Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Melko in die Zähne, und er und Aule rangen mit ihm, und im Handumdrehen waren die Glieder Angainos dreißigmal um ihn geschlungen.
Darauf sagte Orome: ›Ich wollte, wir würden ihn erschlagen‹ – und dies wäre in der Tat gut gewesen, aber die großen Götter dürfen nicht getötet werden. 4 Nun wurde Melko in grausamen Gewahrsam genommen, in die Knie gezwungen und musste allen seinen Vasallen befehlen, die Valar nicht zu belästigen – und, wahrlich, die meisten von ihnen, erschreckt durch die Fesselung ihres Meisters, flohen davon zu den dunkelsten Orten.
Tulkas schleifte Melko nun nach draußen vor die Tore, und dort legte Aule um seine Handgelenke je eine der Vorotemnar und um jeden Fußknöchel zwei der Ilterendi, und als tilkal mit Melko in Berührung kam, färbte es sich rot; und diese Bande sind seitdem nie von seinen Händen und Füßen gelöst worden. Dann wurde Melko, nachdem die Kette angeschmiedet worden und er so hilflos war, fortgetragen, während Tulkas und Ulmo die Tore Utumnas zerbrachen und Steinhügel darüber auftürmten. Und die Gräben und Höhlen unter der Erde sind dennoch voll von den dunklen Geistern, die an jenem Tag eingeschlossen wurden, als Melko gefangen genommen wurde, und doch gibt es viele Wege, auf denen sie von Zeit zu Zeit in die äußere Welt gelangen – durch Spalten an felsigen Küsten, wo sie mit den Stimmen der Flut schreien, durch dunkle Wasserwege, die sich unsichtbar über viele Wegstunden hinziehen, oder durch die blauen Gewölbe, dort, wo die Gletscher Melkos enden.
Nachdem sie dies vollbracht hatten, kehrten die Götter auf langen dunklen Wegen nach Valmar zurück und ließen kein Auge von Melko, den verzehrender Zorn quälte. Seine Lippewar gespalten, und ein sonderbar tückischer Ausdruck lag auf seinem Gesicht, seit Tulkas’ Schlag ihn getroffen hatte, der es wider alle Klugheit nicht hatte ertragen können, dass die Majestät Manwes sich vor dem Verfluchten verneigte.
Nun wurde ein Gericht eingesetzt, und auf den Abhängen des Taniquetil musste sich Melko, gebunden liegend vor Manwes silbernem Sessel, vor allen Vali 5 , kleinen und großen, verantworten. Osse sprach gegen ihn und Orome und Ulmo in tiefem Zorn und Vána voller Abscheu, und sie verkündeten öffentlich seine grausamen und gewaltsamen Taten; doch Makar sprach immer noch für ihn, wenn auch nicht mit Wärme, denn er sagte: ›Es wäre schlecht, wenn es für immer Frieden gäbe: Wenn man schon niemals einen Schwertstreich durch die ewige Stille Valinors hallen hört, ja, wenn man nicht einmal in der äußeren Welt Kampfestaten sieht oder Siegesjubel hört, dann wird es vollends langweilig, und was mich angeht, verlangt es mich mitnichten nach solchen Zeiten!‹ Darauf erhob sich Palúrien in Kummer und Tränen und sprach vom Gelöbnis der Erde, von der großen Schönheit ihrer Werke, von jenen Dingen, die sie so sehnlich zu schaffen wünschte; sie sprach von dem Überfluss an Blumen und Kräutern, Bäumen, Früchten und Korn, den die Erde tragen würde, hätte sie nur Frieden. ›Seid auf der Hut, o Valar‹, sprach sie, ›dass nicht die Elben und Menschen aller Tröstung ermangeln, wenn denn die Zeit gekommen ist, da sie die Erde finden.‹ Melko aber, als er die Namen der Elben und Menschen nennen hörte, wand sich wutentbrannt in seinen Ketten, ergrimmt über seine eigene Ohnmacht.
Aule pflichtete ihr nun nachdrücklich bei und nach ihm viele der Götter, doch Mandos und Lórien, die bei den Beratungen der Valar oder bei anderen Gelegenheiten ohnehin nicht viel sagten, mahnten zum Frieden; Tulkas aber erhob sich wütend aus der Mitte der Versammlung und verließ sie, denner, für den die Schuld klar zutage lag, konnte diese Gespräche nicht ertragen. Er hätte Melko lieber losgekettet, auf der Stelle allein mit ihm auf der Ebene von Valinor gekämpft und ihm als Lohn für seine Übeltaten viele schwere Schläge versetzt, anstatt Zeit mit langen Reden zu verschwenden. Gleichwohl harrte Manwe aus, hörte zu und wurde durch Palúriens Worte bewegt, doch blieb er bei seiner Meinung, dass Melko ein Ainu und durch seine übergroße Macht für die Zukunft der Welt bedeutungsvoll war, ob im Guten oder Bösen; darum verschloss er sich der Härte und fällte folgendes Urteil: Da Melko sich den Verdruss der Götter zugezogen habe, solle er drei Zeitalter lang, gefesselt durch die Kette Angaino, in einem Gewölbe Mandos’ eingekerkert werden; danach solle er in das Licht der Zwei Bäume
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