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Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2

Titel: Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.R.R. Tolkien
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ich euch so viel gelehrt und das Geheime Feuer strahlend in euch entzündet habe) 2 eure Fähigkeiten und Kräfte daran erprobt, die Geschichte nach eurer eigenen Art und Kunst auszuführen. Ich aber will dasitzen und lauschen und froh sein, da ich mit eurer Hilfe solche Schönheit in Gesang verwandelt habe.‹
    Darauf begannen die Harfenisten, die Lautenspieler, die Flötenspieler, die Organisten und die unzähligen Chöre der Ainur Ilúvatars Thema zu einer mächtigen Musik auszugestalten. Und Klänge stiegen auf, gewaltige Melodien, immer aufs Neue wechselnd, ineinanderspielend und sich voneinander lösend, in brausenden Harmonien, kraftvoller als das Rauschen der großen Meere, bis die Wohnsitze Ilúvatars und die Gefilde der Ainur zum Überfließen mit Musik erfüllt waren, und mit dem Widerhall der Musik und wiederum dessen Widerhall, die bis in die fernen schwarzen und leeren Räume strömten. Niemals zuvor und niemals seitdem gab es eine Musik von solch unermesslicher Schönheit; obgleich es heißt, dass eine weit gewaltigere Musik, ersonnen von den Chören der Ainur und der Söhne der Menschen, sich nach dem Großen Ende zu Füßen Ilúvatars erheben wird. Dann werden Ilúvatars gewaltigste Entwürfe zu Musik werden, denn dann werden Ainur und Menschen sein Sinnen und Trachten und alle seine Absichten so gut kennen, wie es ihnen vergönnt ist.
    Nun aber saß Ilúvatar da und lauschte, und lange Zeit erschien ihm alles wohlgeraten, und kaum ein Fehl war an der Musik, und er dachte bei sich, dass die Ainur viel und gründlich gelernt hätten. Als aber das große Werk seinen Fortgang nahm, kam es Melko in den Sinn, einige seiner eigenen eitlen Hirngespinste hineinzuflechten, die mit der großen SchöpfungIlúvatars nicht im Einklang standen. Unter den Ainur nämlich war es Melko, dem Ilúvatar einige der großen Gaben an Macht, Weisheit und Kenntnis verliehen hatte; und oft begab er sich allein zu den dunklen Orten und leeren Räumen und suchte das Geheime Feuer, das Leben und Wahrheit schenkt (denn in ihm war ein glühendes Verlangen, alle Dinge in seinen Besitz zu bringen); doch er fand das Feuer nicht, denn Ilúvatar selbst hütet es, und dies erfuhr Melko erst später. 3
    Dort hatte er sich freilich in eigene tiefe und verschlagene Gedanken verloren, die er nicht einmal Ilúvatar anvertraute. Einige dieser Pläne und Wunschgedanken verwob er nun in seine Musik, und sogleich gingen Rauhheit und Missklang von ihr aus, und viele, die in seiner Nähe musizierten, wurden unsicher, ihre Musik wurde kraftlos, und ihre Gedanken blieben unklar und unvollendet, während viele andere die große Melodie des Anfangs vergaßen und in Melkos Musik einstimmten.
    So verbreiteten die Ränke Melkos immer mehr Düsternis in der Musik, denn seine Gedanken entstammten der äußeren Finsternis, wohin Ilúvatar das Licht seines Antlitzes noch nicht geschickt hatte; und weil Melkos geheime Gedanken mit der Schönheit von Ilúvatars Entwurf nichts gemein hatten, wurden dessen Harmonien gebrochen und zerstört. Doch Ilúvatar saß da und lauschte, bis die Musik eine Tiefe unvorstellbarer Düsterkeit und Hässlichkeit erreichte; da lächelte er wehmütig und hob seine linke Hand, und sogleich, wenn auch niemand genau wusste wie, erhob sich inmitten des Missgetöns eine neue Melodie, ähnlich der ersten und ihr doch wieder nicht ähnlich, und sie gewann an Stärke und süßem Wohlklang. Doch der Missklang und der Lärm, den Melko hervorgerufen hatte, bäumte sich brausend gegen sie auf, und es begann ein Kampf der Töne, ein schriller Widerstreit in der Musik, in dem nur wenig zu unterscheiden war.
    Da hob Ilúvatar seine rechte Hand, und er lächelte nicht mehr, sondern weinte. Und siehe, eine dritte Melodie, gänzlich verschieden von den anderen, erwuchs mitten aus der Wirrnis, bis es schließlich schien, als ertönten zu Füßen Ilúvatars gleichzeitig zwei Arten von Musik, und sie waren ganz uneins. Die eine war weit, tief und schön, doch durchzogen mit unstillbarem Leid, während die andere, die nun zu einer eigenen Ordnung gewachsen war, laut, eitel und überheblich, triumphierend gegen die erste schrillte, als wollte sie sie überfluten; doch immer wenn sie versuchte, ihren Widerpart aufs schrecklichste zu überrennen, wurde sie gezwungen, diesem zu willfahren oder mit ihm übereinzustimmen.
    Inmitten dieses widerhallenden Kampfes, bei dem die Hallen Ilúvatars erbebten und ein Zittern durch die dunklen Orte lief, hob Ilúvatar

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