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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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heutigen Sonntag keiner. Deshalb schicken wir den Schergen zur Kanzlei, von dort wird sicher Anweisung kommen.“ Er nickte zum Aufbruch.
    „Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir deiner
Einladung
folgen, Henner?!“, bellte der Rothaarige. „Du vergisst, wen du vor dir hast!“ Er steckte sein Messer weg und legte die Hand auf den Schwertknauf. „Vetter, wir gehen! Soll sie doch schauen, wo sie bleibt! Samt ihrer irren Geschichte.“ Damit wandte er sich ab. Der Dunkelhaarige bedachte sie mit einem letzten verächtlichen Blick und setzte an, seinem Vetter zu folgen.
    Wächter und Büttel schauten unbehaglich drein.
    Ryss sagte: „Herr von Massenfels?“
    Der Angesprochene drehte sich um, der Rothaarige ebenso.
    Ryss’ Miene war ernst. „Wir wissen Euren Namen,
Herr
. Wir haben den Beweis. Geht nur. Sollte das Gesetz nicht finden Euch – tue ich es.“ Er neigte den Kopf wie in einem ehrerbietigen Gruß und wandte sich ab.
    Wären Blicke lodernde Pfeile, des Rothaarigen Bogengeschosse durchbohrten Ryss augenblicklich und streckten ihn nieder.
    Er sah es nicht. Er ging bereits Richtung Torturm.
    „Ich hab den schon einmal gesehen“, raunte Appel ihr ins Ohr und zeigte auf Ryss, der viele Schritte vor ihnen auf das Jakobertor zuging. Appel streichelte Juli übers Köpfchen, die sich dadurch endlich ruhig verhielt. „Weiß nur nicht wo.“
    „Scheiß Ritterpack, nichts wie Ärger mit denen!“, hörte sie den Torwächter hinter sich fluchen. Der Büttel entgegnete etwas, auch Kilian hörte sie verhalten sprechen.
    Ritterpack. Hedwig hatte weiche Knie. Sie hatte Angst. Und Sorge, noch immer, denn die beiden Männer waren einfach auf und davon, und wer weiß, was sie nun ausheckten. Und wenn sie Philipp … „Wo ist Philipp?“, fragte sie Appel leise. „Bei Kilian?“
    Appel nickte unmerklich. „Du musst tapfer sein, Hedwig, es geht ihm schlecht. Er hat Wunden und Blut verloren und …“
    „… einen Finger“, flüsterte Hedwig erstickt.
    Appel drückte ihr den Arm und presste die Lippen aufeinander.
    „Was soll nun geschehen?“, fragte Hedwig bang.
    „Nur Mut!“, raunte Appel. „Wir, also Kilian und ich, haben Philipp fürs Erste versorgt. Soweit er reden konnte, erzählte er, dass man ihn letzte Nacht aus dem Seltenleer holte, ihn in den Wald verschleppte, wo man ihn …“
    „Aber warum war er eingesperrt? Wegen des Buches?“
    Appel schüttelte den Kopf. „Wegen dir! Er erzählte, du seist zu deiner kranken Mutter gereist. Doch dann kam deine Mutter nach Heidelberg, und Philipp konnte nicht erklären …“
    „Meine Mutter!“, unterbrach Hedwig Appel. „Aber warum ist sie in Heidelberg? Und Philipp? Ich will zu ihm!“
    „Natürlich willst du das. Jetzt reden wir erst einmal mit dem Wächter, Kilian wird in der Kanzlei Bescheid geben.“
    „Kilian und du, weshalb seid ihr denn überhaupt zusammen hier draußen gewesen?“
    Appel straffte den Rücken. „Nun, warum wohl, Hedwig?“, entgegnete sie ertappt.
    Hedwig blieb stehen und starrte Appel an. Wächter, Büttel und Kilian liefen fast auf sie auf. Man scheuchte sie weiter.
    „Du und Kilian?“, flüsterte Hedwig überrascht.
    „Er ist hübsch“, wisperte Appel zurück. „Und gut!“ Aus ihrer Kehle gluckste ein leises, verschwörerisches Lachen.
    Hedwig musste unwillkürlich grinsen – und spürte unmittelbar und heftig Sehnsucht nach Philipp.
    Sie erreichten den Torturm. Bei der Tür stand der zweite Wächter im blaugelben Rock und hielt die Hellebarde umfasst. Drinnen umfing sie die Wärme aus einer breiten Kohlepfanne. Zwei Bänke und ein Stuhl umrundeten den Holztisch, auf dem ein Tonkrug und drei tönerne Trinkbecher standen. An der weiß gekalkten Wand staken Piken und Hellebarden in Eisenringen, ein Brustharnisch lehnte am Boden neben der Bank. Dort lagen auch Ryss’ Umhang und Rucksack. Ryss kauerte daneben, kramte darin herum und entnahm ein irdenes Gefäß. Damit ging er zum Tisch, setzte sich auf den Stuhl und streifte mit schmerzverzogenem Gesicht das Wams ab. Es war schwarz wie das Hemd, dennoch erkannte Hedwig, dass der große feuchte Fleck unter seiner Achsel von Blut rührte. „Oh Gott!“, machte sie und eilte zu ihm. Sie half ihm aus dem Hemd.
    Ein junger Knecht mit mausfarbenem, strubbeligem Haar hastete durch die zweite Tür herein. Er brachte einen Krug Wasser und stellte ihn vor Ryss auf den Tisch. Auch einen Lappen reichte er ihm. Scharf sog Ryss Luft durch die Zähne, als er sich zu säubern

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