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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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Kurzweil.
    Matthias ging zum Tisch und entzündete das Öllicht. Der Nachmittag schritt voran, desgleichen seine Unruhe. Philipps Freund wollte ja noch kommen. Was würde der ihm erzählen? Erst recht gut, dass Gundel bei der Witwe war, Männer unter sich sprachen ebenfalls anders miteinander. Das Öllicht flackerte, warf Schattenzacken auf Wand und Tisch. Lieber Gott, und nun? Vermaledeites Warten. Wäre er nicht besser noch einmal hinaus zur Herberge gegangen, um nach Walko zu sehen? Nun war es dafür zu spät, sicher würde Kilian jeden Augenblick kommen.
    Matthias umrundete den Tisch, durchmaß den Raum, nahm von dem Bier, das er am Morgen auf dem Markt erstanden hatte. Ein Fässchen, ein Hahn daran zum Zapfen. Er nahm einen Schluck, stellte den Tonbecher auf den Tisch, ging zur Tür, öffnete sie, sah die Außentreppe hinunter. Graublaues Schneedämmerlicht. Kein Kilian. Er schloss die Tür, nicht unnötig Kälte hereinlassen, herbeischauen konnte er den Jungen ohnehin nicht. Wo steckte der bloß?
    Er ging hinüber in die Schlafkammer. Stellte sich an das kleine Fenster, das auf die Gasse hinaus sah. Fachwerkhäuser auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Ob unten am Haus wer entlangging, war nicht auszumachen. Er fuhr sich durchs Haar. Wartete. Lauschte seinem Herzschlag nach. Trat vom Fenster weg. Sah aufs Bett. Nachher sollte er den Gluttiegel am besten hier reinstellen, damit das Zimmer ebenfalls ein wenig Wärme abbekam. Unter der Tür zur Wohnkammer blieb er stehen. Starrte blicklos.
    Herrgott noch mal.
    Ob der Junge es vergessen hatte? Oder hatte Appel ihm gar nichts gesagt? Vielleicht war er auch aufgehalten worden, er hatte mitbekommen, was im Marstall los war, die Abreise Friedrichs zog sämtliche Diener in die Stadt. Sollte er selbst hinausgehen vors Obertor? War vielleicht besser, als untätig hier herumzusitzen. Sich die Füße vertreten. Zahlte er eben das Sperrgeld, wenn er später wieder hereinwollte. Was hatte Appel gesagt? Wie hieß Kilians Vermieterin noch gleich? Ober … Oben …? Vermaledeit! Waren das Stimmen im Hof? Knirschten Schritte? Kilian also endlich! Er hörte, wie die Tür zu Wittib Ringelers Küche ging, hörte sie reden, eine dunkle Männerstimme, eine Weiberstimme dabei, das klang nicht nach Kilian. Matthias öffnete die Tür, sah hinunter, hörte dumpfes Klopfen, als der große Mann an der untersten Treppenstufe seine Stiefel vom Schnee frei machte. Noch ehe er den Kopf zu ihm emporhob, erkannte Matthias in der bärenhaften Gestalt dort im blauen Dämmerlicht Zentgraf Zahn aus Hockenheim. Philipps Stiefvater! Und der gelbe Lichtschein, der aus Wittib Ringelers geöffneter Tür fiel, beleuchtete hinter ihm dessen Eheweib Susanne – Philipps Mutter.

Siebenunddreißig
    Immer wieder musste Bert das Fuhrwerk anhalten, absteigen und seinem Ochsen mit der Schaufel einen gangbaren Weg bereiten. Nicht überall war der Pfad frei von Schnee, obwohl Bert gesagt hatte, auf dieser Straße sei auch in dieser Jahreszeit manch einer unterwegs.
    Hedwig kauerte neben Ryss auf der Ladefläche des Karrens, eingeklemmt zwischen Fässern, hingeschmiegt an das Kuhfell, das ihnen als Sitzunterlage diente. Bauer Schnabel hatte es ihnen mitgegeben, Bert würde es wieder mit zurückbringen. Natürlich hatten sie sich überschwänglich bedankt bei den Bauersleuten, und wie versprochen, hatte Hedwig fünfzehn Kreuzer da gelassen. Dafür konnte der Bauer neues Leinen erwerben oder fast ein Lamm. Zusammen mit dem, was Ryss gegeben hatte, auf jeden Fall ein Lamm. Ryss! Wieder einmal hatte er sie erstaunt. Neben Gaben aus seinem Rucksack – einem tönernen Räucheröfchen, wie er in der Höhle eines benutzt hatte, sowie einem Zinnanhänger, auf dem die Zauberworte „Abracadabra“ so eingeritzt waren, dass sie eine auf dem Kopf stehende Pyramide ergaben – hatte auch er in barer Münze bezahlt und dabei zu ihrem Erstaunen ein weiteres seiner Geheimnisse enthüllt. In einem Beutelchen an seinem Gürtel klingelten zwar Geldstücke, den Großteil seines Vermögens jedoch trug er woanders. Der kleine Stehkragen seines schwarzen Wamses, das war ihr da erst aufgefallen, war besonders steif und dick, und darin hatte er etliche Gulden eingenäht. Und wie es seine Art war, war er die ganze Angelegenheit derart unauffällig angegangen, dass Hedwig sicher war, dass weder die Bäuerin noch ihre Mädchen etwas davon mitbekamen. Als er den Kragen wieder zunähte, hatte es ausgesehen, als bessere er lediglich eine

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