in manch einer Meereshöhle erhalten blieb. Diese Funken haben viele elbische Taucher lange Zeit jenseits des äußersten Ostens gesucht, so wie es im Lied vom Schläfer im Turm der Perle besungen worden ist.«
    Viele Jahre später überarbeitete mein Vater das Gedicht, und diese Fassung folgt hier. Noch später fügte er weitere Veränderungen hinzu; damals notierte er, dass die revidierte Fassung von 1940 datiere.
    (2)
    Ich weiß ein Fenster in einem westlichen Turm,
    Das auf himmelblaue Meere geht,
    Wo aus dunklen Brunnen hinter den Sternen
    Immer eine scharfe, unirdisch kalte Brise weht.
    Es ist ein weißer Turm, auf den Dämmerinseln erbaut
    Und aus ihren immerwährenden Schatten entlassen,
    Schimmert er wie ein Haus einsamer Perlen,
    Wohin verlorene Lichter fliehen, bevor sie verblassen.

    Sein Fuß wird von Wasser umspült, das nie ruhen will.
    Dort fahrn Boote vorbei in den Westen still,
    Überhäuft und in der Dunkelheit blinkend
    Vom östlichen Feuer vieler gesammelter Funken,
    Die Taucher nach oben geschafft
    Aus Wassern der Sonne, sagenhaft.
    Manchmal hört man dort unten einer Silberharfe Schlag,
    Deren jähe Musik heftig das Herz zu rühren vermag,
    Oder wo fern die hohen, schroffen Berge verschwimmen,
    Widerhallen klar grauer Seefahrer Stimmen,
    Treibend zwischen den Schatten der Welt ohne Not
    Mit gerefften Segeln und in ruderlosem Boot,
    Ein Abschiedslied singend und einen ernsten Gesang,
    Denn weit ist das Meer und die Reise ist lang.

    Oh, glückliche Seefahrer, auf einer Reise wunderbar,
    Jenseits der grauen Inseln und vorbei an Gondobar,
    Die ihr euch zu den großen Pforten auf westlichen Ufern aufmacht,
    Wo in weiter Ferne Quellen von Gestirnen blinken
    Und, geworfen gegen die drachenköpfigen Tore der Nacht,
    Als Sternenregen funkelnd in die Tiefe sinken.
    Während ich allein dem Monde nachschau von den Klippen
    Von meinem weißwindigen Turm aus Licht,
    Säumt ihr keinen Augenblick und zögert nicht,
    Sondern fahrt mit Harfenklang und Gesang auf den Lippen
    Durch die Schattenmeere, welche die Schatten entbanden,
    Zu der Zwei Bäume letzten Landen,
    Deren Frucht und Blüte sind Sonne und Mond,
    Wo das Licht der Erde stirbt und wird und wohnt.

    Ihr folgt Earendel ohne Ruh,
    Dem leuchtenden Seefahrer nach Westen zu,
    Der die Nacht durchfuhr und seine Barke trieb
    Auf die äußeren Meere, wo ewige Finsternis blieb.
    Hier hebt sich nur zuweilen ein Wind, der weht
    Und euch dunkel begegnet auf dem Weg, den ihr geht,
    Den die Düfte unirdischer Bäume beschweren.
    Durchs Fenster nur in weiter Ferne seh ich es schimmern
    Und erspähe des goldenen Regens Flimmern,
    Der immer fällt über den äußeren Meeren.
    Die Zeile »Jenseits der grauen Inseln und vorbei an Gondobar« kann ich nicht erklären. Gondobar (»Stadt aus Stein«) war einer der sieben Namen von Gondolin (S. 173).
Anmerkungen

    1 Falasquil war der Name von Tuors Behausung an der Küste (vgl. S. 232); die Oarni werden, zusammen mit den

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