Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
Tun. „Ich gehe nicht zurück nach Heidelberg. Mein Ziel ist die Gegend, die Ihr nennt Kraichgau. Ihr indes solltet heimkehren zum Ehemann. Es ist besser, wir trennen uns.“
Hedwig war so bestürzt, dass sie ihn nur mit offenem Mund anstarrte.
Er sah sie noch immer nicht an, schabte mit einem Ästchen die Glut zurecht. „Zusammen wir sind zu auffällig.“
Wut und Schmerz fuhren ihr in sämtliche Gliedmaßen. „Ihr wollt Euch davonmachen? Ihr wollt ein Weib mit Säugling allein lassen? Schutzlos? Ich weiß ja nicht einmal, wohin ich gehen soll!“, rief sie wütend.
„Ich geleite Euch bis zum Haus des Bauern. Dort Ihr bittet um Hilfe.“
„Sie haben Euch genauso beschrieben wie mich!“, entgegnete sie zornig. „Meint Ihr, Euch erkennt man nicht ebenso überall, so ganz in Schwarz gehüllt und mit Euren Mittelchen, die Ihr doch weiterhin anpreisen müsst, um etwas zu fressen zu haben? Was seid Ihr nur für ein Mensch!“
Er sprang auf. „Einer, der sich nicht will die Kehle durchschneiden lassen!“, versetzte er wütend. „Glaubt Ihr, unsere Freunde lassen Euch einfach hineinspazieren in die Kanzlei und sagen: ‚Hier, Ehemann, hast du zurück das Buch, das du hast gestohlen?‘“
Seine Worte erschreckten und entsetzten sie. Flehentlich hob sie ihm die Arme entgegen. „Bitte, wir können doch sagen, dass uns ein Unrecht geschah und …“
Ryss unterbrach sie: „Ihr seid gutgläubig! Zwei scharf gestellte Fragen von den finsteren Gesellen, und der Bauer sich windet und anfängt zu stottern! Er schneidet Gesichter und macht aus jedem Wort drei, weil ist verlegen. Schnell wie ein Blitz setzt uns nach Rotnase.“
„Und Ihr seid ebenso einfältig, wenn Ihr meint, Ihr bliebet unbehelligt, wenn wir getrennter Wege gehen!“, entgegnete sie scharf. Sie war so enttäuscht!
Er ging wieder in die Hocke und warf unwirsch Ästchen aufs Feuer.
Sie sprang auf. Wütend stapfte sie umher. Wie konnte einer erst freundlich und hilfsbereit sein und dann so selbstbezogen und rücksichtslos?
„Niemand wird abweisen ein junges Weib mit Säugling“, hörte sie ihn hinter sich in versöhnlicherem Ton sagen.
Sie fuhr herum. „So? Und was, wenn doch?“ Obwohl sie selbst die Hoffnung hegte, dass es sich so verhielt, wie er sagte, wollte sie ihm derart patzig Antwort geben. Zu sehr hatten seine Worte sie verwirrt und verletzt. Da hatte sie eben angefangen, ihn nicht mehr nur für einen üblen Gesellen und Quacksalber zu halten, da hatte sie eben angefangen, ihm zaghaft zu vertrauen, und dann kam er mit einem solchen Ansinnen daher. Sollte er ruhig Schuldgefühle haben. „Und wenn sie das Buch sehen und es mir wegnehmen?“
„Warum sollten sie tun das?“
Das wusste sie auch nicht, vermaledeit!
„Ach, zum Henker, Ihr könnt mich nicht allein lassen!“ Sie stapfte mit dem Fuß auf. „Es gehört sich nicht!“
„Versteht Ihr denn nicht, dass man Euch und dem Säugling sicher nicht verweigert die Hilfe, dass man aber uns beiden zusammen keineswegs wird helfen?“ Er sah sie an.
„Warum nur glaubt Ihr das? Wir müssen nicht einmal in die Nähe des Gehöfts kommen. Wir gehen in die andere Richtung. Irgendwann stoßen wir …“
„Auf Wald? Höhlen?“, unterbrach er sie giftig und stand auf.
„Auf jemanden, der uns hilft!“
Er machte eine wegwerfende Geste und schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was sie da von sich gab. „Es mag Häuser geben im Umkreis, es mögen Leute durchziehen diesen Wald – sie alle werden ausschauen nach einem Paar mit einem Säugling und einem
großen ledergebundenen Buch
!“ Bei den letzten Worten hatte er die Stimme erhoben. Er tat einen Schritt auf sie zu, schüttelte die Faust gegen den Höhleneingang. „Habt Ihr nicht gehört, wie sie sagten, man soll festhalten uns? Fünf Hühner, fünf Gulden – das ist für jedermann in diesen garstigen Zeiten ein lohnenswerter Grund, zu halten zwei Fremdlinge! Pflanzen haben kaum Zeit, auszuwachsen und reif zu werden, und die Kälte lässt einfrieren die Nachttöpfe unter dem Bett. Mehr Huhn heißt mehr heiße Suppe, mehr Gulden heißt mehr Brennholz!“ Wütend starrte er sie an.
Zornig starrte sie zurück. „So, und dass auch mich das auffällige ledergebundene Buch verraten könnte, selbst wenn ich allein bin, daran denkt Ihr nicht? Ihr meint, das bedeute keine Gefahr? Ihr wollt doch nur Eure eigene Haut retten!“
Trotzig presste sie die Lippen zusammen. War es so töricht, auf Hilfe zu hoffen? Ihre Peiniger
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