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Das Buch des Wandels

Titel: Das Buch des Wandels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Horx
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»gebundenen Hierarchie«.

    Doch bald schon reichte das nicht mehr aus. Die Verzweiflung über die Kosten wuchs bei weiter steigendem Marktdruck durch die Globalisierung. Kostenintensive Produktionsunternehmen wie die Autoproduzenten stellten nun »Killer-Manager« an, die die ganze Organisationen auseinandernahmen und wie ein Frankenstein-Gebilde neu zusammensetzten: das magische Re-Engineering. Dabei schmolzen die Stammbelegschaftskerne ab, immer mehr Teile der Produktion wurden gnadenlos nach außen delegiert, der Druck auf die Zulieferer stieg. Und man begann sogar, mit Konkurrenten zu kooperieren. Ergebnis waren »leane« Unternehmen mit flacherer Hierarchie.

    Abb. 22: Die verschlankte Organisation: ein kleinerer Kern von Festangestellten, mehr Joint Ventures und Allianzen
    Doch auch hier bleibt die organisatorische Evolution nicht stehen. Unternehmen sind nach einem Umstrukturierungsprozess zwar schlanker, geraten aber oft in neue Turbulenzen. Ihre Dynamik ist nicht stabil, sie neigt zu ungeregeltem Chaos, weil nun die Zentrifugalkräfte des Marktes an allen Ecken und Enden zerren. Die Bindungen der Mitarbeiter werden lockerer. In der Tendenz führt die Entflechtung der inneren Wertschöpfungskette zu neuen Transaktionskosten, weil man jetzt die Kontrollfunktionen,
die vorher innerhalb des Unternehmens angesiedelt waren, an den Nahtstellen nach außen installieren muss. Der Kostendruck kann dabei in eine gefährliche Spirale führen; man erkauft Kosteneinsparungen mit Qualitätsproblemen, die man mühsam durch Controlling ausgleichen muss. Die Controlling-Abteilungen quellen zu wahren Monstern auf. So entsteht der »Baustelleneffekt«, in dem eine Restrukturierung die andere jagt – bis das Management verschlissen ist und die Seele der Firma am Boden liegt. Das Ende vom Lied ist die Zombie-Organisation, die von Consultern oder Finanzjongleuren in lauter kleine Happen zerlegt wird.
    Wie kann man diesem systemischen Druck begegnen? In jeder wachsenden Organisation gilt derselbe Grundkonflikt wie in wachsenden Organismen: Durch die zunehmende innere Komplexität entstehen Zielkonflikte, die ein höheres Maß an Koordination und Kooperation erfordern. Meistens spielen wachsende Unternehmen aber nur auf dem Klavier der Kontrolle, und so kommt es zur »Komplexitätskatastrophe«: Die Organisation wird starr statt beweglich, langsam statt schnell.
    »Indem eine Organisation wächst, nehmen ihre Möglichkeitsgrade exponentiell zu, während ihre Freiheitsgrade exponentiell abnehmen. Deshalb muss jede erfolgreiche Organisation in Zukunft klein und groß gleichzeitig sein können!«, schreibt Eric D. Beinhocker in »Die Entstehung des Wohlstands«. 3 Wie soll das gehen? Wie kann eine Organisation klein und groß zugleich sein?
    Einen vielversprechenden Weg des Wandels bilden hier die Vernetzungsmöglichkeiten des Internets. Locker koordinierte Organisationen können sich in Zukunft Transaktionsmethoden bedienen, die sowohl kostengünstig als auch hocheffektiv sind, und in Märkte vorstoßen, die von alten Unternehmensformen nicht erreicht werden konnten. 4
    Das Internet bildet ein hervorragendes Experimentierfeld. Kooperierende Wissensproduktion, man denke an Linux, Wikipedia,
Flickr und andere, sprießen aus dem digitalen Boden und zeigen, wie man »die Kreativität der vielen« nutzbar machen kann. Moderne Unternehmen organisieren auch ihre Innovationsprozesse als offene Plattformen, als »kollaborative Kreation«. Auch wenn viele dieser Modelle noch kein tragendes Mehrwertmodell haben oder getarnte Ausbeutung sind – der Paradigmenwechsel des Ökonomischen wird in diesen neuen Strukturen mehr als sichtbar.
    Komplexe, schnelle, globale Märkte verlangen einen anderen Kreislauf der Informationen und Kooperationen. Denn in ihnen geht es nicht mehr um Produktion vieler gleicher Dinge, wie in der glorreichen Zeit des Industrie-Taylorismus, sondern um »adaptierte Innovation«. Es geht darum, so Steven Spear, ein amerikanischer Lean-Production-Spezialist, »Probleme von vielen Seiten schwärmen zu lassen, um möglichst viele Hochgeschwindigkeitslernprozesse mit niedrigen Kosten zu generieren«. 5 Netzwerke haben genau diese Eigenschaft: Sie sind klein und groß zugleich. Sie kommen am besten mit Instabilitäten und Brüchen zurecht. Das logische Firmenorganigramm der Zukunft ist deshalb ein Spinnennetzmodell.

    Abb. 23: Moderierte Netzwerke: Vielfalt in der Verbindung

Die Grenzen des Netzwerks
    Könnte man nicht gleich

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