Das Buch mit dem Karfunkelstein
da tut. Du musst ihn
beobachten! Unbedingt!«
Paul ballte zornig die Fäuste. »Das tue ich ganz bestimmt. Ich muss das Buch wiederfinden! Und den gemeinen Dieb!« Er wies
mit dem Kopf zur Apotheke. »Vielleicht ist das Buch sogar jetzt da drin!«
»Da kommen wir aber nicht hinein. Er hat doch abgeschlossen!«
»Und ich muss jetzt auch noch ins Refektorium!«, stöhnte Paul. »Sonst denkt sich der Abt noch mehr Strafen für mich aus!«
Ärgerlich wandte er sich zur Tür des Schlafsaals. Er hätte die Spur so gerne weiterverfolgt, aber hier im Kloster war die
Zeit streng eingeteilt und mit Beten und Arbeiten ausgefüllt. Es blieb einfach nicht genug übrig für eine Verbrecherjagd!
Jakob klopfte ihm ermutigend auf die Schulter, bevor er sich zur Pforte aufmachte. »Beobachte die Mönche! Und erzähl mir morgen
alles! Wir bekommen das Buch zurück, ganz bestimmt!«
Während Jakob in die Stadt lief, um seinem Vater Köbes in der Schenke zu helfen, eilte Paul zutiefst beunruhigt durch die
Kirche zum Refektorium. Wo war er hier nur hingeraten? Die Mönche schienen alle Geheimnisse zu haben, über die sie natürlich
kein Wort verloren. Sie mussten ja sowieso schweigen. Wie sollte er nur den Dieb finden? Jakob hatte recht. Wenn er den Dieb
entlarven wollte, musste er sie beobachten und seine Schlüsse daraus ziehen. Und er würde sofort damit anfangen.
Einige Mönche hasteten vor ihm durch die Kirche in den Kreuzgang, bogen links ab und gingen am Kapitelsaal vorbei zu dem Gebäude,
das der Kirchenpforte gegenüberlag. Paul folgte ihnen eilig. Auch er war fast zu spät und wollte den Speisesaal der Mönche
nicht allein betreten. Alle hätten ihn unweigerlich angestarrt.
Das Refektorium war eine Halle mit zwei Reihen aus steinernen Säulen, die einer dunklen Holzdecke Halt gaben. Wände und Säulen
waren weiß getüncht und mit Efeuranken in einem zarten Grün bemalt. Man hatte den Eindruck, in einer großen Gartenlaube zu
sein.
Zwischen den Säulen standen sich zwei lange Eichentische gegenüber, die mit Tonbechern, Tonschalen und Holzlöffeln gedeckt
waren. Die meisten Mönche warteten bereits schweigend an ihren Plätzen. An einem Kopfende des Saales stand ein kleinerer Tisch
quer zu den beiden langen Tischen. Dort saßen die Mönche mit den wichtigen Klosterämtern. Paul erkannte Abt Urban, Prior Theobert
und Cellerar Melchior. Ein Platz war leer, denn Subprior Lambert war die Treppe zu einer kleinenKanzel gegenüber dem Eingang hinaufgestiegen und blätterte in einem Buch. Er würde also die Tischlesung halten.
Die Mönche, die mit Paul in den Saal gekommen waren, gingen zu einer Nische in der Wand neben dem Eingang. Dort wuschen sie
sich in einem Steinbecken die Hände, bevor auch sie sich zu ihren Plätzen begaben.
Paul stand unschlüssig da, denn er wusste nicht, wohin er sich setzen sollte. Aber Bruder Gregor hatte ihn entdeckt und kam
auf ihn zu. Ganz am Ende eines Tisches wies er ihm durch Zeichen einen leeren Platz an, von dem aus er der Lesung folgen sollte.
Es war ein guter Platz, stellte Paul fest, von dort hatte er alle Mönche im Blick.
Niemand sprach ein Wort. Aus dem Kücheneingang hinter ihm kamen der Küchenmeister und seine Gehilfen und stellten schweigend
hausgebrautes Bier, frisches Brot und Schalen mit Birnen auf die Tische. Wunderbare Gerüche nach Linseneintopf mit Speck,
Majoran und Kümmel zogen Paul in die Nase. Wenn er doch nur hätte mitessen dürfen!
Nach dem Tischgebet verstummten die Mönche wieder und ließen es sich schweigend schmecken. Paul versuchte, seinen knurrenden
Magen zu überhören. Er wollte sich darauf konzentrieren, die Mönche zu beobachten, obwohl ihm das bei den leckeren Gerüchen
ziemlich schwerfiel.
Da erhob Bruder Lambert auf der Kanzel seine Stimme. Er hatte sich einige Kapitel aus den Klosterregelndes Heiligen Benedikt zum Vorlesen gewählt. Paul merkte schnell, dass er die Auswahl der Regeln nicht zufällig getroffen hatte.
Während des Lesens blickte Lambert wiederholt streng in Pauls Richtung. Dem war nun völlig klar, dass Lambert die Regeln besonders
für ihn vorlas. Auch mehrere andere Mönche blickten sich verstohlen nach ihm um. Paul fragte sich verzweifelt, wie er jemals
aus diesen Verdächtigungen herauskommen sollte. Nur Bruder Gregor nickte ihm ermutigend zu.
Beim nächsten Kapitel wurde Paul fast schlecht. Was er da hören musste, machte alles noch schlimmer.
Paul rutschte unruhig auf seinem
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