Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Solosimpi
Teleri
In diesem Verbindungsstück scheint Rúmil anzudeuten, die »Eldar« seien von den »Gnomen« verschieden – »gleichwohl sind … die Sprache der Gnomen und das Elbische der Eldar gewisslich miteinander verwandt«; »Eldar« und »Noldoli« werden in der Prosa-Einleitung zu Kortirion unter den Bäumen (S. 47) nebeneinander genannt. An anderer Stelle wird »Elbisch« (Sprache) dem »Gnomischen« gegenübergestellt, und »Eldar« wird gebraucht, um den Gegensatz zu »Gnomisch« zu benennen. In der Tat wird in den Verschollenen Geschichten ganz deutlich gemacht, dass die Gnomen selbst Eldar waren – denn zum Beispiel waren die Noldoli die »Weisen der Eldar« (S. 106); andererseits jedoch lesen wir, dass nach der Flucht der Noldoli aus Valinor Aule »seine Liebe weiterhin den wenigen getreuen Gnomen [schenkte], die bei seinen Hallen zurückgeblieben waren, doch gab er ihnen später den Namen ›Eldar‹« (S. 287). Dies ist kein so schroffer Widerspruch, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Offenbar ergab sich der Gegensatz zwischen »Eldar« oder »Elbisch« und »Gnomisch« aus der Tatsache, dass Gnomisch eine eigenständige Sprache geworden war; und während die Gnomen mit Sicherheit Eldar waren, traf dies für ihre Sprache nicht zu. Jedoch hatten andererseits die Gnomen Kôr vor langer Zeit verlassen und wurden somit nicht als »Koreldar« und folglich nicht als »Eldar« angesehen. Das Wort Eldar hatte also eine Bedeutungsverengung erfahren, konnte jedoch jederzeit wieder in dem alten weiten Sinne benutzt werden, demzufolge die Noldoli eben auch »Eldar« waren.
Wenn das so ist, spiegelt die eingeengte Bedeutung von Eldar die Lage der Dinge wider, wie sie sich in späteren Tagen in Tol Eressea darstellte; und in der Tat sind die Noldoli in den folgenden Geschichten, welche die Zeit vor dem Aufruhr der Noldoli und ihrer Abreise von Valinor zum Gegenstand haben, eindeutig »Eldar«. Jedoch nach dem Aufruhr benutzte Aule diesen Namen weder für die in Valinor verbliebenen Noldoli noch, wie man ohne weiteres folgern darf, für diejenigen, die Valinor verlassen hatten.
Die gleiche Doppeldeutigkeit tritt in den Wörtern »Elben« und »Elbisch« zutage. Rúmil nennt die Sprache der Eldar »Elbisch«, um den Gegensatz zu »Gnomisch« zu kennzeichnen. Die Erzählerin der Geschichte von Tinúviel sagt: »Dies ist meine Geschichte, und weil sie von Gnomen handelt, bitte ich dich, Eriols Ohren mit ihrenelbischen Namen zu verschonen«; in derselben Passage werden ausdrücklich »Elben« und »Gnomen« gegenübergestellt. Jedoch werden in den Geschichten wiederum die Bezeichnungen Elben, Eldar und Eldalie abwechselnd für die drei Stämme verwendet (vgl. zum Beispiel die Beschreibung der Auseinandersetzung unter den Valar über die Heimrufung der Elben nach Valinor, S. 194ff.). Eine offenbar ähnliche Unterscheidung wird auch bei »Feensprache« gemacht. So ist Tol Eressea der Name »in der Feensprache«, wogegen die Gnomen es Dor Faidwen nennen (S. 27), doch andererseits wird Gilfanon, ein Gnom, »einer der ältesten der Feen« genannt (S. 284).
Man kann Rúmils Ausführungen entnehmen, dass der »tiefen Spaltung« der Sprachen der Elben in zwei Sprachgruppen zu dieser Zeit eine historische Grundlage verliehen wurde, die völlig von der verschieden ist, die später für diese Trennung verantwortlich gemacht wurde. Hier führt Rúmil sie zurück auf »das lange Herumwandern der Noldoli auf der Erde und die schwarzen Jahre ihrer Knechtschaft, während ihre Sippe noch in Valinor wohnte« – was später die »Verbannung der Noldor« heißen wird. Im Silmarillion (vgl. besonders S. 122, 146) brachten die Noldor die Sprache Valinors nach Mittelerde, verwendeten sie aber nicht (außer im internen Gebrauch), sondern nahmen die Sprache Beleriands an, das Sindarin der Grau-Elben, die nie in Valinor gewesen waren: Quenya und Sindarin hatten einen gemeinsamen Ursprung, doch ihre »tiefe Spaltung« war durch die langen Zeitalter der Trennung herbeigeführt worden. In den Verschollenen Geschichten bringen die Noldor die Elbensprache Valinors zwar auch mit nach Mittelerde, doch sie hielten an ihr fest, und dort veränderte sie sich von selbst und wurde ganz eigenständig. Mit anderen Worten: In der ursprünglichen Konzeption wird die »zweite Sprache« lediglich durch die Übersiedlung der Gnomen von Valinor in die Großen Lande von der Muttersprache abgespalten; später dagegen trennt sich die »zweite
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