Das Buch Ohne Gnade: Roman
hinter sich eine weitere Wolke aus Staub, Sand und Auspuffgasen auf.
»Nach etwa drei Kilometern gabelt sich die Straße«, sagte Jacko. »Halte dich rechts, wenn du dort bist.«
Sie folgten dem Highway weitere zwei Minuten, bis die Gabelung in Sicht kam. Der Kid folgte den Anweisungen und nahm die rechte Abzweigung. Der Friede und die Ruhe im Wagen taten ihm gut, aber er spürte, dass die Stille seinem Mitfahrer Unbehagen verursachte. Zu wissen, dass dieser Schwachsinnige jeden Moment wieder zu labern anfangen würde, reichte aus, um ihn in Rage zu bringen. Und tatsächlich, genau wie der Kid erwartet hatte, begann Jacko schließlich wieder zu reden.
»Hat dieser Wagen kein Radio?«
»In dieser Scheißwüste hat man weder einen TV - noch einen Radio- oder Mobiltelefonsignalempfang. Man ist hier total abgeschnitten. Genau so wie ich es liebe.«
»Nun, ich könnte ein paar Melodien pfeifen. Dann hätten wir für den Rest der Fahrt ein wenig Unterhaltung.«
»Aber mit gebrochenem Hals wirst du das schlecht können.«
Jacko öffnete den Mund, um etwas darauf zu erwidern, aber aufgrund eines plötzlichen Anfalls von gesundem Menschenverstand entschied er sich dagegen. Die beiden redeten für den Rest der Fahrt kein Wort mehr miteinander außer einer letzten Anweisung Jackos, als er dem Kid riet, an einer Einmündung nach links abzubiegen. Eine halbe Stunde Schweigen später bog der schwarze Pontiac Firebird auf die lange Auffahrt ein, die von der Straße zum Hotel Pasadena hinaufführte. Erstaunlich wenige Wagen waren zu sehen, während er zum Hoteleingang rollte. Ein junger Hoteldiener mit buschigem dunklem Haar erwartete sie am Fuß der Treppe zur Rezeption. Menschen liefen ständig rein und raus, und durch die doppelte Glastür des Hoteleingangs waren im Foyer viele offenbar reiche Leute zu sehen.
Als der Wagen vor dem Hotel anhielt, näherte sich der Hoteldiener. Er war Anfang zwanzig und seine Uniform bestand aus einem weißen Hemd, einer roten Weste und einer schwarzen Hose. Der Kid schaute zu Jacko, der eine Hand auf den Türgriff legte, um auszusteigen.
»Du bleibst im Wagen. Achte darauf, dass der Diener keine Beule in den Wagen fährt.«
Jacko nickte. »Okay.«
»Und gib mir eine Packung Zigaretten.«
Jacko griff ins Handschuhfach und holte eine der Zigarettenschachteln heraus, die er kurz vorher dort deponiert hatte. Er warf sie dem Kid zu, der sie auffing und in der Innentasche seiner Jacke verstaute. Während er die Fahrertür öffnete, gab er seinem Fahrgast noch eine letzte Instruktion. »Wenn der Diener den Wagen geparkt hat, vergiss nicht, ihm ans Knie zu fassen.«
»Wie bitte?«
»Fass ihm an sein Knie und drück es, nur einmal. Das ist in diesem Laden so üblich. Wenn du es nicht tust, sind sie richtig angefressen.«
Jacko war zutiefst verwirrt. »Herrgott im Himmel, vielen Dank. Das wusste ich überhaupt nicht.«
»Schon gut.« Der Kid stieg aus dem Wagen und zog einen Einhundertdollarschein aus seiner Gesäßtasche. Er schob ihn dem Diener unauffällig in die rechte Hand. Das Gesicht des jungen Latino begann zu strahlen.
»Hey, danke, Mister.«
Der Kid deutete mit einem Kopfnicken auf Jacko auf dem Beifahrersitz. »Siehst du ihn?«, fragte er.
Der Diener warf einen Blick in den Wagen und entdeckte Jacko mit seinem dauergewellten schwarzen Haar und seinem roten Lederanzug. Er grinste ihn an. »Ja, ich sehe ihn.« Er klang wachsam.
»Wenn er dein Knie berührt, verpass ihm eins in seine Fresse.«
Während er die Treppe zum Hoteleingang hinaufging, überkam den Kid das Gefühl, dass er Jacko wiedersehen würde, ehe der Tag zu Ende wäre. Sei Instinkt sagte ihm, dass an diesem Michael-Jackson-Imitator etwas nicht ganz so war, wie es sein sollte.
Er hatte nur noch nicht herausbekommen, was das sein könnte.
FÜNF ♦
Das Hotel Pasadena war aus der Nähe betrachtet genauso eindrucksvoll wie von Weitem. Die Wüstensonne wurde von den vielen Fenstern des vierzigstöckigen Gebäudes reflektiert, wodurch der Eindruck entstand, dass sie auf einen gigantischen Spiegel zufuhren. Je näher der Bus kam, desto prachtvoller sah der Bau aus. Der Bus bog nach rechts vom Highway ab und rollte durch eine mit gusseisernen Bögen überwölbte Einfahrt in einer weißen Betonmauer, die das Hotelgrundstück umgab. Über der Einfahrt prangte ein Schild mit einem Namen in hellroten, metallisch glänzenden Lettern.
HOTEL PASADENA .
Sag bloß , dachte Sanchez.
Eine fast vierhundert Meter lange
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