Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
und heimkehren, um die süßen Früchte Valinors zu kosten und sich unter dem Laurelin zu erquicken, dessen Tau Licht ist; und Orome wollte in die Buchenwälder auf der Ebene der großen Götter ziehen. Aber Melko, der lange Zeit gegraben hatte, weil er den Zorn der Götter fürchtete – denn er hatte sie um ihre Leuchtenbetrogen –, brach nun mit großer Gewalt hervor, denn er glaubte, die Welt sei ihm und seinesgleichen von den Göttern preisgegeben. Genau unter den Hallen Osses brachte er die Erde zum Beben, ließ sie aufreißen und seine unteren Feuer sich mit dem Meer vermischen. Dampfende Stürme und das gewaltige Tosen der entfesselten Meere brachen über die Welt herein, und die Wälder ächzten und krachten. Das Meer warf sich auf das Land, zerriss es, weite Gebiete versanken unter seinem Wüten oder wurden zu verstreuten Inseln zerschlagen und die Küsten unterhöhlt. Die Gebirge wankten, ihr Inneres schmolz, und Gestein strömte wie flüssiges Feuer an ihren aschigen Flanken herab, floss bis ans Meer, und das Getöse der großen Schlacht zwischen Feuer und Wasser an den Küsten kam dröhnend sogar durch die Berge von Valinor und übertönte den Gesang der Götter. Da erhoben sich Kémi Palúrien, die fruchtspendende Yavanna sogar und Aule, der all ihre Werke liebte und die Dinge der Welt, und sie stiegen zu den Hallen Manwes hinauf und sprachen zu ihm. Alle Schönheit, so sagten sie, werde zerstört durch die glühende Bosheit im ungezügelten Herzen Melkos, und Yavanna flehte, dass ihre Arbeit in der Dämmerung nicht vernichtet werden möge. Als sie sprachen, kam Osse dorthin, brausend wie die Flut zwischen den Klippen, denn er war erzürnt, dass sein Reich emporgehoben worden war, und er fürchtete das Missfallen seines Herrn Ulmo. Da erhob sich Manwe Súlimo, Herr der Götter und Elben, und Varda Tinwetári war an seiner Seite, und er sprach mit einer Stimme wie Donner vom Taniquetil herab, und die Götter in Valmar hörten sie, und Vefántur in Mandos erkannte sie, und Lórien wurde in Murmuran aufgeweckt.
Dann wurde zur Stunde des Zwielichts zwischen den Zwei Bäumen ein großer Rat abgehalten, und auch Ulmo kam dorthin aus den äußeren Tiefen; und aus allem, was dortgesprochen wurde, schmiedeten die Götter einen weisen Plan, der die Gedanken Ulmos einschloss, den geschickten Sinn Aules und Manwes reiches Wissen.
Seht, nun suchte sich Aule sechs Metalle – Kupfer, Silber, Zinn, Blei, Eisen und Gold –, nahm von jedem ein kleines Stück und schuf daraus mit seiner Zauberkraft ein siebtes, das er deshalb tilkal 26 nannte, und dieser Stoff hatte alle Eigenschaften der sechs und viele neue. Er war hellgrün oder rot bei wechselndem Licht, konnte nicht zerbrochen werden, und nur Aule konnte ihn schmieden. Darauf schmiedete er eine gewaltige Kette aus diesen sieben Metallen, indem er sie mit Zaubersprüchen zu einem Stoff von allergrößter Härte, Schärfe und Glätte verschmolz; aber er hatte nur so viel tilkal, um jedem Glied der Kette ein wenig davon beizufügen. Gleichwohl schmiedete er zwei Handfesseln zur Gänze aus tilkal und desgleichen vier Fußfesseln. Diese Kette erhielt den Namen Angaino, der Bedrücker, die Handfesseln wurden Vorotemnar genannt, die für immer binden, die Fußfesseln jedoch hießen Ilterendi, denn sie ließen sich weder durchfeilen noch zerhauen.
Doch es war der Wunsch der Götter, Melko mit großer Macht aufzusuchen und ihn, wenn es möglich war, zu besseren Taten zu veranlassen; doch hatten sie im Sinn, falls dies fehlschlug, ihn mit Gewalt oder List zu unterwerfen und ihm Fesseln anzulegen, aus denen es kein Entkommen geben sollte.
Während nun Aule schmiedete, legten die Götter ihre Rüstungen an, die sie von Makar hatten, und dieser freute sich, sie in Waffen zu sehen, als zögen sie in den Krieg, obgleich ihr Zorn sich gegen Melko richtete. Als nun aber die großen Götter und ihre Gefolge sich gewappnet hatten, bestieg Manweseinen blauen Streitwagen, der von den drei weißesten Pferden gezogen wurde, die in Oromes Revier umherstreiften, und in seiner Hand trug er einen großen weißen Bogen, mit dem sich ein Pfeil wie ein Windstoß über die breitesten Meere schnellen ließ. Fionwe, sein Sohn, stand hinter ihm, und voran lief sein Herold Nornore; Orome aber ritt allein auf einem kastanienbraunen Pferd und trug einen Speer, und Tulkas schritt kraftstrotzend neben seinem Steigbügel, trug einen Umhang aus Fell, einen eisernen Gürtel und außer einem eisernen
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