Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
Vom Netzwerk:
ihr heitres Leben in geregeltem Lauf –
    Doch das ist lange, lange her,
    Und nun hört man kein Lied, und sie säen und ernten nicht mehr;
    Und auf dieser Insel musst ich in manch einer Stadt
    Als Wanderer wohnen, der keine Heimat hat.
    2.
    Kriege großer Könige und kämpfende Heere
    Mit unzählgen Schwertern und Speeren,
    Zahlreich wie eines Weizenfelds Ähren,
    Kamen über die Großen Lande; und die Meere

    Wimmelten von Flotten; ihrer verzehrenden Feuer Wut
    Hinter den Heeren verbrannte Felder und Plätze,
    Und geplündert und zerstäubt oder zu flammender Glut
    Wurden die Städte, wo Kronen und Schätze,

    Könige und ihr Volk, ihre Mädchen und Frauen,
    Alle verschlungen wurden: Nun sind stumm diese Orte,
    Die alte Gestalt verfällt, die Türme in Stücke gehauen,
    Und kein Fuß tritt in die zertrümmerte Pforte.

    Dort starb mein Vater auf einem Feld von Blut
    Und in der belagerten Stadt meine Mutter, ich weiß nicht wie,
    Und ich, ein Gefangener, hörte des großen Meeres Flut
    Rufen und abermals rufen, bis meine Seele schrie

    Nach den dunklen Küsten im Westen, woher vor langer Zeit
    Ahnen meiner Mutter gekommen, und ich brach meine Ketten,
    Zog durch verwüstete Täler und tote Lande,
    Bis das westliche Meer meine Füße netzte,
    Bis meine Ohren ertaubten vom Säuseln
    Und Schlagen und Tosen des westlichen Meers –
    Doch das ist lange, lange her.
    Und nun kenne ich die dunklen Buchten, das unbekannte Meer,
    Die Vorgebirge im Zwielicht, die Inseln, von Nebeln schwer,
    Und aller Sunde Gefahr und die salzigen Wüsten
    Zwischen dieser Insel des Zaubers und den fernen Küsten.
    Eines der Manuskripte von Eriols Lied trägt den Vermerk »Easington 1917–18« (Easington an der Humbermündung; vgl. Carpenter, J. R. R. Tolkien. Eine Biografie, S. 119 ). Möglicherweise wurde der zweite Teil von Eriols Lied in Easington geschrieben und dem bereits vorhandenen ersten Teil (Vorspiel) hinzugefügt.
    Inhaltlich sind diese Gedichte nicht sehr ergiebig; wir erfahren, dass Eriols Vater »auf einem Felde von Blut fiel« und seine Mutter bei einer Belagerung umkam; er selbst geriet in Gefangenschaft, entfloh jedoch und kam schließlich zu den Küsten des Westlichen Meeres (woher die Vorfahren seiner Mutter stammten).
    Die Tatsache, dass der erste Teil von Eriols Lied auch einem Gedicht über Warwick und Oxford vorangestellt wurde, könnte zu der Annahme verleiten, bei der Burg mit dem großen Turm über einemFluss, von dem Eriol Veanne erzählt, handle es sich ebenfalls um Warwick. Denn es bliebe der Einwand, dass es schwierig wäre, den Angriff von Menschen aus den Bergen des Ostens auf diese Burg mit dieser Erzählung in Einklang zu bringen. Ich meine vielmehr, dass das Vorspiel aus dem Gedicht herausgelöst wurde und eine neue Bedeutung erhielt, dass die ›Vorväter‹ meines Vaters zu den ›Vorvätern‹ Eriols wurden. Zur selben Zeit, als die Struktur der Geschichte vom Seefahrer (wie wir sehen werden) von Grund auf verändert wurde, sollte der große Turm aus Eriols Heimat tatsächlich der Turm von Kortirion oder Warwick werden. Die vielschichtigen Ursprünge dieser Geschichte lassen sich deutlich an der Entwicklung dieses einen Gedichts ablesen.
    In seiner Biografie (S. 194) schrieb Humphrey Carpenter über das Leben meines Vaters nach der Rückkehr nach Oxford im Jahre 1925: »Er unternahm zahlreiche Überarbeitungen und Neufassungen der wichtigsten Geschichten des Zyklus, entschloss sich, auf den Seefahrer ›Eriol‹ zu verzichten, dem die Geschichten ursprünglich hatten erzählt werden sollen, und nannte ihn stattdessen ›Ælfwine‹ oder ›Elbenfreund‹.«
    Es ist sicher, dass Eriol (für eine gewisse Zeit) von Ælfwine verdrängt wurde. Zwar ist es möglich, dass zur Entstehungszeit der Texte, die hier zur Diskussion stehen, der Name Eriol wirklich verworfen worden war, doch in der ersten Fassung des eigentlichen »Silmarillion« (geschrieben 1926) taucht Eriol wieder auf, während es in den frühesten Annalen von Valinor (geschrieben in den 30er Jahren) heißt, diese seien in Tol Eressea übersetzt worden »von Eriol von Leithien, das ist Ælfwine von den Angelcynn«. Andererseits scheint es in Bezug auf diese frühere Periode völlig gerechtfertigt, die beiden Namen als Erscheinungsformen von zwei verschiedenen Erzählungsentwürfen zu betrachten – nämlich der »Eriol-Geschichte« und der »Ælfwine-Geschichte«.
    Danach ist »Ælfwine« mit einer neuen Konzeption verknüpft, die nach der

Weitere Kostenlose Bücher