Das Buch Ohne Gnade: Roman
auch gleich noch irgendein Pflegemittel für seine Haare mitgenommen hat.«
Sanchez schüttelte unwillkürlich den Kopf. Wenn sie nicht gerade ihn oder jemand anders beschimpfte, konnte Janis ziemlich sarkastisch sein. »Sieh mal«, versuchte er es erneut, »wir erfuhren das alles von einem Typen, der sich in diesen Dingen auskennt. War es nicht so?« Er sah Hilfe suchend zu Elvis.
»Ja. Aber ich weiß nicht, Mann. Vielleicht war das alles gequirlte Scheiße.«
»Aber Gabriel hat es geglaubt.«
»Ja, aber er hätte auch geglaubt, dass Joan Rivers gerade einundzwanzig ist, wenn man ihm so etwas erzählt hätte.«
Plötzlich machte sich Sanchez große Sorgen. Und er bekam es mit der Angst zu tun. War Gabriel von Julius ausgetrickst worden? »Also gibt es nun einen dreizehnten Apostel oder gibt es ihn nicht?«, dachte er laut.
»Das bezweifle ich«, sagte Janis. »Allerdings habe ich schon mal von so einem gelesen. Ich glaube, er ist irgendwo in Afrika begraben.«
»Vielleicht ist das dieser Kerl?«, sagte Elvis und deutete auf Jacko, der soeben seinen Namen auf den Vertrag gesetzt hatte, den Powell ihm unter die Nase hielt.
Mittlerweile wurde es auch schwieriger zu verstehen, was geredet wurde. Der größte Teil der Zuschauermenge war in lautes Geschrei ausgebrochen. So gut wie jeder auf der Bühne, außer Powell und Jacko, rannte kreischend herum, als er Julius’ Leiche sah oder sich vorstellte, dass der Schütze oben in der Glaskabine jeden Moment wieder feuern konnte. Und diesmal auf ihn.
Dann, als die Zuschauer aus dem Saal zu fliehen begannen, stellten sie fest, dass es etwas Neues gab, das sie zu weiteren Schreien animierte. Es gab keinen Ausweg. Durch alle Ausgänge strömten Zombies herein. Und versperrten jeden möglichen Fluchtweg.
Und das Blutbad hatte noch gar nicht richtig begonnen.
ACHTUNDFÜNFZIG ♦
Nigel Powell schaute auf seine Armbanduhr. 0:59 Uhr. Das kam ja genau hin. Die Show war eine einzige Katastrophe gewesen. Er schwor sich, nie wieder zuzulassen, dass sie so lange dauerte. Außerdem brauchte er fürs nächste Jahr einen besseren Sicherheitsdienst. Und einen strafferen Zeitplan. Trotzdem, jetzt war es vorbei. Jacko hatte seinen Namen unter den Vertrag gesetzt. Ende der Show.
Im nächsten Jahr gäbe es keinen Platz für James-Brown-Imitatoren. Julius hätte es eher als jeder andere geschafft, die Show zu einem Desaster werden zu lassen. Aber wer war er? Und warum war er so erpicht darauf gewesen zu gewinnen? Während er mögliche Antworten in Erwägung zog, ging Powell eine weitere Frage durch den Kopf. Wer zur Hölle hatte Julius erschossen? Sicher, er selbst hatte den Sicherheitsdienst angewiesen, ihn zu suchen und ihn zu einem Ausflug ohne Wiederkehr in die Wüste mitzunehmen. Aber das war viel früher gewesen. Er hatte keinem der Wachmänner den Befehl gegeben, eine Pistole zu ziehen und Julius auf offener Bühne zu erschießen, falls er versuchen sollte, den Vertrag an sich zu bringen. Nun, er würde später eine eingehende Untersuchung der Vorfälle anordnen. Im Moment war er nur erleichtert, einen Trottel gefunden zu haben, der seinen Vertrag mit dem Teufel unterschrieb.
Er musste zugeben, dass Jackos kühles und lässiges Auftreten beeindruckend war. Der junge Sänger hatte sich überhaupt nicht aus der Ruhe bringen lassen, als Julius vor seinen Augenerschossen worden war. Und selbst jetzt, als die Zombies längst unter den Zuschauern im Saal zu wüten begonnen hatten, erschien er bemerkenswert unbesorgt. Sowohl er als auch Powell hatten Blutspritzer von Julius’ zerschmettertem Schädel auf ihrer Kleidung. Der weiße Anzug des Hotelbesitzers war ruiniert. Jackos schwarzes Jackett kaschierte die Blutflecken jedoch ganz gut. Dennoch konnte Powell mit einem ruinierten Anzug leben. Es wäre auf jeden Fall besser, als mit Jacko die Plätze zu tauschen. Er wusste genau, was als Nächstes auf den siegreichen Finalisten zukam, und das wäre alles andere als angenehm.
»Das dort tut mir leid«, sagte er und deutete mit einem Kopfnicken auf die blutige Leiche hinter ihnen. Ihm war anzusehen, wie sehr ihn der Anblick anekelte. »Aber herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Wettbewerbs. Sie haben sich ihn redlich verdient.«
»Danke«, erwiderte Jacko lächelnd. »War schon ein seltsamer Tag, nicht wahr?«
»Das war er ganz gewiss.« Powell wandte sich zu zwei Wachmännern um, die sich im hinteren Bereich der Bühne herumdrückten. Wie alle anderen auf der Bühne starrten sie mit
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