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Das Buch Gabriel: Roman

Das Buch Gabriel: Roman

Titel: Das Buch Gabriel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dbc Pierre
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dessen betonten Stellen gleichzeitig ein Knurren liegt: »Du atmest unregelmäßig. Dein Herz schlägt mit höherer Frequenz. Und ich frage mich: Was an der Szene, die hier abgebildet ist, löst diese Stressreaktion aus?«
    Ich versuche, ihm in die Augen zu sehen, halte seinem Blick aber nur ein paar Sekunden lang stand.
    »Hat es etwas damit zu tun«, sagt er, »dass diese Bilder zu einer dir bekannten Situation passen? Könnten sie vielleicht für eine mysteriöse ›Produktion‹ bestimmt sein, die vielleicht bei dem mobilen Kiosk dort drüben zusammenläuft, vielleicht aber auch nicht? Mir stellen sich da mittlerweile ein paar Fragen.«
    Ich merke erst jetzt, dass mein Blut unter Stresseinwirkung anders zirkuliert.
    »Ist es nicht an der Zeit, ein Geheimnis mit mir zu teilen?« Er starrt mich weiter an. »Hier läuft doch noch eine andere kleine Geschichte, auf einer Ebene unterhalb dieser sichtbaren, oder etwa nicht? Plötzlich taucht ein rätselhafter englischer Junge bei Gerd auf. Plötzlich gibt es eine rätselhafte Filmproduktion. Darunter ist ein Schachspiel im Gange. Und ich weiß, dass du von diesem Spiel weißt – weil du einer der Spieler bist. Soweit ich weiß, geht es für dich dabei sogar um alles.«
    Ohne zu antworten sehe ich um mich.
    »Wir leben in friedlichen Zeiten«, sagt er, jetzt etwas beiläufiger. »Ich hoffe nur, wir haben es mit jugendfrischen Heldentaten zu tun und nicht mit einer Bedrohung der öffentlichen Ordnung. Gegen ein Abenteuer ab und an habe ich nichts. Auch ein gelegentliches Spiel stört mich nicht, glaub mir. Aber es gibt eine Perspektive auf die ganze Sache, aus der du im Umkreis von mehreren Kilometern um diesen Personaleingang jeden hintergangen und manipuliert hast. Leute, die dir nichts zuleide getan haben. Eventuell hast du aus einer gewissen Perspektive betrachtet unseren friedvollen Ort dem Untergang anheimgegeben. Womit du Menschen, die du eigentlich magst, echte Schmerzen zufügst, vielleicht sogar gegen deinen Willen. Und das alles wegen eines egoistischen Vorhabens, das irgendwie mit diesen Bildern zu tun hat, mit diesem Mobil, mit diesen ganzen neuen Leuten.«
    Ich blicke zu Boden. Die einzige Hitze, die ich noch spüre, kommt von seinem Starren.
    »Unser Gespräch ist dir unangenehm. Es macht mir keine Freude, einem Freund Unannehmlichkeiten zu bereiten. Der Franzose dagegen« – er geht wieder los – »würde daran keinen Gedanken verschwenden.«
    Ich muss den Kopf schütteln: »Woher weißt du denn von dem Franzosen?«
    »Das war eine Finte.« Er sieht zur Seite. »Du hast mir gerade ein weiteres Puzzleteil der Geschichte geliefert. Obwohl die Franzosen immer irgendwie mit drinstecken.«
    Es gibt nichts, was ich zu Gottfried sagen könnte, und beim Gehen merke ich, wie meine Pläne zusammenstürzen und rund um meine Füße verbrennen. Nach einem Moment des Schweigens wird er langsamer und sagt:
    »Der Grund, warum ich mich dazu entschlossen habe, mit dir zu reden, ist, dass mir viele menschliche Situationen bekannt sind. Auch extreme Situationen. Jede hat so ihren Geruch, ihr Gefühl. Und jede hat ihre Satelliten, die an ihr dranhängen, andere Menschen oder andere Situationen. Sehr häufig kann man die Beschaffenheit einer Situation gut beurteilen, wenn man sich die relative Position und Qualität ihrer Satelliten anschaut.«
    Mein Kopf hängt weiter unten, seiner aber hisst die Segel, grübelt himmelwärts.
    »Und einer deiner Satelliten ist mein Freund Gerd Specht. Was zwei Dinge besagt: Erstens, dass du einen soliden Grundcharakter haben musst, denn er hat dich ziemlich gern. Zweitens, dass er Gefahr läuft, als dein Satellit Schaden zu nehmen. Ich bin also, nachdem ich mich mit deiner Situation und dem Szenario am Flughafen auseinandergesetzt habe, zu dem Ergebnis gekommen, dass du ein kluger und sensibler Mann bist, vielleicht ein bisschen zu leidenschaftlich, oft unentschieden, was an deiner komplizierten Weltsicht liegt, und ein Stück weit zügellos. Und du hast eine Reihe von Ereignissen in Gang gesetzt, die jetzt außer Kontrolle geraten sind.« Gottfried hält inne, studiert fragend mein Gesicht. »Und zwar in einem Ausmaß außer Kontrolle geraten, dass du es jetzt sogar für eine gute Idee hältst, dich umzubringen.«
    Er macht eine Pause, um das bei mir sacken zu lassen, was es vor der Geräuschkulisse seines lauter werdenden und bald als Echo widerhallenden Schnaufens auch tut. Aber es kommt noch mehr:
    »Du bist kein brutaler Typ, soviel

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