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Das Buch des Wandels

Titel: Das Buch des Wandels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Horx
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und er nannte seine logische Denkstruktur nicht umsonst »Dialektik«. In der Ideologie wird das Denken wie eine Art Spaltkeil benutzt. Dieser Keil wird so lange in die Wirklichkeit hineingetrieben, bis sie in ein binäres Raster passt. Alles ist Klassenkampf! Es gibt nur gut oder böse! Wenn du nicht für uns bist,
bist du gegen uns! Ideologie entsteht, wenn romantische und idealistische Grundmetaphern sich mit Reduktionslogiken zu einem einzigen hermetischen Diskurs verbinden.
    Das fatale an Ideologien ist, dass sie auf der Ebene der Komplexitätsreduzierung unschlagbar sind. Nebenbei kann »das Problem« nur durch die Eliminierung der Gegner erledigt werden. So wird die Wirklichkeit zum Falschen erklärt und der Wandel zum Erfüllungsgehilfen einer vollkommen abstrakten Zielsetzung. Im Herzen jeder Ideologie wütet eine radikale Zerstörungsfantasie – echte Ideologien erkennt man daran, dass das (im reifen religiösen und aufklärerischen Denken überwundene) Menschenopfer wieder eingeführt wird. Hitler, Lenin, Mao, Stalin waren Romantiker, die die Massen im Sinn höherer Ideale begeistern konnten. Aber sie waren eben auch Logiker und Operateure des Terrors einer höheren Idee. Aus der Fusion von Romantik und Ideologie entstanden so die großen Verbrechen der Menschheit. Ideologien machen da weiter, wo die Maya aufgaben und sich in den Dschungel zurückzogen. Der alte Affe Angst legt noch einen Turbogang zu und verspricht die totale Kontrolle aller Verhältnisse. Was niemals gelingen kann.
    Das rationale Denken. Es ähnelt dem logischen Denken, evolutioniert dieses jedoch weiter. Es trennt Wesen von Effekt, Erscheinung von Gestalt. Es »überprüft das Überprüfen« mit Hilfe des Messens und naturwissenschaftlicher Methodik: Experiment-Hypothese-Abweichung-Erkenntnis. Im echten rationalen Denken steht nicht die Wahrheit, sondern das Lernen im Mittelpunkt.
    Der Rationalismus hat heute zwar eine gewisse Deutungsmacht über unsere politischen, sozialen, gesellschaftlichen Strukturen. Die großen Leistungen der Demokratie, der Marktwirtschaft sind Resultate aufklärerisch-rationalen Denkens (und eben nicht der Romantik oder der Ideologie). Doch genau dieses Erbe ist auch gefährdet, wenn sich das rationale Denken nicht selbst aus den alten Hülsen des Mechanischen fortentwickeln kann.

Das Denken neu denken
    Alle diese Denkweisen haben ihre spezielle Schönheit und Berechtigung. Sie repräsentieren die verschiedenen Möglichkeiten des menschlichen Bewusstseins, sich ein Bild der Welt zu machen. Allerdings neigen Menschen dazu, die eine oder andere oder gleich ein ganzes Bündel von Denkweisen zum Tunnelblick zu entwickeln und als Absolutum zu verkaufen.
    Romantisches, moralisches und idealistisches Denken zum Beispiel sind in unserem Kulturkreis weit verbreitet (etwa in der Variante des »ökologischen« oder des »kapitalkritischen«). Ohne Zweifel wollen Menschen, die so denken, das Beste. Sie haben hohe und hehre Ziele. Aber genau darin liegt das Problem, denn aus dieser Kombination wird leicht irgendwann das »Betroffenheitsdenken«, das alle Emotionen zu einem Brei verrührt und daraus eine selbstgerechte Haltung gewinnt, die so tut, als ob sie alles wüsste und dass weder Fragen noch Antworten nötig seien. Durch dauerhafte Enttäuschung dieses Versuchs entwickelt sich konsequent jenes »beleidigte Denken«, mit dem unser kognitives Ich sich endgültig in den Schmollwinkel zurückzieht und den anderen ausschließlich negative Absichten und große Unfähigkeiten unterstellt. Der eigene Anteil an Wandlungsprozessen wird dabei gern negiert.
    Können wir also unser Denken in neue Bahnen lenken im Sinne einer Anpassung an eine komplexere Wirklichkeit? Anders gefragt: Können wir unser Denken selbst »evolutionieren«? Spontan lautet die Antwort: unmöglich. Dieselben Tricks, die unser Hirn zu dem machen, was es ist (eine Angst- und Wunschbildmaschine mit Hang zur Vernebelung von Tatsachen), müsste uns auch bei diesem Versuch wieder in die Irre führen. Die Evolution hat unseren Kognitionsapparat schließlich nicht »erfunden«, damit wir klug sind. Sondern damit wir unsichere Situationen überleben!
    Aber vielleicht können wir die Tricks unseres Hirns doch ein wenig entlarven und Techniken der Gegensteuerung erlernen.
Daniel Kahneman und Amos Twersky, die beiden berühmten Verhaltenspsychologen und Pioniere der Kognitionswissenschaften, haben in ihren Experimenten das »verzerrte Denken« erforscht. Dies sind

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