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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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mal voll, mal viel, mal schmal, also wenig. Sie kannte das ja schon. Sie lehnte sich zurück ins Stroh und harrte. Er drehte den Kopf und sah durch die Luke hinaus in die Nacht. Richtete den Blick auf die Sterne, die auch über seiner fernen Heimat leuchteten. Als er zu sprechen begann, schien er zu ihnen zu sprechen, und Hedwig glaubte, in seiner Stimme ein Heimweh zittern zu hören, das er nicht zu verbergen vermochte.
    „Bei uns die Burgen sind grau. Sie zeugen von normannischer Herrschaft und dem Eisernen Ring Eduards I. aus fernen Zeiten. Auch die Häuser sind aus grauem Gestein.“ Er sah kurz zu ihr her, dann auf seine Hände in seinem Schoß. „Grün sind die Hügel Carmarthenshires, und im Osten erheben sich die Y Mynydd Du. Wollige Schafe sind wie weiße Flocken auf dem saftigen Gras unserer Wiesen.“
    Sie hatte recht gehabt. In seinen Worten schwang Heimweh. „Was sind die a maniets di?“ Sie versuchte, es so auszusprechen, wie sie es gehört hatte.
    „Berge. The Black Mountain. Schwarze Berg in Eurer Sprache.“
    „Werdet Ihr zurückkehren?“
    Er schwieg.
    Dann sagte er: „Wir schlafen.“
    Wieder lenkte er also ab. Doch täuschte sie sich oder war da noch etwas anderes? Sie betrachtete ihn. Der rechte Arm verschwand unter dem Umhang, sicher hielt er die Hand auf die Wunde gepresst. „Ist Euch nicht wohl?“, fragte sie.
    Er machte lediglich eine Kopfbewegung.
    Sie ging zu ihm, kniete sich vor ihn hin und befühlte seine Stirn. Sie war heiß.
    „Kommt“, forderte sie ihn auf und griff nach seiner freien Hand. Wie ein Kind ließ er sich führen. Nah bei der hinteren Wand, darauf hatten sie sich zuvor verständigt, war ihr eigener Lagerplatz, dort lag auch Juli. Eine Elle von ihrem Kind entfernt ließ sie sich ins Stroh gleiten und bedeutete ihm mit einer Handbewegung, sich herzulegen. Folgsam sank er nieder. Sie lag auf der linken Seite, ihm zugewandt, er blieb auf dem Rücken liegen.
    „Sorgt Euch nicht“, flüsterte sie, ohne zu wissen, woher sie die Stärke und die Zuversicht nahm. „Wir werden das überstehen.“
    Sie erwartete keine Antwort, und er sagte auch nichts.
    Nur später, kurz vor dem Einschlafen – sie hatte sich auf die rechte Seite gedreht und ihrem Kind zugewandt –, da spürte sie, wie er dichter an sie heranrückte und einen Arm über sie legte.

Vierunddreißig
    Ganz eindeutig hatte Ryss Fieber. Er schlug die Zähne aufeinander, seine Stirn und Schläfen glänzten feucht, schwarze Haarsträhnen klebten daran. Hedwig sprach ihn an, er stammelte Unverständliches in seiner Sprache.
    So konnten sie nicht weitermachen. Es war der dritte Tag nach ihrer Flucht in jener Nacht aus der Hütte – und es musste etwas geschehen!
    Hedwig war erwacht, weil Juli zu weinen begonnen hatte. Sie hatte sich beeilt, ihr die Brust zu geben, damit ihr Geschrei verstummte. Dabei hatte sie einen raschen Blick auf Ryss geworfen, der zusammengerollt in seinen Umhang gehüllt lag und ihr den Rücken zudrehte. Mattes Morgenlicht war durch die Luke gefallen, und sie hatte angenommen, er schliefe noch. Aber dann war ihr aufgefallen, dass das nicht sein konnte. Ryss war immer wach gewesen. Zudem würde er nicht derart auf seiner linken Seite liegen können, die Wunde schmerzte doch sicherlich.
    Angst hatte sie erfasst. Da sie Juli nicht einfach ablegen konnte, musste sie warten, bis ihr Kind satt war. Erst dann wagte sie einen Blick auf Ryss. Inzwischen lag er auf dem Rücken, sie kniete neben ihm, betrachtete sein schmales Gesicht und wusste nicht, was sie tun sollte.
    Da ging die Scheunentür.
    Im ersten Augenblick zuckte Hedwig zusammen, hatte Angst vor Entdeckung wie all die Tage nun schon, da sie sich vor ihren Verfolgern gefürchtet hatte, und später vor jenen Leuten, die sie wegen der Verleumdung dieser Männer für ein Schelmenpaar halten mochten. Doch mit einem Mal regte sich etwas anderes in ihr. Und das hatte mit der Stimme zu tun, die von unten heraufdrang, und die in halb mürrischem, halb freudigem Tonfall „Morgen, Dicke, wie isches dir heit?“ fragte. Die Stimme war weiblich. Und sie murmelte verschlafen und vertraut mit der Kuh, schimpfte sie eigensinnig, da sie nicht zügig zur Seite trat.
    Hedwig warf einen raschen Blick auf Juli, die zufrieden im warmen Stroh gebettet lag und vor sich hin schlummerte. Sie sah zu Ryss. Seine Augen waren geschlossen, er atmete durch den Mund. Also krabbelte sie vorsichtig auf allen Vieren zum Rand des Bodens und spähte hinunter. Eine Magd saß

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