Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
hinweg auf immer, o Verfluchter, und wage es nimmermehr, mit Göttern oder Elben zu sprechen. Weder dein Fuß noch der eines deiner Diener soll jemals wieder den Boden Valinors berühren, solange die Welt besteht.‹ Und Sorontur suchte Melko auf, sagte ihm, was ihm aufgetragen war, und erzählte ihm auch vom Tod seines Gesandten. Da hätte Melko Sorontur am liebsten getötet, denn er war rasend vor Zorn über den Tod seines Boten; und wahrlich, diese Tat stand nicht im Einklang mit der strengen Gerechtigkeit der Götter, doch war der Zorn jener Valar in Valmar in höchstem Maße herausgefordert worden; Melko jedoch hat diese Tat den Göttern immer aufs heftigste vorgeworfen und sie zu einer Geschichte schändlichen Unrechts verdreht. Und zwischen ihm und Sorontur haben seitdem immer Hass und Krieg geherrscht, und diese waren amschlimmsten, als Sorontur und sein Volk in die Eisenberge zogen, dort hausten und alles beobachteten, was Melko tat.
Nun sucht Aule Manwe auf und spricht ermutigende Worte, sagt, dass Valmar noch immer besteht und die Berge hoch und ein sicheres Bollwerk gegen das Böse sind. ›Höre! Und wenn Melko die Welt noch einmal erschüttern sollte – ist er nicht vor Zeiten in Ketten geschmiedet worden, und kann dies nicht wieder geschehen? Doch wisse auch, Tulkas und ich werden den Durchschlupf rasch verschließen, der nach Eruman und zu den Meeren führt, damit Melko niemals mehr über diesen Weg hierhergelangen kann.‹
Doch Manwe und Aule kommen überein, bis zu der Zeit, da Melkos Unternehmungen und Behausungen bekannt seien, alle umliegenden Berge mit Wachen zu besetzen.
Dann kommt Aule, um mit Manwe über die Noldoli zu sprechen, und er bittet sehr für sie und sagt, was Manwe in Angst versetzt habe, sei kaum von ihnen verursacht worden, sondern in Wahrheit sei das Böse durch Melko allein gekommen; die Eldar dagegen seien weder Sklaven noch Diener, sondern Geschöpfe von wundersamer Sanftheit und Schönheit – sie seien für immer Gäste der Götter. Darum gebietet ihnen Manwe nun, nach Kôr zurückzukehren, und, wenn sie es wünschten, aufs Neue Gemmen und andere Dinge zu schaffen, und alles, was sie an schönen und kostbaren Stoffen für ihre Arbeit benötigten, werde ihnen noch freigebiger zuteil werden als zuvor.
Aber als Feanor von diesem Spruch erfuhr, sagte er: ›Wer aber soll uns unser fröhliches Herz wiedergeben, ohne das man keine schönen und liebenswerten Dinge schaffen kann? – und Bruithwir ist tot, und mein Herz ist es auch.‹ Trotzdem gingen viele nach Kôr zurück, und damals kehrte ein Abglanz der alten Freude zurück, wenngleich sie keine Gemmen von der altenPracht und Herrlichkeit mehr schufen, weil der Frohsinn in ihren Herzen gemindert war. Feanor jedoch lebte kummervoll mit wenigen Gefährten in Sirnúmen, und obgleich er sich Tag und Nacht abmühte, gelang es ihm auf keine Weise, Juwelen zu schaffen, die den Silmaril von einst, die Melko gestohlen hatte, gleichkamen; und auch kein anderer Handwerker hat es seitdem je vermocht. Schließlich gibt er seine Bemühungen auf und sitzt nur noch am Grabe Bruithwirs, das »Grabhügel des Ersten Leides« 30 genannt wird; und es trägt diesen Namen zu Recht, denn alles Leid war dem Tode dessen entsprungen, der dort begraben lag. Dort saß Feanor, in finstere Gedanken verloren, bis dumpfe Nebel seinen Geist trübten, und er erhob sich und ging nach Kôr. Dort sprach er zu den Gnomen, stellte ihnen ihre Kränkungen und Leiden vor Augen und ihren geminderten Reichtum und Ruhm – und forderte sie auf, diesen Kerker zu verlassen und in die Welt zu ziehen. ›Die Valar sind Feiglinge geworden; aber die Herzen der Eldar sind nicht schwach, und wir werden zurückbekommen, was uns gehört, wenn nicht durch List, dann mit Gewalt. Krieg soll sein zwischen den Kindern Ilúvatars und dem Ainu Melko. Was tut’s, wenn wir auf diesem Feldzug zugrundegehen? Die düsteren Hallen von Vê sind weniger schrecklich als dieses strahlende Gefängnis …‹ 9 Und er überredete einige von ihnen, vor Manwe hinzutreten und zu verlangen, dass den Noldoli erlaubt werde, Valinor in Frieden zu verlassen; die Götter sollten sie sicher an den Gestaden der Welt niedersetzen, von wo sie einst ihren Weg übers Meer angetreten hatten.
Da war Manwe über ihr Ansinnen betrübt und verbot den Gnomen, solche Worte in Kôr auszusprechen, falls sie wünschten, noch länger unter den anderen Elben zu wohnen; doch dann, seine Härte aufgebend, erzählte er
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