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Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Titel: Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prevost
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. Kaum hatte Sam die chinesische Kapsel auf die Sonnenscheibe gelegt, als er spürte, wie sein Blut durch die Hitzeeinwirkung geradezu verdampfte. Es war wie zehn Milliarden Nadelstiche unter der Haut. Dann, schlagartig, verfestigte sich der kochend heiße Dampf, und eine zähe, brennend heiße Masse strömte durch seine Adern. Mindestens eine Minute lang war er wie betäubt, zu schwach, um sich zu übergeben oder auch nur zu husten. Als er wieder bei vollem Bewusstsein war, lief ihm ein dünnes rotes Rinnsal aus dem Mundwinkel, und er musste mehrere Male ausspucken, um den herben Geschmack im Mund loszuwerden. Einen schönen Gruß an die Kaiserin von China! Das nächste Mal sollte Setni sich lieber nach den Nebenwirkungen seiner Spezialgerätschaften erkundigen!
    Mit vor Schmerz schreiendem Körper rappelte er sich mühsam auf, um festzustellen, dass er sich am Ufer eines Flusses befand, der sich durch einen dichten dunklen Wald schlängelte. Die Sonne drang kaum durch die dicken grauen Wolken, und ihre spärlichen Strahlen wurden noch durch das Blätterdach abgefangen, sodass das Unterholz düster und wenig einladend wirkte. Der Wald der Ents, der Baumhirten in Herr der Ringe . . . Dem Flusslauf folgend erkannte er am Horizont die hoch aufragende Silhouette von Schloss Bran, ungefähr ein bis zwei Kilometer entfernt. Gewonnen . . .
    Sam nahm die Browning an sich und spielte am Zylinderkopf, um sich selbst Mut zu machen. Er versenkte die Waffe in seiner Tasche, als ihm klar wurde, welches Risiko er eingegangen war, indem er nicht eine einzige Scheibe des Re mitgenommen hatte. Anstatt für eine sichere Rückkehr vorzusorgen, hatte er die unmittelbare Sicherheit vorgezogen, die eine Waffe ihm geben würde. Vor allem weil er davon ausgegangen war, dass die chinesische Holzkapsel die Münze mit der schwarzen Schlange schützen und er sie an seinem Zielort wiederfinden würde – nur dann ergab solch eine Kapsel ja einen Sinn. Doch das war leider nicht der Fall . . . Der Sonnenstein, halb im Schilf vergraben, war leer. Er hatte nichts mehr, was ihn zurückbringen würde! Egal, darum musste er sich später kümmern. Jetzt galt es erst einmal Allan zu finden ... Das Beste wäre sicher, möglichst unbemerkt dem Fluss zu folgen und die Mühle ausfindig zu machen. Mühlen standen doch eigentlich immer an Flussufern, oder nicht? Dann konnte er nur noch beten, dass rumänische Studenten wirklich Cracks in Geschichte waren.
    Eine Weile ging er am Fluss entlang und genoss nach der sengenden Hitze der »Reise« den angenehm kühlen Luftzug, der ihm entgegenwehte. Von Zeit zu Zeit wurde der grasüberwucherte Pfad so schmal, dass Sam gezwungen war, durch die Bäume auszuweichen, riesige dunkle Nadelbäume mit schuppigen Stämmen. Eine seltsame Stille lag über allem. Kein Laut, nicht einmal vereinzeltes Vogelgezwitscher, war zu hören. Der Wald war stumm, als wäre er vor irgendetwas auf der Hut. Misstrauen . . .
    Je näher er kam, desto furchterregender wirkte das Schloss, wie es dort auf dem Felsvorsprung hockte und seine beiden Türme, einen runden und einen eckigen, herausfordernd in den Himmel reckte. Im Vergleich zu dem Schloss seiner eigenen Zeit war die mittelalterliche Burg wesentlich schlichter und massiver. Sie hatte weniger Fenster, weniger Extragebäude und auch die Dachkonstruktionen waren weniger fantasievoll. Sie war von einer mächtigen Mauer umschlossen und sah eher nach einer uneinnehmbaren Festung aus als nach einem romantischen Märchenschloss. Mit zusammengekniffenen Augen erkannte Sam zwei oder drei Soldaten mit Helmen, die auf dem Mauerring Wache hielten. Er fühlte nach seiner Browning und beruhigte sich selbst damit, dass er auf jeden Fall von dort aus nicht zu sehen war.
    Der Fluss mündete in eine mit hohem Gras überwucherte Lichtung, aus der die ausgebrannten Ruinen einer aus Steinen errichteten Mühle aufragten. Aus dem Schaufelrad waren sämtliche Holzplanken herausgerissen worden, und auch die Überreste des Gebäudes waren in einem trostlosen Zustand: die Hälfte der Mauern war zusammengefallen, überall stachen rußgeschwärzte Balken wie abgebrochene Zahnstümpfe aus den Trümmern. Die Mühle musste schon vor langer Zeit abgebrannt sein, denn gelbliche Flechten hatten eine im Freien stehende Wand vollständig überzogen. Wenn der unterirdische Gang tatsächlich hierherführte, stand hier erst mal eine gründliche Aufräumaktion an! Sam trat unter das, was von dem früheren Dach übrig geblieben

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