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Das Buch mit dem Karfunkelstein

Das Buch mit dem Karfunkelstein

Titel: Das Buch mit dem Karfunkelstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Platz hin und her. Diesmal beobachtete ihn niemand, denn es wusste ja keiner, was er angestellt
     hatte. Aber was für eine schwere Strafe war gemeint? Wahrscheinlich Stockschläge. Die kamen in Benedikts Regeln häufig vor.
     Und die würde er bekommen! Er hatte schließlich Tinte verschüttet, teure Pergamentbögen ruiniert und war nicht direkt zu Bruder
     Gregor gegangen, um diesen Fehler von sich aus zu gestehen! Aber Gregor war immer so freundlich zu ihm! Vielleicht sollte
     er doch den Rat des Abtes befolgen und dem Bibliothekar sein Herz ausschütten. Und vielleicht hatte Großvater Bertram ja recht
     und es würde gar nicht so schlimm werden, wenn er die Wahrheit sagte. Gregor war ein gütiger Mann.
    Paul wurde jäh aus seinen Grübeleien gerissen, denner sah, dass Bruder Melchior seltsame Handbewegungen machte. Paul reckte vorsichtig den Hals, um ihn besser beobachten zu
     können. Tatsächlich. Schräg gegenüber von Melchior saß Bruder Gisbert, der mit Bruder Martinus zusammen als Arzt im Hospital
     arbeitete. Er war noch ziemlich jung, trug einen schwarzen Haarkranz und hatte unergründliche dunkle Augen. Er war Paul unheimlich.
     Gisbert war sehr verschlossen und sprach auch dann kaum, wenn Sprechen erlaubt war.
    Aber nun gab er sich mit Melchior Zeichen. Paul merkte, wie Lamberts Stimme beim Vorlesen öfter stockte, weil er die beiden
     misstrauisch beäugte.
    Was machten sie da? Melchior klopfte mit der Faust auf seine Nase. Gisbert nickte und legte sich mit einer raschen Bewegung
     die Hand an den Hals. Er wandte den Kopf und blickte Paul kurz in die Augen. Der schreckte zusammen. Meinten sie ihn? Was
     hatten sie mit ihm vor? Wollte Melchior ihm eins auf die Nase geben, aber Gisbert dachte, man solle ihn lieber gleich erwürgen?
     Paul wurde ganz heiß. Das konnte doch nicht sein! Die beiden waren Mönche. Das taten Mönche doch nicht!
    Nun sah auch Melchior zu Paul hinüber. Nach einem kurzen Blick auf Gisbert legte er die Fingerspitzen der rechten Hand zusammen
     und berührte mit ihnen seine Lippen. War er mit Gisberts Vorschlag einverstanden? Fand er Erwürgen besser als Schlagen? Paul
     runzelte trotzig die Stirn. So leicht würde er es ihnen nicht machen!
    Jetzt nahmen Melchior und Gisbert kleine Krüge vomTisch und reichten sie sich gegenseitig an. Dann warf Gisbert einen Blick hinauf zu Lambert auf der Kanzel. Er wandte sich
     wieder Melchior zu, ballte eine Hand zur Faust und streckte einen Zeigefinger in die Höhe. Wollten sie Lambert auch noch einweihen?
     Was ging hier vor? Lambert feuerte einen bitterbösen Blick auf Gisbert ab, las aber weiter. Paul verstand gar nichts mehr.
     War Lambert plötzlich auf seiner Seite? Das konnte doch nicht sein! Er hatte ihn doch als Dieb beschuldigt! Und jetzt las
     er auch noch die passenden Kapitel aus der Benediktinerregel vor.
    Was er dann sah, verblüffte ihn völlig. Der wortkarge Gisbert, der noch nie gelächelt hatte, soweit Paul sich erinnern konnte,
     verzog sein Gesicht zu einem teuflischen Grinsen. Auch Melchior sah amüsiert aus. Und dann aßen sie einfach in aller Ruhe
     weiter.
    Paul merkte, dass er angefangen hatte zu zittern. Es gab also noch mehr Mönche außer Lambert, die ihm übelwollten! Er konnte
     wirklich keinem trauen. Schon gar nicht diesen beiden! Der eine experimentierte mit Schwefel und der andere hatte eine Teufelsfratze.
     Plötzlich verstand Paul Hildeberts Furcht vor dem Teufel nur zu gut. Vor diesen beiden musste man sich hüten!
     
    Sind die Zeichen wirklich gefährlich für Paul oder zieht er nur die falschen Schlüsse?

Die Siedlung im Wald
    Paul seufzte vor Erleichterung, als die Mahlzeit der Mönche endlich beendet war. Er stand auf und wartete auf Gregors Zeichen,
     dass er gehen durfte. Subprior Lambert kletterte die schmale Treppe zur Kanzel wieder herunter und watschelte mit seinen großen
     Füßen hinter seinen Mitbrüdern aus dem Refektorium. Dabei vergaß er nicht, Paul noch einen unwilligen Blick zuzuwerfen. Vor
     ihm hob Bruder Gregor die Hand und wies auf die Tür. Paul durfte jetzt also auch hinaus. Er blickte sich rasch um, aber Melchior
     und Gisbert waren nicht mehr da. Beruhigt schloss er sich den Mönchen an, die langsam wieder zurück zur Kirche und zu ihren
     verschiedenen Aufgaben gingen.
    Es hatte wieder zu regnen begonnen. Ein scharfer Wind fegte durch den Kreuzgang und drang sogar durch den dicken Wollstoff
     der Kutte. Paul freute sich darauf, jetzt bis zur Vesper im Skriptorium zu

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